Offener Brief an SPD-Chef Lars Klingbeil

Sehr geehrter Herr Klingbeil,

Als Fridays for Future Niedersachsen setzen wir uns seit über vier Jahren dafür ein, dass Niedersachsen seinen Teil zu einer schnellen und gerechten Wende hin zu einer klimaneutralen Bundesrepublik beiträgt.

Als Chef der SPD mit einem Wahlkreis in Niedersachsen wären Sie gefragt, die regierungseignen Klimaziele (die Einhaltung der 1,5 Grad Grenze) sowie die dafür notwendigen Transformationen, wie eine schnelle und gerechte Verkehrswende, zu verteidigen. Stattdessen aber erleben wir irritiert, wie Sie sich eben hier in den Weg stellen. Sie positionieren sich gegen den notwendigen Bau der ICE-Neubaustrecke Hannover-Hamburg aber fordern parallel den Ausbau der dortigen A7 auf sechs Spuren.

Es herrscht breite wissenschaftliche Einigkeit darüber, dass neue Autobahnspuren nicht zu weniger Verkehr und Emissionen führen, sondern immer zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen und mehr Emissionen führen. Bereits seit Jahren ist ebenfalls klar, dass alleine eine neue Bahnstrecke den Verkehrs-Engpass zwischen Hamburg und Hannover sinnvoll auflösen kann.

Für viele von uns ist diese Bahnstrecke täglich der Weg zur Schule, Universität oder Freizeitaktivitäten. Gerade im Nahverkehr häufen sich die Verspätungen aufgrund der unzureichenden Streckenkapazität. 

Der von Ihnen und der SPD Niedersachsen propagierte Ausbau (statt Neubau) der Bestandsstrecke ist nachweislich unzureichend,  um mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Dabei fällt besonders ins Gewicht, dass ein Ausbau mehrere Jahrzehnte länger dauern würde als ein Neubau. Auch dringend notwendige Emissionssenkungen im Verkehr würden sich um Jahrzehnte verzögern. Wenn es erklärtes Ziel der SPD ist, sozial gerechte Mobilität für alle Menschen zu ermöglichen, wie soll dann ein Ausbau der Strecke eine gute, sinnvolle Lösung sein? 

Die Entscheidung über die Verkehrswende in Niedersachsen und konkret die Zukunft der Bahnverbindung Hamburg-Hannover stellt entweder die Weichen für eine sozialgerechte Verkehrswende oder für ein Auto-zentriertes Weiter-So. Sie können sich im Angesicht der Klimakrise selber ausrechnen, was wir uns leisten können.

Uns ist bewusst, dass ein Neubau der Bahnstrecke gerade in ihrem Wahlkreis auch Betroffenheiten auslösen wird. Anstatt aber wie bisher mit populistischen Aussagen eine Neubaustrecke und somit die Verkehrswende im Land aktiv zu blockieren, müsste es doch Ziel ihrer Politik sein, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Ihre Not-In-My-Backyard Politik zeichnet nach, welche politische Haltung seit so vielen Jahren Fortschritt blockiert: Schöne Reden vom Klimaschutz, aber wenn es konkret wird, duckt man sich. So etwas würden wir von Ihnen nicht erwarten. 

Die Bahn ist der Verkehrsträger der Zukunft. Wir fordern Sie, Herrn Klingbeil, dazu auf, die von Ihnen angeführte Blockade der Niedersachsen-SPD gegen einen Neubau aufzugeben. Außerdem fordern wir Sie auf, sich verstärkt  für die konsequente Einhaltung der Klimaziele einzusetzen. .

Wir als Fridays for Future werden in den kommenden Wochen auf die Straße gehen, damit die dringend benötigte klimagerechte Verkehrswende auch gelingt. Niedersachsen kann Verkehrswende, da sind wir uns sicher. Die Landesregierung und Entscheidungsträger*innen im Bund müssen nur wollen. Gleichzeitig sind wir zu Gesprächen bereit und möchten Sie zu einem klärenden Streitgespräch – gerne in Ihrem Wahlkreis – einladen.

Gezeichnet

Fridays for Future Niedersachsen