Hamburg, du hast die Wahl – mach was Vernünftiges daraus!

Am kommenden Sonntag wird in Hamburg gewählt – die Bürgerschaft, die aus dieser Wahl hervorgeht, wird die letzte sein, die die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels noch gewährleisten kann. Doch dafür ist eine radikale Kursänderung der Klimapolitik in der Hansestadt notwendig!

Seit dem 14. Dezember 2018 streiken wir freitags in Hamburg für eine konsequente Klimapolitik. Wir haben mit den Abgeordneten der letzten Bürgerschaft gesprochen, unsere Forderungen dem Umweltausschuss vorgelegt. Doch die im Dezember vorgelegte Fortschreibung des Klimaplans zeigte deutlich, dass unser Appell im Rathaus noch nicht verstanden wurde. Bei dieser Fortschreibung handelt es sich um ein geringfügiges Update des 2015 vorgelegten Klimaplans – ohne Fehlerbehebung. Zu Beginn dieses Klimaplans, dessen Ziele nicht einmal für die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 2 Grad ausreichend sind, findet sich folgender Satz: „Eine wichtige Erkenntnis aus dem IPCC-Sonderbericht (gemeint ist der IPCC-Sonderbericht SR1.5 aus dem Jahr 2018) ist, dass die Anpassungsfähigkeit von menschlichen und natürlichen Systemen bei 1,5°C globaler Erwärmung ungleich höher ist als bei einem Anstieg um 2°C.” Die wohl wichtigste Erkenntnis aus dieser Fortschreibung des Klimaplans ist, dass die letzte Bürgerschaft das Problem immernoch nicht verstanden hat: Als Hafenstadt ist Hamburg von den Konsequenzen der Klimakrise in besonderem Maße betroffen, als Großstadt für den Klimaschutz in besonderem Maße verantwortlich. Mehrere andere Städte in Deutschland haben ihre Klimaziele bereits so angepasst, wie es für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels notwendig ist. Seit Juni 2019 kooperiert Hamburg beim Klimaschutz mit Wien und Zürich, in der Zwischenzeit wurden auch in beiden Partner-Städten die Klimaziele verschärft: Österreich soll nun bis 2040 klimaneutral werden, Zürich bis 2030. Und Hamburg trödelt weiter, hält an dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 fest. Das ist nicht nur vollkommen unverständlich, sondern obendrein auch noch ziemlich peinlich! Die zukünftige Bürgerschaft muss den Klimaplan anpassen und den klimapolitischen Kurs ändern – und zwar dieses Mal so, dass dieser tatsächlich mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens vereinbar ist. Im Klartext bedeutet das, dass Hamburg bis 2035 klimaneutral werden muss!

Noch haben wir die Chance, mitzubestimmen, wie sich Hamburg in den kommenden Jahrzehnten und im Laufe dieses Jahrhunderts entwickeln wird.
Die Betonung liegt auf „noch“, denn das gerade angebrochene Jahrzehnt wird für die klimatischen Entwicklungen auf diesem Planeten das Entscheidende sein. Und die Hälfte dieses Jahrzehnts fällt unter die Legislaturperiode der Bürgerschaft, die wir diesen Sonntag wählen. Sie wird Wandel gestalten müssen. Bis zum Ende dieser Legislaturperiode muss Hamburg aus der Kohlekraft ausgestiegen sein. Um das Pariser Klimaabkommen einhalten zu können, muss Hamburg innerhalb der kommenden drei Legislaturperioden klimaneutral werden. Hamburgs CO2-Emissionen müssen ab Anfang 2020 jährlich um 1 Mio. Tonnen reduziert werden. Das klingt im Vergleich zum aktuellen Klimaplan zunächst sehr ambitioniert, ist aber aus wissenschaftlicher Sicht absolut notwendig. Die Aufgabe der neuen Bürgerschaft besteht also daraus, dass Notwendige möglich zu machen. Die kommende Legislaturperiode muss durch Taten überzeugen, nicht durch Worte. Hamburg, du hast die Wahl – worauf wartest du noch?

Text: Nele, FFF Hamburg

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6 Gedanken zu “Hamburg, du hast die Wahl – mach was Vernünftiges daraus!

  1. Die kommende Legislaturperiode muss durch Taten überzeugen, da stimme ich zu. Nun wurde aber kurz vor der Wahl wieder einmal deutlich, dass statt der Reduktion von CO2-Emissionen vor allem wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen. So wurde im Hau-Ruck-Verfahren, forciert durch grünes Licht für die Verlegung des Fernbahnhofes Altona zum Diebsteich gegeben, ohne ein neues Planfeststellungsverfahren. Die ursprünglichen Planungen stammen jedoch aus den 90er Jahren und sind veraltet! Im Vordergrund stehen Immobilieninteressen für die Bebauung des jetzigen Bahnhofs- und Schienengeländes. Vernachlässigt werden Bürgerinteressen und Interessen der Bahnreisenden. Statt die Gleise des bestehenden, zentrumsnahen Bahnhofs zu sanieren, wird ein unattraktiver, abgelegener Bahnhof gebaut. Zukünftig werden Bahnreisende die Gleise dort voraussichtlich nur über Rolltreppen und Aufzüge erreichen. Das macht das Bahnfahren höchst unkomfortabel und könnte kontraproduktiv im Hinblick auf das Verkehrsaufkommen wirken. Leider ist das in der bisherigen Diskussion um die Verkehrspolitik unter den Tisch gekehrt worden. Der Verbleib des Bahnhofs in Altonas könnte ein bedeutender Faktor bei der Erreichung geringerer CO2-Werte sein.

  2. Liebe FFF,
    als frustriertes MItglied der Grünen in Kiel muss ich leider feststellen, dass bei den Grünen beinahe bundesweit ein Ruck zur „Realität“ bzw. eine Anpassung an die Inhalte der CDU stattfindet. Man könnte teilweise auch von Greenwashing sprechen. Die Hintergründe mögen wahltaktisch und/oder Spendentaktisch bedingt sein. Inhaltlich meine ich damit z. B.

    1.) die neutrale Haltung zu Fahrverboten und deren effektiven Kontrolle per Kennzeichen-Scanner, obwohl die Verwaltungsgerichte diese ganz überwiegend für erforderlich halten,
    2.) fehlender Mut zur Umsetzung von positiven Beispielen zur Begrenzung von Pkw-Verkehr wie z. B. das Modell Oslo, wo man mit City-Maut, Verbot von Verbrenner-Pkw einen innovativen und zukunftsfähigen innerstädtischen Verkehr mit ca. 40% Elektro-Auto Anteil und hohem ÖPNV-Anteil auf die Beine gestellt hat. Insoweit sind die alten Grünen und SPD-Konzepte leider nicht ausreichend, weil die Bundesbürger trotz verbessertem ÖPNV und teilweise sogar günstigerem ÖPNV (als Ziel) und Förderung von Fahrradwegen infolge zunehmender Veralterung, weiterhin auch auf den Pkw bestehen, vgl. zunehmende Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes (kba.de),
    3.) keine Abschaffung von kostenlosen Parkplätzen zu Gunsten von öffentlichem Neubauwohnungen, um günstiges Wohnen für ca. 1/3 der Gesellschaft zu ermöglichen,
    4.) kein ausreichender Mieterschutz durch angemessene Neubauförderung und Mietendeckel, der für Neubauten nicht gelten soll.

    Die einzige Ausnahme bildet insoweit die Grün-Rot-Rote Landesregierung in Berlin, die teilweise solche innovative Lösungen auch umsetzt oder umzusetzen versucht.

    Daher fordere ich Euch auf, zukünftig vor Wahlen solche und eure weiteren Klima-Forderungen direkt an die Grünen zu stellen und bei entsprechenden Zusagen, euch auch ausdrücklich für eine Wahlempfehlung der Grünen auszusprechen (Das mit der Überparteilichkeit ist eh nicht so ganz glaubhaft). Sollten auf diese Weise konkrete Zusagen nicht von den Grünen zu bekommen sein, würde ich für eine „Future-Partei“ plädieren. Damit könnte man ja örtlich beginnen und evtl. zur nächsten Bundestagswahl an die Grüne rechtzeitig mit entsprechenden Forderungen herantreten mit der Ankündigung, dass wenn solche konkreten Zusagen nicht gemacht werden, als eigene „Future-Partei“ anzutreten.

    Das ist ja nur ein Vorschlag. Viele Grüße und viel Zulauf heute in Hamburg

    1. „Future-Partei“ ja. Aber es muß auch sichergestellt sein, dass jedes Mitglied einen erforderlichen Konsum-
      boykott einhält. Verschwendung und Energie-bzw. Recourcenverbrauch bedingen doch einander.
      Gruß, Robert.R

  3. Ich komme aus Buchholz und studiere in Hamburg. Ich bin bei den Demos dabei seit Jan.2019.
    Und ich war begeistert gestern, wieviele da waren. Man weiß ja zum Vergleich, wieviele Menschen in ein Stadium hinein gehen und so sind meine Schätzungen für gestern auch bei 50-60000 Menschen.
    Ich bedanke mich bei Euch allen für die unermüdliche und außerdem begeisterte und engagierte Organisation und Euer Dasein. Und ich wünsche nun endlich, endlich Erkenntnis bei den bisher Unbeweglichen.
    Was spricht dagegen, mal den Hut in den Ring zu werfen und zu sagen :“Ich bin dabei und tue alles für eine lebenserhaltende Wende“.?
    Auch wenn manche politische Leute es nicht anders gelernt haben und sich nun wundern, was spricht denn dagegen, jetzt mehr aus dem Leben zu machen, als immer nur Geld zu verdienen und es wieder auszugeben?
    Ihr zeigt Ihnen, dass es mehr gibt.
    Ihr habt gestern alle begeistert. Toll seid Ihr!
    Und wir machen weiter mit!
    Cornelia

  4. Zumindest sind in Hamburg im Gegensatz zu den meisten Bundesländern die politischen Verhältnisse nach der letzten Wahl so geordnet, dass davon ausgehend mehr für den Klimaschutz getan werden könnte. Hoffen wir das Beste! Dass in vielen Belangen ein drastischer Umbruch nötig ist, wissen wohl die meisten. Dies stellt aber gleichzeitig ein Riesenproblem dar, an dessen Lösung sich keiner der Verantwortlichen richtig herantraut. Auch das sollte man verstehen.
    Leider ist Hamburg nicht überall. Man könnte annehmen, da sie nicht von soviel Wasser umgeben sind, wird die Gefahr in anderen Bundesländern nicht wahrgenommen.

    1. Tja, solche nicht wahrnehmenden Nicht-Hamburger werden allerdings auch irgendwann wach … .

      Jeder Ort ist potenziell betroffen von vermehrtem oder erstmaligem Auftreten von Wolkenbrüchen, Sturzfluten, Dauerhochwasser, schwerem Hagel, Orkan, Dürre, Hitze über 40 Grad … – und: Schneestürmen.

      Auch wenn mancher Winter bereits total ausfällt, nimmt die Wahrscheinlichkeit heftiger Wintereinbrüche nämlich im Rahmen der globalen Erwärmung zu, zumindest vorübergehend. Für Menschen, die recht simpel strukturiert sind, ist das ein Grund zu sagen: „Seht her, es ist nichts dran, am Klimawandel!“. Ein Glück für die, dass soetwas nicht weh tut. Jedenfalls nicht denen, die es äußern … .

      Den Wahlausgang in Hamburg sehe ich auch recht positiv. Was aber immer bleibt ist die Befürchtung, dass Gewählte zu opportunistisch und ängstlich agieren. Zum Beispiel braucht nur einer „Gelbwesten!“ von sich zu geben, und schon haben fast alle Verantwortlichen Angst, das Richtige und dringend Nötige beherzt anzupacken.

      Genau das war zu Zeiten von Brandt und Schmidt anders! Mir waren beide deutlich lieber – ja, auch „Schmidt-Schnauze“ – als die heutigen Wischiwaschi-Typen mit ihren „Strategie-Beratern“, die es möglichst Vielen recht machen wollen. „Zieh die blaue Krawatte an! Das bringt mehr Stimmen als die graue mit den weißen Punkten!“. Ungefähr auf diesem Niveau sind wir angekommen. Wer Eitelkeit und Wiederwahl-Streben über alles stellt, kann kein guter Politiker sein, egal in welcher Partei!

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