Die Klimakrise ist schon lange nicht mehr eine düstere Vision der Zukunft, sondern bittere Realität. Es ist 5 nach 12! Der menschengemachte Klimawandel ist 2021 nicht mehr zu leugnen und daraus resultierende Probleme sind in Sachsen-Anhalt spürbar und werden sich in den nächsten Jahren anhäufen. Extreme Wetterereignisse, Artensterben und Wasserknappheit sind in Sachsen-Anhalt, in Deutschland sowie auf der ganzen Welt keine Einzelfälle mehr. Wir leben zurzeit auf Kosten der folgenden Generationen und anderer Länder und entfernen uns von einer enkeltauglichen Zukunft. Nun liegt es an Ihnen, sich mit uns gemeinsam für eine gerechte und lebenswerte Zukunft einzusetzen.
Jetzt ist es an der Zeit zu handeln. Deutschland und viele weitere Länder haben das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet und sich somit verpflichtet, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, vorzugsweise 1,5 °C, zu begrenzen im Vergleich zu 1990. Leere Wahlversprechen, Beschwichtigungen und mutloses Agieren sind jedoch leider an der Tagesordnung und damit ein sicherer Weg in die Klimakrise. Auch das Bundesverfassungsgericht hat uns mit seiner Entscheidung im Mai 2021 ein Recht auf Zukunft zugesprochen. Bundesweit fordert Fridays for Future noch immer den Kohleausstieg bis 2030, Klimaneutralität bis 2035 und eine 100-prozentige Energieversorgung durch erneuerbare Energien bis 2035. Sachsen-Anhalt muss jetzt seiner Rolle gerecht werden, einen Beitrag zum Erhalt des Planeten zu leisten. Das Land Sachsen-Anhalt muss sich bundesweit für einen raschen Weg zur Klimaneutralität aussprechen und vor allem dementsprechend selbst Maßnahmen ergreifen. Deswegen stellen wir von Fridays for Future Sachsen-Anhalt konkrete Forderungen, die die Landesregierung umsetzen muss und laut der Studie des Wuppertal Institutes auch kann. Alle Wahlprogramme und -parolen werden sich daran messen lassen müssen.
Wir fordern hiermit alle Landespolitiker*innen auf, die folgenden Maßnahmen sofort umzusetzen oder weitere angemessene Maßnahmen in Gang zu bringen. Der Forderungskatalog ist hierbei dynamisch und kann noch um weitere Forderungen ergänzt werden. Alle umzusetzenden Maßnahmen müssen hierbei sozialverträglich sein.
Die Forderungen als PDF downloaden
K E R N F O R D E R U N G E N
- Ausbau erneuerbarer Energiequellen und Stopp der Subventionierung von fossiler Energieversorgung
- Förderung von klimaneutralen Technologien
- Umsetzung einer 1,5 °C-kompatiblen Land- und Forstwirtschaft bis spätestens 2035
- Umgestaltung der Wälder hin zu klimakrisenfesten Laub – und Mischwäldern
- Ausweitung der Naturschutzgebiete
- Ausbau von ÖPNV, Fahrrad- und Fußwegen in Stadt und Land, sicherere Fahrradwege
- Stopp des Autobahnausbaus
- Klimawandel, Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit als festen Bestandteil des Schulunterrichts
- Zentrale Koordinationsstelle für Klimaschutz
- Einrichtung einer dauerhaften Bürger*innenbeteiligung
Diese 10 Punkte stellen eine stark gekürzte Version unsere Forderungen dar, die ausführliche Version auf den folgenden Seiten beinhaltet neben den vollständigen Forderungen eine Begründung zur Notwendigkeit der jeweiligen Forderungen.
E N E R G I E
1) Ausbau Erneuerbarer Energien
Wir fordern den konkreten Ausbau erneuerbarer Energiequellen. An den Erlösen, die die lokalen Unternehmen am Ertrag alternativer Energieversorgung machen, sollen die Kommunen beteiligt werden. Außerdem sollen lokale Genossenschaften bevorzugt werden, damit die Menschen vor Ort davon profitieren können. Sachsen-Anhalt kann bundesweit Vorreiter bei der kompletten Eigenversorgung mit regenerativen Energien werden. Zudem fordern wir, dass sich das Land in Zukunft für bundesweite Regelungen für den Ausbau erneuerbarer Energien und gegen bundesweite Subventionen fossiler Energien einsetzt. Um Unternehmen und Privatpersonen die Umstellung auf erneuerbare Energien zu erleichtern, fordern wir außerdem eine Beratung und vereinfachte Informationsvermittlung über die Energieversorgungsmöglichkeiten. Weiterhin muss es eine Beratungsmöglichkeit geben, wie der Energieverbrauch von Unternehmen und Privatpersonen gesenkt werden kann.
2) Stopp fossiler Subventionen
Wir fordern, dass das Land Sachsen-Anhalt sämtliche Subventionen fossiler Energiequellen und Technologien sofort einstellt. Fossile Energiequellen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle sind keine Energieträger, die einen Weg aus der Klimakrise bieten, sondern diese durch hohe CO2-Emissionen beschleunigen. Die Subventionierung fossiler Energieversorgung muss deswegen vom Land umgehend gestoppt werden.
3) Grüner Strom für öffentliche Gebäude
Wir fordern, dass alle Gebäude in öffentlicher Hand so schnell, wie laufende Verträge einen Wechsel erlauben, mit grünem Strom versorgt werden. In sämtlichen Ausschreibungen dürfen ab sofort nur noch Angebote mit 100% grünen Strom in Betracht gezogen werden. Das Land muss so seiner Vorreiterrolle gerecht werden. Wir fordern außerdem, dass Gebäude, die nicht direkt in öffentlicher Hand liegen, wie private (Hoch-)Schulen und Universitäten, bei der Umstellung unterstützt werden. Dies kann durch Förderungen, Beratung oder Handlungsempfehlungen erfolgen.
4) Unterstützung lokaler Versorger
Wir fordern die Unterstützung der lokalen Versorger, insbesondere der Stadtwerke, bei der Umstellung zur Klimaneutralität. Dabei fordern wir echte grüne Tarife, d.h. dass die gesamte benötigte Energie von lokalen Versorgern selbst produziert wird und auf keinerlei fossile Energieträger zurückgegriffen wird. Vom Land Sachsen-Anhalt muss dazu ein Energieleitplan bereitgestellt und eine Förderpolitik zur Unterstützung einer klimaneutralen Umstellung etabliert werden. Diese Umstellung bietet für viele Haushalte eine vereinfachte Grundlage, auf erneuerbaren, nicht fossilen Strom zurückzugreifen.
I N D U S T R I E
1) Reduktion CO2-Ausstoß
Wir fordern eine Klausel, die besagt, dass das Land bei größeren Investitionen besonders Unternehmen mit geringem CO2-Ausstoß unterstützt. Dies kann z.B. durch klimafreundliche und nachhaltige Förderprogramme für Technologien, Wirtschafts- und Forschungsförderung gelingen. Dafür würden Regelungen im Klimaschutzgesetz und Vergabekriterien bei öffentlichen Ausschreibungen wie Tariftreue, Nachhaltigkeit und Fairer Handel einen
Ansatzpunkt darstellen. Wir fordern weiterhin eine Industriestrategie zur Klimaneutralität 2035: Alle neu zu
bauenden Anlagen müssen klimaneutral sein. Nicht-klimaneutrale Anlagen müssen bis 2035 stillgelegt oder entsprechend umgebaut werden. Es muss eine Kreislaufwirtschaft zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs aufgebaut werden. Die Industriestrategie muss auch eine Wasserstoff-Strategie beinhalten.
2) Beratung
Außerdem fordern wir eine aktive Beratung der Unternehmen zur Minimierung des CO2-Ausstoßes. Durch diese Maßnahme kann Sachsen-Anhalts Wirtschaft eine Vorreiterrolle in Deutschland einnehmen.
3) Förderung
Wir fordern weiterhin, dass lokale Wertschöpfungsketten, wie zum Beispiel die Windkraft und Photovoltaikindustrie, sowie die damit verbundenen lokalen Fachkräfte und Arbeitsplätze, gefördert werden.
4) Lobbyarbeit
Weiterhin fordern wir vom Land Sachsen-Anhalt mehr bundesweite Lobbyarbeit für eine klimaneutrale Industrie.
L A N D W I R T S C H A F T & F O R S T W I R T S C H A F T
1) 1,5 °C-kompatible Land– und Forstwirtschaft
Wir fordern die Umsetzung einer 1,5 °C-kompatiblen Land– und Forstwirtschaft bis spätestens 2035, damit unsere Ernährung sowie unsere Biodiversität auch in Zukunft gesichert sein werden. Besonders in Sachsen-Anhalt leiden die Böden und Felder schon jetzt an den Folgen der Erderwärmung die global bereits um 1,2°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit vorangeschritten ist. Die extremen Dürren der letzten Jahre bedeuten für die landwirtschaftlichen Betriebe ausgetrocknete Böden, geringe Wasserspeicherkapazität, sinkende CO2-Speicherkraft und somit einen enormen Ernteverlust. Millionenbeträge mussten bereits als Nothilfe an Landwirtinnen fließen. Eine 1,5 °C-kompatible Agrarindustrie kann diesen Entwicklungen entgegentreten, erfordert jedoch eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen und Lösungsansätze. Unabhängig davon rufen wir das Land auf, sich in allen Bereichen der Agrarindustrie für eine nachhaltige und 1,5 °C-kompatible Land– und Forstwirtschaft einzusetzen, und sowohl gerechte als auch wirkungsvolle Maßnahmen in die Wege zu leiten.
2) Stärkung der ökologischen Landwirtschaft
Wir fordern, dass eine nachhaltige Landwirtschaft mit einem Anteil von mind. 30% ökologischer Landwirtschaft eine finanzielle Förderung des Landes erhält, sodass dieser Anteil spätestens im Jahr 2035 erreicht wird. Des Weiteren fordern wir die Vereinfachung der Bürokratie sowohl bei ökologischer als auch bei konventioneller Landwirtschaft, um die Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft schneller umsetzen zu können.
3) Regionale, saisonale und nachhaltige Produkte fördern
Wir fordern eine massive Förderung regionaler, saisonaler und nachhaltiger Produkte sowie einen Umschwung im Kantinenangebot unserer Schulen und in anderen öffentlichen Einrichtungen. Dieser soll in Zukunft auf eine Kombination von Fleischreduktion und erhöhter Nachhaltigkeit setzen.
4) Verpachtung von landeseigenen Flächen
Wir fordern, dass die Verpachtung landeseigener Flächen an die Kriterien der 1,5 °CKompatibilität geknüpft ist. Jene beinhalten den Schutz der Biodiversität und des saisonalen, regionalen und nachhaltigen Anbaus. Eine Umorientierung der Landwirtschaft führt zu weniger Futtermittelerzeugung und mehr Pflanzen für den direkten Gebrauch. Auch die Umsetzung von Tierwohl- sowie Düngeregularien sind für eine zukunftsfähige Landwirtschaft dringend notwendig.
5) Beratungsstelle zur nachhaltigen Landwirtschaft und Neugestaltung der Lebensräume
Wir fordern eine aktive Beratung zur nachhaltigen Landwirtschaft und Neugestaltung der Lebensräume des Landes Sachsen-Anhalt. Dazu benötigt es eine öffentliche Beratungsstelle. Die Kommunen und Landkreise sollen dabei unterstützt werden, ihre Umgebung mit klimaresilienten Pflanzen auszustatten und Lebensräume grüner zu gestalten. Hierbei erwarten wir auch, dass lokale Unternehmen und Forschungsinstitutionen, wie das Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzgenetik, mit ihren Innovationen und Maßnahmen für eine zukunftsfähige Land– und Forstwirtschaft stark gefördert werden, sodass auch die Region davon profitiert.
6) Umgestaltung der Wälder zu klimakrisenfesten Laub- und Mischwäldern
Wir fordern die Umgestaltung der Wälder im Land hin zu klimakrisenfesten Laub– und Mischwäldern. Damit sind sie gegen die zunehmenden Dürreperioden und Wasserknappheiten gerüstet. Unser Wald leidet schon jetzt massiv unter der Erderwärmung. Im Harz erleben wir ein flächendeckendes Waldsterben und Waldbrände werden sich häufen.
7) Ausweitung der Naturschutzgebiete
Wir fordern eine Ausweitung der Naturschutzgebiete. Hierdurch werden die Biodiversität, die Artenvielfalt sowie die wichtigen CO2-Speicher unserer Erde geschützt und gestärkt. Biodiversität ist die Grundlage allen Lebens.
8) Nutzung des Vorkaufrechts durch das Land
Wir fordern, dass das Land Sachsen-Anhalt sein Vorkaufsrecht auf die Flächen in der Region nutzt und Verpachtung oder Verkauf an 1,5 °C-kompatible Kriterien knüpft. Durch diese Maßnahme wird das Ziel einer klimaneutralen und nachhaltigen Landwirtschaft unterstützt.
9) Positionierung und Lobbyarbeit in Deutschland und der Europäischen Union
Wir fordern, dass sich das Land Sachsen-Anhalt und insbesondere die Regierung auf allen politischen Ebenen klar für eine nachhaltige Landwirtschaft positionieren. Sie muss aktiv dafür eintreten, dass wir das 1,5 °C- Ziel auch in der Landwirtschaft einhalten können. Wir erwarten dabei Lobbyarbeit in allen Entscheidungen für eine nachhaltige und zukunftsfähige Land– und Forstwirtschaft.
V E R K E H R
1) Ausbau alternativer Verkehrsmöglichkeiten
Wir fordern den Ausbau und die Umgestaltung bisheriger Verkehrsstrukturen, die eine Alternative zum Auto darstellen (z.B. Bahn, Bus, Rad). Der Ausbau muss vor allem auch im ländlichen Raum stark ausgeführt werden, um einen Anschluss an andere Orte zu gewährleisten. Bei allen Maßnahmen sollten langfristige Mobilitätskonzepte erstellt bzw. einbezogen werden.
2) Einsatz zur Zusammenarbeit aller Verkehrsverbünde
Wir fordern, dass das Land eine Zusammenarbeit aller Verkehrsverbünde in Sachsen-Anhalt initiiert. Die Zusammenarbeit soll ein einheitliches Konzept zum Ausbau der Infrastruktur und zur besseren Fahrplanabstimmung beinhalten. Weiterhin ist die Entwicklung einheitlicher und sozialverträglicher Ticketpreise notwendig.
3) Stärkung umweltverträglichen Güterverkehrs
Wir fordern, dass der Güterverkehr auf der Schiene und auf dem Wasser flächendeckend gestärkt wird, beispielsweise durch Förderungen und Reaktivierung der vorhandenen Infrastruktur. Dementsprechend muss ein weitreichendes Konzept zum Ausbau entwickelt und umgesetzt werden.
4) Ausbau des ÖPNV
Wir fordern einen flächendeckenden und bedarfsgerechten Ausbau des Angebotes des ÖPNV, sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum. Der Mangel an Beschäftigten und die schlechten Arbeitsbedingungen im ÖPNV sind schwerwiegende Probleme. Hier müssen Finanzierungs- und Investitionshürden überwunden und der Nachwuchs massiv gefördert werden. Nur gemeinsam kann die Verkehrswende gelingen.
5) Günstige Tickets
Wir fordern für alle Bevölkerungsgruppen erschwingliche Tarife der öffentlichen Verkehrsmittel, wenn möglich kostenlos. Dadurch steigt die Attraktivität des ÖPNV. Des Weiteren ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Land und den Verkehrsverbünden für ein Ticket, das das Reisen zwischen den verschiedenen Tarifzonen kostengünstig ermöglicht, notwendig. Dazu wird das Reisen innerhalb Sachsen-Anhalts durch diese Maßnahmen attraktiver, was ebenfalls eine positive Auswirkung auf den Tourismus hat.
6) Unterstützung von autoarmen Gebieten
Wir fordern, dass das Land durch diverse Maßnahmen die Kommunen bei der Entwicklung von Konzepten für autoarme Gebiete unterstützt. Zudem sollte die praktische Umsetzung dieser zur Neugestaltung von Lebensräumen in der Stadt begünstigt werden. Dadurch ergeben sich Räume für alternative Verkehrsmöglichkeiten in den Orten von Sachsen-Anhalt. Diese Forderung betrifft alle Kommunen, sowohl Städte als auch Orte im ländlichen Raum.
7) Ausbau der Radinfrastruktur
Wir fordern den Ausbau sowie eine Verbesserung der Radinfrastruktur sowohl in ländlichen Bereichen als auch in Städten. Weiterhin sollte eine dauerhafte Instandhaltung der Radinfrastruktur sichergestellt werden. Es darf keine Straße mehr ohne Radweg geben. Es müssen Radparkhäuser gebaut und der Fahrbelag verbessert werden. Zusätzlich fordern wir die Verbesserung der Sicherheit auf Fahrradwegen, zum Beispiel durch leicht erhöhte oder farblich abgegrenzte Radwege. Auch Fußwege sind auszubauen.
8) Verminderung des Autoverkehrs
Wir fordern, dass das Land die Investitionen für den Ausbau der Autoinfrastruktur streicht und stattdessen den Ausbau alternativer Verkehrsmöglichkeiten wie Bus, Bahn und Rad (Umweltverbund) anstrebt. Die vorhandene Infrastruktur sollte dabei in einem gut nutzbaren Zustand erhalten bleiben bzw. umfunktioniert werden. Unabhängig von alternativen Technologien muss der Autoverkehr so schnell wie möglich halbiert werden. Darauf muss auch durch sogenannte „Push-Faktoren“ wie City-Maut, Tempolimits und Reduzierung von Fahrspuren und Parkplätzen hingearbeitet werden. Wir fordern dementsprechend, dass sich das Land in bundesweiten Verhandlungen gegen den Ausbau der Autobahnen bzw. der Autoinfrastruktur und für den Ausbau der Infrastrukturen von Rad und Schienenverkehr einsetzt. Der Bundesverkehrswegeplan muss unter Berücksichtigung ökologischer und klimaschützender Faktoren neu beschlossen werden. Wir fordern Sachsen-Anhalt auf, über den Bundesrat dahingehend Druck aufzubauen.
9) Ausbau der Ladeinfrastruktur
Wir fordern den Ausbau der Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe sowohl in Städten als auch im ländlichen Raum. Diese Maßnahme würde auch eine weiträumige Nutzung elektrisch betriebener Busse unterstützen.
B A U W E S E N
1) Aktive Beratung für energetische Sanierung
Wir fordern eine aktive Beratung von Privatpersonen, Kommunen, Landesbetriebe und staatlichen Institutionen für eine energetische Sanierung. Die Verbrennung fossiler Energieträger für Heizung und Warmwasser ist aufgrund ihrer hohen CO2-Emissionen eine große Belastung für das Klima. Um zu vermeiden, dass die Energie nicht effizient genutzt wird, muss für die energetische Sanierung eine aktive Beratung angeboten werden. Diese hilft Privatpersonen und der öffentlichen Hand. Darüber hinaus fordern wir, dass weitere Maßnahmen wie bspw. die Verpflichtung zur Sanierung bei Verkauf oder Vererbung getroffen werden. Aufgrund des Fachkräfte-Mangels ist eine Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive im Handwerk von Nöten.
2) Begünstigung natürlicher, CO2-bindender Baustoffe
Wir fordern eine Begünstigung und finanzielle Unterstützung energetischer Sanierungen mit natürlichen, CO2-bindenden Baustoffen. Die energetische Sanierung soll vor allem, soweit möglich, mit CO2-bindenden und natürlichen Baustoffen geschehen. Dafür muss das Land Projekte der energetischen Sanierung mit diesen Baustoffen begünstigen und finanziell unterstützen.
3) Wärmestrategie
Wir fordern, dass das Land Sachsen-Anhalt den Einbau fossiler Heizungen beendet und verbietet. Vielmehr benötigt es einen vermehrten Einsatz von Wärmepumpen.
B I L D U N G
1) Weiterbildungen zu Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit
Wir fordern Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit als verpflichtende Fort- oder Weiterbildung für Leitungs- und Lehrkräfte aller Fächer. So wird die Repräsentation der Klimakrise im Lehralltag erhöht und dem Thema Nachhaltigkeit mehr Aufmerksamkeit und Expertise verliehen. Klimagerechtigkeit muss Teil des Lehrplans werden.
2) Klimagerechtigkeit in Bildungseinrichtungen
Wir fordern weiterhin Nachhaltigkeit als festen Bestandteil eines jeden Unterrichtsfachs sowie mindestens zwei Projekttage zum Thema Klimagerechtigkeit pro Schuljahr. Dies ermöglicht eine bessere Aufklärung über das Thema und sorgt für die Normalisierung einer nachhaltigeren Lebensweise. Diese Schritte sind essentiell für die langfristige Etablierung eines Unterrichtsfaches über Umwelt- und Nachhaltigkeitskunde, welches wir ebenfalls fordern.
D I G I T A L I S I E R U N G
1) flächendeckende Digitalisierung
Wir fordern eine umgehende und flächendeckende Digitalisierung und damit einen Ausbau des 5G-Netzes. Schnelles Internet und flächendeckende 5G-Versorgung stärken die ländlichen Regionen, ermöglichen das Entstehen kleinerer und mittlerer Betrieben, schaffen Arbeitsplätze und erleichtern eine umweltschonende Landwirtschaft. Prosperierende Dörfer stärken den sozialen Frieden und entlasten die Städte. Der Ausbau fördert zudem den umweltschonenden Verkehr durch flexiblere Arbeitsmöglichkeiten in Bus und Bahn und spart städtischen Wohnraum- und Parkplatzbedarf.
T O U R I S M U S
1) Klimafreundlicher Tourismus
Wir fordern die Begünstigung klimafreundlicher Tourismusangebote. Die Ruhe und bessere Luft auf den Dörfern können als Naherholungsmöglichkeiten genutzt werden. Kürzere Reisen mit Bus und Bahn in umliegende Gebiete sparen Langstreckenflüge oder weite Autofahrten. Zudem werden durch Naherholungsräume mit sanftem Tourismus auch touristische Ballungsräume entlastet und Massentourismus verhindert, welcher Natur und Klima stark schädigt. Weiterhin würde eine Verlagerung der Reisenden auch in den ländlichen Raum vorhandene Infrastruktur unterstützen. Das würde dazu führen, dass es diversere Arbeitsmöglichkeiten gäbe und lokale Unternehmen unterstützt würden.
V E R W A L T U N G
1) Koordinationsstelle Klimaschutz
Wir fordern eine zentrale Koordinationsstelle für Klimaschutz in allen Bereichen. Für erfolgreichen Klimaschutz braucht es eine Stelle mit umfassender Umsetzungskompetenz, die Klimaschutz koordiniert verwirklicht und die Themen Umwelt, Energie, Mobilität und Wirtschaft verbindet. Dies könnte zum Beispiel durch ein Klimaministerium umgesetzt werden. Sollte sich für die Gründung des Ministeriums entschieden werden, sollen alle zuvor geforderten Beratungsangebote in diesem angesiedelt werden, ansonsten muss die Koordinierungsaufgabe an anderer Stelle in der Verwaltung etabliert werden.
2) 1,5 °C-Grenze Orientierung
Wir fordern, dass die 1,5 °C-Grenze im Klimaschutzkonzept des Landes festgeschrieben wird. Das gesamte Verwaltungshandeln muss sich nach der 1,5 °C-Grenze richten. Wir fordern die Berechnung und Einhaltung eines gerechten CO2-Restbudgets auf Grundlage der 1,5 °C-Grenze für das Land. Außerdem braucht es einen Klimavorbehalt vor jeder Entscheidung. Alle potenziell klimaschädlichen Maßnahmen müssen auf ihre Vereinbarkeit mit den Klimazielen Sachsen-Anhalts geprüft und notfalls gestoppt werden. Bei der Vergabe von Aufträgen müssen ökologische und soziale Kriterien beachtet werden. Des Weiteren müssen die jeweiligen Ziele und Anforderungen an Projektpartnerinnen, Baupläne und Verträge nach den Anforderungen der Pariser 1,5 °C-Grenze ausgerichtet
werden. Ebenso fordern wir, dass sämtliche Beteiligungen des Landes hinsichtlich Klimaneutralität geprüft werden. Beteiligungen etwa bei Banken, die in fossile Energieträger investieren oder Energieversorger, die Kohlestrom produzieren oder verkaufen müssen entweder beendet oder ebenfalls klimaneutral werden.
3) Klimaneutrale Verwaltung bis 2030
Wir fordern, dass die Verwaltung in Sachsen-Anhalt bis 2030 komplett klimaneutral arbeitet. Alle Gebäude in öffentlicher Hand müssen CO2-neutral betrieben werden. Nur wenn die Landesverwaltung zeigt, wie Klimaneutralität funktioniert, kann dies auch in anderen Bereichen wahrhaftig umgesetzt werden. Hierzu muss auch der Fuhrpark der
Landesverwaltung und der landeseigenen Unternehmen bis 2030 komplett CO2-frei sein und bei der Verwaltung weitestgehend auf Lastenräder und Fahrräder umgestellt werden. Die öffentliche Hand muss ihrer Vorbildrolle gerecht werden. Auf dem Weg zur Klimaneutralität ist die Kompensation von CO2 zu minimieren. Etwaige CO2-Kompensation
muss innerhalb des Landes stattfinden und darf nicht ausgelagert werden. Wir fordern, dass die Verwaltung in Sachsen-Anhalt durch eine konsequente Umsetzung der Zero-Waste-Strategie keinen Müll mehr produziert. Notwendig sind ein konkretes Konzept und klare Regeln für die Vermeidung von Müll in Ämtern, landeseigenen Unternehmen und
anderen öffentlichen Einrichtungen. Sachsen-Anhalt muss speziell bei den Abfallverursacherinnen in Gewerbe, Handel und Bau konsequente Überzeugungs- und Informationsarbeit leisten, um diese Akteurinnen für Mülltrennung und Müllvermeidung zu sensibilisieren.
4) Einführung eines CO2-Schattenpreises
Alle landeseigenen Unternehmen und Einrichtungen müssen bei sämtlichen Entscheidungen und Ausgaben mit einem CO2-Preis von 195 € pro Tonne CO2-Äquivalent rechnen. Bei allen Ausschreibungen muss das Land fordern, dass sich bewerbende Firmen ebenso mit diesem Schattenpreis kalkulieren. Darüber hinaus muss sich die Landesregierung auf
Bundesebene für einen CO2-Preis einsetzen, der so hoch ist wie die Kosten, die uns und zukünftigen Generationen durch Treibhausgas-Emissionen entstehen (laut UBA Stand 2020 mindestens 195€ pro Tonne CO2-Äquivalent).
5) Personal und Beratung
Wir fordern, dass jede Kommune und das Land mit einem Team aus Klimaschutzmanager*innen ausgestattet wird bzw. bereits tätige Klimaschutzmanager*innen Unterstützung erhalten. Weiterhin fordern wir, dass die Verwaltung die geforderten Beratungsangebote und Aufklärungsprogramme sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen anbietet. Die Verwaltung muss es Unternehmen und Privatpersonen aktiv erleichtern, ihren CO2-Ausstoß zu verringern.
6) Bürger*innenbeteiligung
Wir fordern die Einrichtung einer dauerhaften Bürgerinnenbeteiligung, zum Beispiel Bürgerinnenräte, die durch Auslosung eine breite Bevölkerungsspanne abdecken. Der Austausch mit der Bevölkerung muss ausgebaut werden, um die Bedürfnisse aller Bürgerinnen einzubeziehen. Dabei können Expert*innen ihr Fachwissen einbringen. Aus diesen Versammlungen entstehen Vorschläge und Forderungen an den Landtag.