Die Kandidatenwahl der Climate Destruction Union

Das Superwahljahr 2021 hat begonnen!

Die CDU macht am kommenden Wochenende den Anfang und wählt am 16. Januar ihren neuen Parteivorsitzenden. Warum das so wichtig ist? Als jene die Regierung anführende stärkste Partei des Landes kommt der CDU eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der Klimakrise zu. Für viele geht es bei der Vorsitzendenwahl aber eigentlich nur untergeordnet um den Parteivorsitz. Die so wichtige inhaltliche Auseinandersetzung mit den Kandidaten ist öffentlich längst in den Hintergrund gerückt und wird vom Kampf um die Kanzlerkandidatur überlagert. Nach über 16 Jahren Kanzlerschaft tritt Angela Merkel, die in Wahrheit nie eine Klimakanzlerin gewesen ist, nicht mehr zu Wahl an. In der politischen Landschaft bricht folglich eine neue Zeit an.

Aber ist dieser Umbruch, diese Wahl des CDU-Vorsitzenden ein Grund zur Freude? Ein Grund zur Hoffnung im Kampf gegen die Klimakrise und für Klimagerechtigkeit?
Wenn man sich die Kandidaten anschaut, die um die Stimmen der 1001 Delegierten werben, muss man diese Fragen leider entschieden verneinen. Zur Wahl stehen nämlich Armin Laschet, Norbert Röttgen und Friedrich Merz. Ihre politischen Lebenswege haben wir bereits hier anschaulich analysiert. Also nur kurz:

Armin Laschet

Als amtierender Ministerpräsident von NRW gilt er als maßgeblicher Architekt des im letzten Jahr verabschiedeten „Kohleausstiegsgesetzes“. Anstatt den Kohleausstieg im Einklang mit dem für Deutschland verbleibenden CO2-Budget zur Einhaltung des Paris-Abkommens zu gestalten, ist der jetzt geplante Kohleausstieg bis 2038 DIE Versündigung an unserer Generation und bedeutet die absolute Verachtung dessen, wozu sich Deutschland international verpflichtet hat.

1500 Menschen verlieren zusätzlich ihre Heimat, weil fünf weitere Dörfer am Tagebau Garzweiler II zerstört werden. Und das obwohl, wie vor kurzem aufgedeckt wurde, die Braunkohle zum Betrieb des angrenzenden Kohlekraftwerks gar nicht benötigt wird1.

Wir sagen #AlleDörferbleiben. Und was sagte Herr Laschet nach der Europawahl 2019? „Aus irgendeinem Grund ist das Thema [Klimaschutz] plötzlich relevant geworden“2. In seinem kürzlich neu veröffentlichten 10-Punkte-Plan taucht das Thema Klimaschutz und Energiewende gar nicht erst auf.3

Norbert Röttgen

Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Er galt lange als Außenseiter, konnte sich aber ins Gespräch bringen, weil er sich auch Markus Söder als Kanzlerkandidat der CDU-CSU vorstellen kann – na super. Röttgen möchte sich als größter Klimaschützer des Kandidaten-Trios inszenieren.

Er sagt: „Wenn wir immer sagen, wir dürfen nur so viel Klimaschutz machen, damit das Unternehmen nicht nach China ausweicht vor unserer Gesetzgebung, dann ist das immer noch in Gedanken der Gegensatz, dass das Klima und der Klimaschutz die Bedrohung von Industrie ist.“ Jedoch hätte Röttgen als Bundesumweltminister von 2009-2012 bereits die Chance gehabt, seine angeblichen Überzeugungen in die Tat umzusetzen. Stattdessen wollte er den Solarausbau bremsen4 und sprach sich lieber für den Bau von neuen Kohlekraftwerken aus5, denn „die Kohle hat auf Jahrzehnte ihren festen Platz“6 – welch Weitsicht!

Friedrich Merz

Bei allem Respekt mandatspolitisch nichts. Er saß im EU-Parlament und war bis 2009 Abgeordneter des Bundestags, zwischenzeitlich als Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist Merz Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU. An FridaysforFuture gerichtet sagte er im November 2020: „Ihr müsst auch mal Widerspruch akzeptieren. Vor allen Dingen an der Stelle, wo es nun wirklich mit Euren steilen Thesen nicht stimmt“, sagte Merz bei der Präsentation seines Buches „Neue Zeit. Neue Verantwortung“7. Das Buch stellte FDP-Chef Christian Lindner vor, seines Zeichens oberster Klimaschutz-Profi. Bitte einmal Trommelwirbel- so eine Story kann man sich nicht ausdenken, oder?

Bis März 2020 war Merz Aufsichtsratschef von BlackRock Deutschland. BlackRock, mit über 7,4 Billionen (!) Dollar8 der größte Vermögensverwalter der Welt, finanziert…

• vier der fünf größten Kohle-Unternehmen;
• drei der sechs größten Unternehmen, welche im kanadischen Alberta Ölsand abbauen;
• fast alle Unternehmen, die im brasilianischen Amazonas Öl fördern;
• alle der vier größeren Ölunternehmen, die in der Arktis nach Öl bohren wollen.9

Damit hat Friedrich Merz wie kaum ein anderer höchstpersönlich die Klimakrise mitverursacht und die Konsequenzen wissentlich in Kauf genommen.

Für uns ist klar: die CDU ist derzeit eine Climate Destruction Union. Keinem der Kandidaten ist die Dringlichkeit und die Notwendigkeit der sofortigen Bekämpfung der Klimakrise auch nur annähernd bewusst. Nur über Paris-konformen Klimaschutz zu reden, aber nicht oder sogar gegensätzlich zu handeln, ist eine politische und moralische Bankrotterklärung.

Wir sind eine Generation, die Politikerinnen und Politiker nicht an ihren leeren Worten und noch nicht eingelösten Versprechen misst, sondern an eingesparten Tonnen CO2.
Wer den Anspruch erhebt, dieses Land zu führen, braucht einen Plan zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5°C!

Bei den Herren Laschet, Röttgen und Merz warten wir auf diesen bislang vergeblich…

1 https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/kohleausstieg-wirtschaftsministerium-hielt-brisante-studie-unter-verschluss-a-ad86aec0-5f29-4cf4-a005-0c9369ec5bcb
2 https://twitter.com/aktuelle_stunde/status/1132751835419283456?s=21
3 https://www.solarserver.de/2021/01/05/cdu-parteivorsitz-kein-platz-fuer-klimaschutz-im-impulspapier-vom-team-laschet-spahn/
4 https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/solarfoerderung-koalition-will-neue-grenzen/150/32542/139332
5 https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2009-12/roettgen-kohlekraftwerke
6 https://www.derwesten.de/politik/roettgen-haelt-sicheres-endlager-fuer-noetig-id3814342.html
7 https://www.spiegel.de/politik/deutschland/friedrich-merz-kritisiert-greta-thunberg-und-co-klimaaktivisten-fehle-kompromissbereitschaft-a-4cce66c7-2de1-4a27-9c12-1a145f4f14c4
8 https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-staerke-der-algorithmen-die-machtbasis-von-blackrock/25441444.html?ticket=ST-2990388-3nrpP9ygZMDKypngjJfs-ap5
9 https://www.blackrocksbigproblem.com

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1 Gedanke zu “Die Kandidatenwahl der Climate Destruction Union

  1. Sehr gut analysiert! Und da Ihr den „Klimaprofi“ Lindner erwähnt habt: Laschet würde verdammt gerne mit ihm – jedenfalls mit der FDP – zusammen arbeiten. Das hat er mehrfach deutlich gesagt. Uähhh …

    Die tolle CDU-Veranstaltung hätte auch von Loriot sein können, wenn man es an den vielen Sprüchen misst, die ebenso gehaltvoll waren wie dessen „Sicherheit für Deutschland!“.

    Oder von einer Satire-Redaktion, wenn man an die lebhafte Fragerunde mit ihren zahllosen, gelungenen Zuschaltungen denkt. Bei fast 1000 Deligierten kam nicht mal eine Handvoll mit Fragen (kritischen Fragen sowieso nicht). Eine war dann auch noch von Jens Spahn, bei einer kriegte der fragen Wollende gar keine Verbindung zustande, bei einer anderen sah man nur das Bild eines hilflos Grinsenden.

    Alles in allem also ein voller Erfolg, und so noch nie dagewesen! 😀 😀 😀

    Braucht man auch nicht, eine solche Selbstbeweihräucherungsveranstaltung.

    Aber: Was geht’s mich an, was die CDU macht? Ich wähle FFF, und gut is! 😉

    LG Armin (nein, nicht Laschet, zum Glück …)

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