In zwei Tagen ist es so weit: Am 25.09. findet unser globaler Klimastreik statt. Wir gehen auf die Straßen, weil die Uhr tickt: Uns bleiben nur noch wenige Jahre, um unsere CO2-Emissionen radikal zu begrenzen und dadurch das 1,5 °C-Ziel einzuhalten. Die menschengemachte Erderwärmung beträgt bereits ca. 1,1 °C und die Folgen sind anhand stärkerer Waldbrände, Dürren und Hitzewellen, häufigerer Stürme bereits offensichtlich. Um das 1,5 °C Ziel noch zu erreichen brauchen wir jetzt effektive und nachhaltige Veränderungen, beispielsweise im Bereich Verkehr.
Unser bisheriges Verkehrssystem: Chaos und Klimakiller
Wir alle kennen es vermutlich: in den Städten: Zugeparkte Geh- und Fahrradwege, Stau im Berufsverkehr, unpünktliche Busse, Züge oder Straßenbahnen, – auf dem Land: ein Bus, der nur dreimal am Tag fährt, sodass Menschen ohne Auto kaum mobil sind, Parkplatzchaos vor den Schulen…
Unser aktuelles Verkehrssystem ist nicht nur nervraubend, sondern klimaschädlich: Nach dem Energiesektor und der Industrie ist der Verkehrssektor der drittgrößte CO2-Emittent in Deutschland. Und während in den anderen Sektoren die CO2-Emissionen zwar viel zu langsam sinken, aber immerhin sinken, stiegen sie im Verkehrssektor zwischen 1995 und 2018 um 3,7 % an. Der Grund dafür: Zwar wurden Fahrzeuge gebaut, die zumindest etwas emissionssparender fuhren, aber es wurden einfach immer mehr Fahrzeuge. Dies zeigt: auf technische Verbesserungen allein zu setzen hilft nicht. Wir brauchen eine grundlegend andere Verkehrspolitik, eine Verkehrswende.
Eine Verkehrswende wäre auch die Chance unser Verkehrssystem sozial gerechter zu machen: Denn unsere aktuelle – auf Autos ausgelegte Verkehrspolitik benachteiligt – neben den fatalen Folgen für unser Klima – vor allem einkommensschwächere Menschen. Fast die Hälfte der Menschen mit niedrigem Einkommen besitzen kein eigenes Auto – sie bewegen sich in den überwiegenden Fällen zu Fuß, mit dem öffentlichen Nahverkehr oder per Fahrrad. Dagegen haben 92 % der Haushalte mit hohem ökonomischen Status ein Auto – sie sind aber nicht diejenigen, die unter den Folgen des Autoverkehrs leiden. Denn Menschen mit niedrigem Einkommen leben mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit (28,3 %) an dicht befahrenen Straßen, als Menschen mit hohem ökonomischen Status (14,8 %), weil sie sich die Mieten von weniger befahrenen Gegenden nicht leisten können. Dies führt dazu, dass Kinder und Haustiere verstärkt in Gefahr sind und dass sie stärker unter Lärm- und Feinstaubbelastung ausgesetzt sind. So werden Kinder, die an befahrenen Straßen leben zum Beispiel häufiger krank.
Aber nicht nur das: Unsere Städte platzen Dank dem hohen Aufkommen des motorisierten Individualverkehrs mittlerweile aus allen Nähten und es bleibt kaum Platz für gesellschaftliches Leben, Räume der Begegnung, für Sport und Spiel, für Begrünung und Schattenplätze. Würde man beispielsweise alle in Berlin gemeldeten PKWs aneinanderreihen würden sie eine Strecke von 7.200 km, also eine Strecke von Lissabon nach Stockholm und wieder zurück einnehmen! Daher gibt es in Berlin auch zehnmal so viel Fläche für Parkplätze, wie für Kinderspielplätze. Zugleich werden immer mehr größere Autos, vor allem SUVs und Geländewagen zugelassen. Im Jahr 2000 waren es nur 2,9 % der gemeldeten Fahrzeuge, mittlerweile ist jedes dritte Fahrzeug ein SUV.
Die Autos nehmen den Platz nicht nur für Spielplätze und Stadtbegrünung weg, sondern auf für andere Verkehrsteilnehmende, wie Bus und Bahn, Fußgängerinnen und Radfahrerinnen. Insbesondere für letztere beide stellen sie zudem auch noch ein Sicherheitsrisiko dar dabei wäre es so dringend nötig Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) zu fördern, denn sie stoßen keinen, beziehungsweise wesentlich weniger CO2 aus, als der motorisierte Individualverkehr. Fazit: Unser bisheriges Verkehrssystem ist klimaschädlich, ungerecht und wenig zukunftsfähig.
Sozialgerechter und klimafreundlicher Verkehr ist möglich
Es geht aber auch anders! Das zeigen zum Beispiel die niederländischen Städte Groningen, Houten und Utrecht, ebenso wie das dänische Kopenhagen und das belgische Gent. Sie alle haben auf teils kreative Weise den Autoverkehr in den Innenstädten eingeschränkt und stattdessen Rad- und Fußverkehr massiv gefördert. Das Ergebnis: Der Anteil der klimafreundlichen Verkehrsmittel, Rad- und Fußverkehr und ÖPNV stieg deutlich an. Dies macht die Städte attraktiv auch für Reisende, die die „Fahrradhauptstädte“ mit ihren lebendigen Innenstädten besuchen. Außerdem sparen die Städte Kosten: Jede*r Radfahrer*in kostete die Stadt Utrecht im Jahr 735 Euro weniger als eine Autofahrer*in. Auch die Sicherheit steig an: In Houten gab es in 40 Jahren keinen einzigen Unfall. Für in ihrer Mobilität eingeschränkte Bürger*innen, die nicht Fahrrad fahren können, gibt es kleine Elektroskooter und auch Rollstuhlfahrer*innen können sich so sicherer in der Stadt bewegen. Diese Städte machen es vor: Lebenswertere Städte mit einem klimafreundlicheren Verkehr sind möglich.
Doch nicht nur auf den Städten, auch auf dem Land brauchen wir ökologischeren Verkehr. Hier ist vor allem eine bessere ÖPNV-Anbindung nötig, die es ermöglicht auch ohne Auto mobil zu sein. Nicht nur spart das CO2-Emissionen, sondern ermöglicht auch die gesellschaftliche Teilhabe von zum Beispiel älteren Menschen, die kein Auto mehr fahren können.
Um einen zuverlässigen und sicheren ÖPNV sowohl auf dem Land, als auch in der Stadt zu haben, braucht es aber auch bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Denn nur wenn die Fahrer*innen von Bus und Bahn und alle Menschen, die dafür sorgen, dass die Fahrzeuge betriebsbereit sind und der Ablauf funktioniert ausgeruht und stressfrei ihrer Arbeit nachgehen können, ist es möglich, dass die Verkehrswende mit einem starken ÖPNV funktioniert. Deshalb unterstützen wir auch die Forderungen von ver.di im Bereich ÖPNV und fordern gemeinsam mit den Beschäftigten eine sozialgerechte und klimafreundliche Verkehrswende.
Verkehrspolitik in Deutschland: Nicht mehr zeitgemäß
Es spricht also alles für eine Verkehrswende: Sie könnte unser Verkehrssystem sozialgerechter machen, sie würde die Bürger*innen bei den Folgekosten des Autoverkehrs, wie Gesundheitsschäden durch Feinstaubbelastung, Kosten für Straßenreparatur, Unfälle etc. entlasten, sie würde unsere Städte lebenswerter und grüner machen und endlich auch im Verkehrssektor CO2-Emissionen einsparen. Wir brauchen diese Verkehrswende schnell, denn uns bleiben nur noch wenige Jahre, um das 1,5 °C Ziel einzuhalten. Sicherlich arbeitet die Bundesregierung daher schon mit Hochdruck an nachhaltigen Verkehrskonzepten.
Oder?
Hier nur drei Beispiele der vergangenen Wochen, wie die aktuelle Verkehrspolitik in Deutschland aussieht:
Obwohl eine Mehrheit der Menschen in Deutschland gegen eine Prämie für Verbrennerfahrzeuge ist, diskutierte die Bundesregierung beim letzten Autogipfel mal wieder über genau eine solche Prämie statt über zukunftsfähige Verkehrskonzepte. Zwar kam es zum Glück nicht zu einer Prämie für die klimaschädlichen Autos mit Verbrennermotoren, aber große Fortschritte für den Klimaschutz brachte der Autogipfel trotzdem nicht voran. Die anstehende Kfz-Steuerreform beispielsweise besteuert klimaschädliche Fahrzeuge nur geringfügig stärker – die Lenkungswirkung bleibt aus und die Folgekosten, die durch solche Fahrzeuge für die Gemeinschaft verursacht werden, werden nicht mitbedacht.
Statt in wirklich klimafreundliche, soziale und innovative Verkehrskonzepte zu investieren, investiert unser Verkehrsminister in… den Flugverkehr. Ja, ihr habt richtig gelesen, ausgerechnet die klimaschädlichste Fortbewegungsweise von allen, erhält nun weitere Gelder in Milliardenhöhe – und das, obwohl die Lufthansa, die mit hoher Beteiligung der Bundesregierung gerettet wurde, dennoch Arbeitsplätze abbaut und obwohl die Flugbranche keine Kerosinsteuer zahlt und so bereits einen deutlichen Vorteil gegenüber klimafreundlicheren Verkehrsmitteln wie der Bahn hat.
Verkehrswende jetzt!
Habt ihr auch die Nase voll von einer Verkehrspolitik, die sozial ungerecht ist und unsere Zukunft verbaut? Dann kommt am 25.09. mit uns auf die Straßen und demonstriert für die Verkehrswende. Es ist höchste Zeit!
Demo-Tipp
Hast du schon dein Demo-Plakat fertig oder brauchst du noch Inspirationen? Schau doch mal auf unseren Social Media Kanälen vorbei und klick dich durch die Bilder oder such ‚Fridays for Future‘ in der Bildersuche im Internet – da findest du eine Menge gute Sprüche. Einige künstlerische Beiträge findest du auch hier.
Und dann fehlt nur noch etwas Farbe und Pappe und schon bist du perfekt vorbereitet auf den 25.09! Du willst nicht nur auf den Straßen Krach für eine klimagerechte Gesellschaft machen, sondern auch im Netz? Nutz den Hashtag #KeinGradWeiter und nutze deine sozialen Medien, um andere auf die Klimakrise hinzuweisen und zum Handeln zu bewegen. Wie wäre es z.B. mit einem Foto von deinem Demo-Plakat? Oder deine Gründe dich für Klimagerechtigkeit einzusetzen? Schau auch gerne bei unseren Social-Media-Kanälen vorbei, um alle wichtigen Infos und vieles mehr zu erfahren.