Ende 2020 waren ca. 82,4 Mio. Menschen auf der Flucht. Es war somit das neunte Jahr in Folge, in der die Zahl der Menschen, die fliehen müssen, anstieg. Lasst uns den unentwirrbaren Zusammenhang zwischen Klimawandel und Migration aufdecken.
Was ist Umweltmigration?
Umwelt- oder Klimamigrant*innen sind Menschen, die aufgrund plötzlicher und drastischer Umweltveränderungen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, sei es vorübergehend oder dauerhaft.
Sie können gezwungen werden, ihre alten Wohngebiete zu verlassen + in neue Regionen innerhalb, aber auch außerhalb ihres Landes zu ziehen.
Die negativen Auswirkungen des Klimawandels werden wahrscheinlich die Anzahl der Katastrophenvertreibungen und damit der Migration vergrößern.
Plötzliche Vertreibung aus dem Nichts
Plötzlich oder unerwartet auftretende Klima-Gefahren wie Erdbeben, Hurrikans oder Vulkanausbrüchen führen zu kurzfristigen Vertreibungen. Das heißt, dass die Vertriebenen nach der Wiederherstellung der lokalen Infrastruktur nach Hause zurückkehren können. Allerdings können Hilfs- und Reparaturmaßnahmen zu einer unausgewogenen Verteilung der Hilfe führen. Zudem führen Versuche, Städte künstlich „wiederzubeleben“, oft zu Gentrifizierung.
Ein Beispiel ist der Hurrikan Katrina 2005: Der Megasturm trieb hunderte von Evakuierten von New Orleans nach Houston und war damit eine der größten klimabedingten Migrationen seit der Dust Bowl in den USA.
Ein anderes Beispiel ist der Taifun Haiyan – einer der stärksten tropischen Wirbelstürme, die jemals aufgezeichnet wurden. Er vertrieb über 4 Millionen Menschen auf den Philippinen.
Migrationsmuster
Inländische Migration ist am verbreitetsten, da es weniger Hürden für einen Umzug gibt. Nichtsdestotrotz setzt sie finanzielle Ressourcen und soziales Kapital voraus (d.h. zum Beispiel ein unterstützendes System zu haben).
Eine zunehmend verbreitete Form der Binnenmigration, vor allem ins Ausland, ist die Abwanderung vom Land in die Ballungsräume. Klimawandel und Umweltzerstörung zwingen Bauern aus einkommensschwachen und BIPoC-Gemeinschaften überproportional dazu, in die Städte zu ziehen. Landwirtschaftliche Lebensweisen sind überall auf der Welt üblich. Landwirt*innen sind mit zunehmend instabilen Wetterverhältnissen, wie z.B. Dürren konfrontiert und von Vertreibung bedroht. Menschen, die an einen landwirtschaftlichen Lebensstil gewöhnt sind, können ihre Selbstständigkeit verlieren, wenn sie gezwungen werden, in die Großstädte zu ziehen, wo ihre Fähigkeiten möglicherweise nicht gefragt sind.
Langsam eintretende Ereignisse und länderübergreifende Vertreibung durch Katastrophen
Zu den langsam eintretenden Ereignissen zählen Katastrophen, die sich allmählich entwickeln, wie z. B. der Anstieg des Meeresspiegels oder Epidemien. Diese wirken sich auf die Grundrechte aus, einschließlich Zugang zu Wasser, zu medizinischer Versorgung und zu Wohnraum, sowie auf das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe. Der Zugang zu angemessenen und dauerhaften Gemeinschaftsressourcen wie Wohnraum, Bildung, Arbeit, Rechtshilfe und Nahrung ist für Menschen, die durch Katastrophen vertrieben wurden, unerlässlich. Oft führen diese langsam eintretenden Ereignisse zu dauerhaften Umweltschäden und fördern die internationale Migration.
Umweltzerstörung ist eine der Hauptursachen für internationale Migration. Im Gegensatz zur Inlandsmigration ist diese schwieriger, da sich die Menschen an eine neue (und oft nicht willkommen heißende) Umgebung gewöhnen müssen. Ein Gutachten aus dem Jahr 2020 warnt, dass die Klimakrise bis 2050 mehr als 1 Milliarde Menschen vertreiben könnte. Das ist mehr als das doppelte der Bevölkerung der EU im Jahr 2020.
Mobilität und „gefangene Bevölkerungsgruppen“
Diskriminierte Bevölkerungsgruppen (d.h. Gruppen, die bereits aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Alter, körperlichen Fähigkeiten, sexueller Orientierung usw. marginalisiert sind) die von Umweltkatastrophen betroffen sind, haben es doppelt schwer: Sie sind möglicherweise nicht in der Lage einfach umzuziehen, weil ihnen finanzielle Mittel oder soziale Netzwerke fehlen könnten. Trotz sich verschlechternder Klimabedingungen und der Notwendigkeit umzuziehen, wird das Bleiben am Ort unvermeidlich.
Warum ist die Klimakrise kein völkerrechtlich legitimer Grund für die Gewährung von Asyl?
Obwohl der Klimawandel ein legitimer Grund für Migration ist, wird er im internationalen Recht nicht als „gültiger“ Faktor für die Beantragung des Flüchtlingsstatus angesehen.
Gegenwärtig können Migrant*innen nur dann Asyl über den Flüchtlingsstatus beantragen, wenn sie eine „begründete Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“ haben. – UNHCR – Flüchtlingskonvention von 1951 .
Rechtlich ist der Begriff „Klimaflüchtling“ also nicht anerkannt, da das Klima keiner der fünf oben genannten Faktoren ist, auf die man sich berufen kann, um Asyl oder ähnlichen rechtlichen Schutz zu erhalten. Ohne Unterstützung befindet sich diese Gruppe von Menschen in einer komplizierten und äußerst prekären Lage.
(Anmerkung der Redaktion: Anfang 2020 beschloss das UN-Menschenrechtskomittee, dass die Konsequenzen der Klimakrise ein Fluchtgrund sind und vor Klimafolgen Flüchtende daher als schutz-berechtigt gemäß der Genfer Konvention gesehen werden sollten. Allerdings liegt die Umsetzung der Konvention in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten. Das Bundesinnenministerium, das für Deutschlands Asylpolitik zuständig ist, lehnte es aber auch nach diesem Rechtsspruch ab, die Konsequenzen der Klimakrise als Fluchtursache anzusehen, weil der Zusammenhang zwischen Klimakrise, Umwelt und Flucht zu wenig untersucht sei.)
Grenzen: Die Aufrechterhaltung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Namen des Profits
Die jüngste nationalistische und einwanderungsfeindliche Rhetorik in Europa und den USA hat die Regierungen daran gehindert, Klimageflüchtete mit internationalem Recht zu schützen.
Grenzen funktionieren weiterhin so, wie sie ursprünglich gedacht waren: Sie unterstützen Kolonialismus und kriminalisieren marginalisierte Gruppen (z.B. BIPoC, Frauen, einkommensschwache Menschen, LGBTQ+, usw.). Ähnlich wie Gefängnisindustrie in den USA ist die zunehmende Militarisierung der Grenzen zu einem lukrativen Geschäft geworden, das vom Leben gefährdeter Communities profitiert.
Während sich der Klimawandel verschlimmert und mehr Menschen migrieren, um seinen Auswirkungen zu entgehen, übernehmen andere Länder – egal ob es sich um Länder mit niedrigem oder hohem Einkommen handelt – rassistische und fremdenfeindliche Praktiken, um Migrationsbewegungen umzulenken oder ganz zu verhindern.
Was können wir tun?
Wir können klimabedingte Migration bekämpfen, indem wir die Menschen mit den notwendigen Hilfsmitteln ausstatten, um sich im Angesicht von Umweltkatastrophen selbst zu schützen.
Dieser Text basiert auf einem Instagram-Post der gemeinnützigen Organisation Intersectional Enviromentalist.
Ihr könnt etwas verändern, indem ihr zum Beispiel euren Abgeordneten eine Mail schreibt oder sie anruft und auffordert, sich für die Rechte geflüchteter Menschen und ehrgeizigeren Klimaschutz einzusetzen. Und indem ihr mit uns für Klimagerechtigkeit auf die Straßen geht. Alle Streik-Termine findet ihr hier.
Fordern wir die Bundesregierung und die EU auf, die Klimakrise ernsthaft einzudämmen und gleichzeitig den Menschen die nötigen Ressourcen und Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, noch bevor sie vertrieben werden.
Ich bezeichne Hurrikans nicht mehr als Vertreibung aus dem Nichts. Zumindest nicht in der zunehmenden Stärke (und damit auch Auswirkungen). Ebenso dürften die ausergewöhnlic he Stärke der Brände in Australien, Californien, Oregon,Washington und Südeuropa eine Folge des Klimawandels sein. Und damit auch nicht als “ aus dem Nichts heraus“ gelten.
Christoph Droß
Es ist in der Tat schwierig, zu differenzieren, ob die Migration von Bauern aufgrund der Folgen der globalen Erwärmung geschieht oder aufgrund der Agrarpolitik der z.B. der EU (Export von billigen Agrarprodukten in Entwicklung space der, wodurch deren einheimische Landwirtschaft zerstört wird). Beides sind aber Folgen der Politik der reichen Länder, insofern sind die vertriebenen Bauern politisch verfolgte.