Hitzewelle, Waldbrände und politisches Versagen – unsere Autorin Paula ordnet die letzten Tage klimapolitisch ein.
Die letzten Tage haben mich richtig schockiert: Mit Temperaturen von bis zu 38°C und Nächten, in denen nichts abkühlte, haben wir einen harten Ausblick auf die Realität der Klimakrise bekommen. Im selben Moment hat Merz mit seinem Kabinett alles dafür gegeben, diese Krise weiter anzufeuern – am bisher heißesten Tag des Jahres hat das Bundeskabinett die Förderung von neuem Gas beschlossen.
Diese Klimapolitik ist einfach nur noch komplett absurd. Wir erleben es ja alle: Ich habe in der letzten Woche so viele Krankenwagen und Feuerwehreinsätze gesehen, wie lange nicht mehr. In Sachsen und Thüringen brennen die Wälder, die Züge stehen still und Autobahnen sind verstopft, weil die Hitze unsere Infrastruktur überlastet. Meine Oma hat sich tagsüber nicht aus dem Haus getraut. Und selbst in meinem engsten Freundeskreis gab es einen Hitzeschlag – wir alle hatten alle Hände voll damit zu tun, uns um uns und unsere Liebsten zu kümmern. Unser aller Feeds und Nachrichten waren voll mit Tipps, wie man die Hitze übersteht. Aber die ganze Zeit hatte ich das Gefühl, dass niemand das Wichtigste sagt: Diese Hitzewelle ist die Folge einer Politik, die uns jahrzehntelang im Stich gelassen hat. Es ist an uns, das zu benennen.
Diese Hitzewelle ist weder ein einmaliges Ereignis, noch ist sie Normalität. Sie ist das Ergebnis einer Politik, die lieber Kohle, Öl und Gas verbrannt und damit eine fossile Wirtschaft gestärkt hat, als unsere Lebensgrundlagen zu sichern. Das Leid, das diese Politik auslöst, ist in den letzten Tagen mit voller Wucht bei uns angekommen. Für viele andere Menschen weltweit ist es schon lange Realität. Doch dass aus dieser Krise zu lernen kein Selbstmechanismus ist, haben Friedrich Merz und Katherina Reiche in den letzten Tagen klar gezeigt: Sie bleiben auf ihrem fossilen Kurs und haben den Weg freigemacht für Gasbohrungen vor der Nordseeinsel Borkum. Die fossilen Projekte, die darauf folgen werden, stehen in Bayern und Baden-Württemberg schon in den Startlöchern. Im Gegensatz zu anderen Ländern, die sich auf zukünftige Extremhitze vorbereiten, hat Deutschland noch keinen Plan, wie die Menschen hier vor den Folgen der Klimakrise geschützt werden sollen. Und indem sie die deutschen Klimaziele anzweifelt, präsentiert sich Wirtschaftsministerin Katherina Reiche mitten in der Krise zum Gesicht der fossilen Lobby. Wir müssen darüber reden, welche politische Dimension die Hitze der letzten Tage hat, damit wir eine Politik verhindern können, die solche Katastrophen weiter vorantreibt.
Wir arbeiten gerade daran, Protestaktionen zu organisieren. Dafür brauchen wir dich: Gerade wenn die Klimakrise erfahrbar wird, ist wichtig, dass wir darüber sprechen, was sie anfeuert. Die Zusammenhänge zwischen politischen Entscheidungen und der unertragbaren Hitze sind vielleicht nicht offensichtlich, aber wir kennen sie – und das heißt, dass wir etwas tun können. Denn Protest beginnt mit unserem Wissen darüber, dass die Dinge nicht so sein müssen, wie sie sind. Er beginnt mit unserer Wut und den Aktionen, die wir daraus aufbauen. Lass uns wütend sein!
Das hier ist ein Kommentar aus der FAZ vom 14.07.2025. Er erfordert ein paar Minuten Lesezeit, hilft aber, aus der linksgrünen Meinungsblase herauszukommen:
„Früher war das schlechte Wetter ein Mittel, den Leuten den Zorn der Götter einzureden. Sie opferten dann, und ob es besser wurde oder nicht, beim nächsten Mal taten sie es wieder. Heute, dachte man, seien die Leute klüger geworden. Doch das Wetter ist auch heute wieder das Mittel, den Leuten den Zorn der Götter einzureden, der Klimagötter. Ob Hitzewelle oder Regenflut: Gefordert wird dann ein Opfer für die Klimapolitik, und ob es hilft oder nicht, beim nächsten Mal ist es wieder so.
Der Grund dafür ist der Glaube an eine Politik, die weit in der Zukunft an starren Zielen orientiert ist, von deren Einhaltung abhängig gemacht wird, ob die Welt untergeht oder nicht. Die Zielmarken werden wichtiger genommen als das Sinnvolle. Dabei ist es völlig unerheblich, ob ein Land wie Deutschland sofort, erst 2045 oder 2055 klimaneutral wird, ob der Kohleausstieg 2035 oder 2045 kommt, ob alle Autos sofort oder erst in fünfzig Jahren elektrifiziert sind.
Am Klima, erst recht am Wetter, ändert sich nichts. Relevant wird es jeweils nur, wenn auch der Rest der Welt entsprechend handeln würde. Die Aussichten darauf sind besser geworden. Aber es gibt, wie derzeit wieder, Rückschläge. Weder das eine noch das andere hängt davon ab, ob Deutschland Vorbild ist oder nicht. Das mag bedauerlich sein, wirft aber einen umso größeren Schatten auf den Sinn seiner Politik.
In der EU ist ein Umdenken zu beobachten. Die Entscheidung, auch dann zum Ziel kommen zu dürfen, wenn anderswo in der Welt investiert wird, um CO2-Emissionen einzusparen, ist ein Zeichen für wachsenden Realismus. Der wächst in dem Maße, wie der immense Aufwand klar wird, der schon jetzt, aber erst recht in Zukunft entsteht, je näher man dem selbst gesteckten Ziel kommt. Wenn schon jetzt von drohender Deindustrialisierung gesprochen werden muss, was ist dann erst auf den letzten Metern zur Klimaneutralität in zehn, zwanzig Jahren zu erwarten? Denn die Herausforderungen nehmen nicht ab, sondern exponentiell zu.
Es bringt der Welt nichts, wenn sich Europa mit Wettbewerbsnachteilen, technologischen Risiken, utopischen Infrastrukturplänen und unerfüllbaren Zielvorgaben herumschlagen muss, während die Konkurrenz in anderen Erdteilen aus dem Vollen schöpft. China ist das beste Beispiel dafür. Klimaschutz gibt es auch dort, aber nur so weit, wie er politischen und wirtschaftlichen Machtinteressen dient. Wo er das nicht kann, werden unverdrossen Kohlekraftwerke und Verbrennungsmotoren gebaut.
Deutschland ist das Gegenbeispiel. Hier ist auch im dritten Jahrzehnt der Energiewende nicht zu erkennen, dass Kosten und Nutzen der Klimaschutzpolitik abgewogen werden. Schon allein Technologieoffenheit – eigentlich eine Selbstverständlichkeit für jede Gesellschaft, die sich dynamisch weiterentwickeln will – gilt als Verrat an der Klimapolitik, als Versündigung an künftigen Generationen. Unter den Tisch fällt dabei, dass die Belastungen, die durch diese Klimapolitik entstehen, ebendiese Generationen in ihren Möglichkeiten strangulieren könnten. Die Abwanderung von Industrie ist ein Beispiel; der Schuldenberg, der sich zu einem Gebirge auftürmt, um eine überteuerte Subventionswirtschaft zu bezahlen, ein anderes.
Völlig aus dem Blick geraten ist, dass künftige Generationen zu ganz anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen kommen könnten als die der Gegenwart. Das soll schon vorgekommen sein.
Künftige Generationen werden sich zudem fragen, warum das Naheliegende zugunsten von Fernzielen, die im Weltmaßstab ohnehin irrelevant sind, brachliegen musste. Viel Geld wäre besser investiert, wenn die Folgen des Klimawandels eingedämmt würden. Gegen Hitzewellen hat sich die Menschheit bislang mit Klimaanlagen gewappnet, gegen Dürre mit Bewässerungssystemen, gegen Sturmfluten mit Deichen. In Deutschland schützt man sich hingegen vor dem Klimawandel mit dem erhobenen Zeigefinger, dass weniger Fleisch gegessen werden müsse, in jede Garage ein E-Auto gehöre und in zwanzig Jahren der Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter vollendet sein müsse.
Von einer solchen Klimapolitik hat sich bislang in Deutschland nur die FDP gelöst. Die AfD leugnet überhaupt jegliche klimapolitische Verantwortung. Der Mittelweg zwischen Ignoranz und dogmatischer Zielmarkenpolitik wäre der richtige. Ansonsten wird der Druck, der durch Ausstiege, Verbote und regulatorische Dogmen entstehen soll, einen Gegendruck erzeugen. Es ist wie in der Migrationspolitik: erst kritiklose Willkommenskultur, die sich aus moralischer Überhöhung speist, dann Ernüchterung und Fundamentalopposition.
Und noch etwas ist so ähnlich wie in der Migrationspolitik: Eine grün-rot-aktivistische Avantgarde scheitert daran, dass sie ganze Demokratien aus dem Gleichgewicht bringt und das Vakuum, das sie in der Mitte schafft, den Ressentiments radikaler Volksverführer überlässt. Die warten nur darauf, dass der Kipppunkt erreicht ist.“