Im Klimaupdate für die Wochen vom 12. bis zum 25. April fasst Lara die wichtigsten Ereignisse zusammen und berichtet von Späh-Kampagnen, Kohlekonzernen und Klimazielen.
Klima-Aktivist:innen ausgespäht?!
Greenpeace und Fridays for Future Österreich werden offenbar im Auftrag des österreichischen Ölkonzern OMV von der internationalen Security-Firma Wendland beobachtet. Die Aktivist:innen haben die Überwachung aufgedeckt, nachdem sie interne Mails zugespielt bekamen. Fridays for Future und Greenpeace Österreich fordern nun die Veröffentlichung der Verträge zwischen dem Ölkonzern OMV und Wendland, um herauszufinden, wie weit die Bespitzelung geht und eine lückenlose Aufklärung zu schaffen. OMV, dessen Hauptanteilseigner die österreichische Regierung ist, lehnt dieses bisher ab, weist die Vorwürfe zurück und will ein Gesprächsangebot an die Betroffenen machen. Unterdessen lassen sich nicht nur in Österreich Hinweise auf die Überwachung von Klima-Aktivist:innen durch von OMV beauftragten Firmen finden, sondern auch in Neuseeland. Dort überwachte die private Ermittlungsfirma Thompson and Clark Umwelt- und Klima-Aktivist:innen, wie School Strike 4 Climate, im Auftrag von Gas- und Ölfirmen, inklusive OMV. Die Aktivist:innen wurden überwacht und es wurde versucht ihren Protest zu vereiteln.
Frankreichs Parlament befürwortet die Einführung von Ökozid als Straftat-Bestand
Am 17.04.2021 hat das französische Parlament einen Gesetzesvorschlag befürwortet, das den Straftatbestand „Ökozid“ vorsieht. Demnach würde das Gesetz die ernste und anhaltende Verschmutzung von Wasser, Luft und Boden mit bis zu 10 Jahren Haft und Bußgeldern von bis zu 4,5 Mio. Euro bestrafen. Dies gilt allerdings nur für Umweltvergehen innerhalb von Frankreich, nicht aber, wenn z. B. eine französische Firma an der Abholzung von Regenwald beteiligt ist. Das Gesetz soll im nächsten Monat in der Nationalversammlung abgestimmt werden und muss anschließend noch vom Senat bewilligt werden.
Klima vor Acht startet auf YouTube
Über die Klimakrise wird in den Medien immer noch viel zu wenig berichten. Deshalb setzt sich die Initiative Klima vor Acht für mehr und bessere Berichterstattung über die Klimakrise, Ursachen, Folgen und Lösungsansätze ein. So schrieb die Initiative einen offenen Brief an die ARD und forderte das Format „Klima vor Acht“ statt „Börse vor Acht“ vor der Tagesschau. Da die ARD zunächst ablehnte, produziert das Team nun selbst kurze Informationsvideos rund um das Thema Klima und lädt sie immer donnerstags um 19:55 auf ihrem Youtube-Channel hoch. Außerdem ist die Initiative in Gesprächen mit der ARD und RTL.
Klima-Aktivistin Howey im Hungerstreik
Nachdem sie mit 30 anderen Klima- und Umweltaktivist:innen im Mormont-Gebirge in der Schweiz gegen die Zerstörung der Biodiversität und Wälder der Berge durch den multinationalen Konzern Holcim protestiert hatte, wurde die chinesische Klima-Aktivistin Howey Ou festgenommen und angeklagt. Nach 34 Stunden Haft ist sie wieder frei, doch ihr und anderen Aktivist:innen droht eine Strafe von 60 Tagen im Gefängnis und eine Geldstrafe von 1200 Schweizerischen Franken. Daher befindet sich Howey seit dem 20.04.21 in Lausanne im Hungerstreik. Damit protestiert sie gegen die Untätigkeit der schweizerischen Regierung in der Klima- und ökologischen Krise und ihre Entscheidung Holcim die Zerstörung der Natur in dem Gebirge zu erlauben. Zuletzt kündigte sie am 22.04 an ihren Hungerstreik um sieben weitere Tage zu verlängern.
Kohlekonzerne verklagen die Niederlande
Ein Vertrag von 1994 ermöglicht es Kohlekonzernen wie RWE und UNIPER die Unterzeichnerstaaten wegen ihres Kohleausstiegs zu verklagen. Dieser sogenannte Energy Charter Treaty (ECT, Energie-Charter Vertrag), der ursprünglich nach dem kalten Krieg mit dem Ziel geschlossen wurde, den Energiesektor in ehemaligen Sowjet-Staaten zu erhalten, enthält eine Möglichkeit für Konzerne Kompensation aufgrund der Kalkulation von „zukünftigen Gewinnen“ einzuklagen. Dies nehmen Kohle- und Ölkonzerne nun als Möglichkeit die Unterzeichnerstaaten auf Kompensationen in Milliarden-Höhe wegen dem Umstieg auf klimafreundlichere Energiequellen zu verklagen. So verklagte RWE die Niederlande im Februar dafür, dass sie beschlossen haben 2030 aus der Kohle auszusteigen und forderte 1,4 Milliarden Euro. Zusätzlich kündigte UNIPER am 16.04. ebenfalls an mit einer Klage 1 Milliarde Euro von den Niederlanden zu fordern – Geld, dass bei der Finanzierung von Klima-Maßnahmen dann fehlt.
Zwar gab es als Teil eines Modernisierungs-Prozess der EU-Kommission den Versuch, den Vertrag zu aktualisieren und Regierungen so die Möglichkeit zu geben zwischen CO2-intensiven und C02-sparenderen Energieträgern zu unterscheiden, doch zwischen den Unterzeichnerstaaten herrscht große Uneinigkeit, die eine solche Reform verhindert. Selbst wenn einige Länder in Eigenverantwortung aus dem Vertrag aussteigen, können sie aufgrund der sogenannten „Sonnenuntergangs-Klausel“ noch weitere 20 Jahre verklagt werden. Doch der Widerstand gegen den Energy Charter Treaty wächst. Mehr als 500 Klima-Wissenschaftler:innen und Expert:innen fordern aktuell in einem offenen Brief die Unterzeichnerstaaten auf, aus dem Vertrag auszutreten und die „Sonnenuntergangs-Klausel“ zu beenden. Aktuell werden Länder im globalen Süden aufgefordert dem Vertrag beizutreten – die Unterzeichner:innen des offenen Briefs fordern, dass auch dies beendet werden muss. Auch werden Fragen, ob der Energy Charter Treaty überhaupt nach dem EU-Gesetz legal ist, immer lauter. Im Sommer soll der Europäische Gerichtshof darüber entscheiden.
Biden-Summit zur Klimakrise #NoMoreEmptySummits
Am 22. und 23.04.2021 hat US-Präsident Joe Biden 40 Staats- und Regierungschef:innen zu einem virtuellen Klimagipfel eingeladen. Der Gipfel sollte die 17 Länder zusammenbringen, die für ca. 80 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, doch es sind auch einige Länder eingeladen, wie bisher nur wenig zur Klimakrise beigetragen haben und dennoch besonders stark betroffen sind, wie Bangladesch, Bhutan und Kolumbien. Fridays for Future-Aktivist:innen international kritisierten, das Fehlen von Zivilgesellschaft und jungen Menschen, sowie die Festlegung auf die 40 Länder, die andere ausschließt, wenn es doch um unser aller Gegenwart und Zukunft geht. In einem Mock Summit am 23.04 organisierten sie daher ihren eigenen virtuellen Summit, bei dem sie die unangenehmen Wahrheiten aussprachen, die auf dem Biden-Summit verschwiegen bleiben und die Stimmen zu Wort kamen, die dort fehlten. Der Mock Summit kann hier angeschaut werden.
Im Rahmen des Summits versprachen mehrere Staaten bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen stärker zu reduzieren, darunter die USA, die EU, das Vereinigte Königreich und Japan. Alok Sharma der Präsident der Klimakonferenz COP26, die Ende des Jahres in Glasgow stattfinden soll, forderte die Staaten auf, konkrete Pläne vorzulegen, mit denen sie ihre Ziele erreichen wollen. Fridays for Future-Aktivist:innen weltweit, insbesondere MAPA-Aktivist:innen (MAPA = Most Affected People and Areas, die am meisten betroffenen Menschen und Gegenden) haben den Gipfel scharf kritisiert. Wir brauchen keine weiteren Gipfel mit leeren Versprechungen für 2030, sondern jetzt konkrete Handlungen. In einem offenen Brief, der hier https://actionnetwork.org/petitions/leaderssummitpetition/ unterschrieben werden kann, weisen MAPA-Aktivist:innen auf die Folgen der Klimakrise schon jetzt und die globale Ungerechtigkeit hin. Sie kritisieren, dass Treibhausgase von Importen, Verbrennung von Biomasse, internationaler Schifffahrt und Flugverkehr, sowie Militär häufig aus den Emissions-Reduktions-Zielen herausgelassen werden und die Regierungen sich ihre Ziele so schön rechnen. Außerdem warnen sie davor, dass angeblich nachhaltige Maßnahmen nicht auf einen weitere Ausbeutung und Naturzerstörung im globalen Süden beruhen dürfen. Unsere zentralen Forderungen als Fridays for Future Aktivist:innen weltweit sind daher die Förderung von fossilen Brennstoffen und die Ausbeutung von Natur, insbesondere in den am meisten betroffenen Gegenden der Welt zu beenden und jährliche, verbindliche CO2-Budgets festzulegen, die Faktoren der Gerechtigkeit und konkrete Pläne für das Erreichen von NetZero (= Ziel nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre abzugeben, als durch z. B. Wälder wieder daraus entfernt werden) beinhalten.
EU vereinbart neues Klimaziel
EU-Parlament und Kommission haben sich kurz vor dem Biden-Summit auf ein neues Ziel bei der Reduktion von Treibhausgasen geeinigt. Demnach sollen bis 2030 die CO2-Emissionen um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu senken. Das EU-Parlament hatte 60 % gefordert, konnte sich in den Verhandlungen aber nicht durchsetzen. Zudem wird in das aktuelle Ziel das CO2, dass durch sogenannte CO2-Senken, also z. B. Wälder gespeichert wird, mit eingerechnet. Dies führt dazu, dass die tatsächlichen Einsparungsziele nicht 55 %, sondern 52,8 % betragen. Außerdem sind die CO2-Senken selbst durch die Klimakrise immer mehr gefährdet. So stehen zum Beispiel Wälder durch zunehmende Trockenheit unter großen Stress und bei einem Waldbrand gerät das CO2 wieder in die Atmosphäre. Dem EU-Parlament gelang immerhin, die Anrechnung der CO2-Senken auf 225 Mio. Tonnen CO2 zu begrenzen. Laut EU-Parliamentarier:innen war die deutsche Bundesregierung an der Blockade eines ambitionierten Gesetz beteiligt. Der EU-Rat lehnte zudem eine Verpflichtung aller EU-Länder bis 2050 klimaneutral zu werden, ab. Ein Expert:innenrat soll nun die Umsetzung der Ziele begleiten und im Juni will die EU-Kommission ein Gesetzespaket vorstellen, mit dem die Ziele erreicht werden sollen. Ein Gutachten des Öko-Instituts im Auftrag des WWF zeigt, dass der Europäisches Emissionshandel stark verschärft muss, sodass klima-unfreundliche Industrie unrentabel wird.
Weltwetterorganisation: 2020 eines der drei wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen
Aktuell sind wir bei ca. 1,2 °C Erderwärmung – beängstigend nah am 1,5 °C-Limit. Im vergangenen Jahr erreichte der CO2-Gehalt in Atmosphäre, sowie der Meeresspiegelanstieg und der Ozeantemperaturen Rekordhöhe. Zwar kam 2020 das alle 3–4 Jahre auftretende Wetterphänomen La Niña vor, das für kühlere Temperaturen sorgt, doch dennoch kam es zu ungewöhnlich hohen Temperaturen, z. B. in Sibirien. Extremwetterereignisse waren sehr häufig, von Starkregen und Überschwemmungen zu heftigen Dürren und schweren Zyklonen. Betroffen waren mehr als 50 Millionen Menschen.
Die wahre K-Frage bleibt ungeklärt
Mittlerweile haben sowohl die SPD, Bündnis90/die Grünen als auch schließlich die CDU/CSU geklärt, wenn sie als Kanzler:innen-Kandidat:in für die kommende Bundestagswahl im Herbst aufstellen lassen wollen. Während wir nun also wissen, dass für die SPD Olaf Scholz, für die Grünen Annalena Barebock und die CDU/CSU Armin Laschet antreten werden, bleibt die wahre K-Frage weiterhin ungeklärt: Wann werden wir beginnen die Klimakrise konsequent zu bekämpfen und eine Politik zu machen, die im Einklang mit dem 1,5°C-Ziel steht? Bisher hat keine der Parteien, die ab September gerne das Kanzler:innenamt übernehmen möchte, ein überzeugendes Konzept für eine klimagerechte Transformation der Gesellschaft vorgelegt.
Nachhaltiger Entwicklungsindex: Deutschland ist ein Entwicklungsland
Die umstrittene Bezeichnung von Ländern des globalen Südens als sogenannte „Entwicklungsländer“ beruht auf einem Vergleich zwischen ihnen und den Industriestaaten des globalen Nordens anhand von Faktoren wie durchschnittliches Einkommen, Lebenserwartung und Bildungsstand der Bevölkerung. Weil Länder des globalen Nordens zum Beispiel ein durchschnittliches höheres Pro-Kopf-Einkommen haben, landen sie weiter oben auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen und gelten als „entwickelt“, während Länder des globalen Südens sich erst noch „entwickeln“ müssen. Das Bild ändert sich allerdings vollständig, wenn der materielle Fußabdruck und die Treibhausgasemissionen eines Landes in den Vergleich mit einbezogen werden, wie in dem Sustainable Development Index (SDI) des Anthropologen Jason Hickel. Dann findet sich Deutschland (im Index der Vereinten Nationen auf Platz 6) plötzlich auf Platz 134. Weit hinter Costa Rica, Sri Lanca, Georgien, Armenien und Albanien. Von diesen Ländern kann Deutschland also noch einiges lernen, wenn es um nachhaltige Entwicklung geht.
Nur 21 % der über 18-Jährigen in Deutschland halten das aktuelle Wirtschaftsmodell für gerecht
Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von Oxfam bei der 1001 Menschen über 18 Jahren befragt wurden, ist nur jede fünfte Person in Deutschland davon überzeugt, dass unser aktuelles Wirtschaftssystem in Deutschland sozial gerecht ist. Dagegen sind 56 % der Meinung, dass das Wirtschaftssystem umfassend reformiert werden muss. Noch mehr Menschen, nämlich eine Mehrheit von 78 % sind der Meinung, dass die Politik die Einwirkungen großer Konzerne auf die Umwelt stärker regulieren muss und 59 % finden, dass Umweltverstöße nicht ausreichend geahndet werden.
News aus der Bewegung
Die Europäische Bürger:innen-Initiative ist eine starke Möglichkeit EU-Politik zu beeinflussen, denn wenn ausreichend Unterschriften gesammelt werden, muss die Kommission sich mit den Forderungen befassen. Deshalb fordern wir mit einer solchen Initiative die Erklärung des Klimanotstands in der EU und konkrete Schritte zur Bekämpfung der Klimakrise: Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 80 % bis 2030, ein EU-Grenzausgleichsystem für CO2, keine Freihandelsabkommen mehr mit Staaten, die sich nicht an das 1,5 °C-Limit halten und kostenloses Unterrichtsmaterial für alle Mitgliedsstaaten über die Auswirkungen der Klimakrise. Bis zum 23. Juni müssen mindestens eine Million Unterschriften gesammelt werden. Also, wenn du noch nicht unterschrieben hast, mach das hier und teile die Initiative mit allen Menschen in deinem Umfeld.
Die Ortsgruppe Tübingen hat gemeinsam mit der Migrantifa for Future und in Zusammenarbeit mit anderen Ortsgruppen und befreundeten Organisationen eine Broschüre zu verschiedenen Dimensionen der Klimakrise veröffentlicht. Unter dem Titel „Überall Klima, nirgendwo Gerechtigkeit?“ erklärt das Heft auf rund 80 Seiten wie Krieg, Faschismus, Rassismus, Sexismus oder Kapitalismus mit der Klimakrise zusammenhängen und welche solidarischen Antworten es gibt. Die Broschüre kann hier entweder heruntergeladen oder als Cradle2Cradle-zertifiziertes Heft kostenlos bestellt werden. Zudem werden Lesungen und Diskussionen zu der Broschüre durchgeführt, die Programmankündigungen finden sich auf Instagram bei @ueberallklima_broschuere.
Die Ortsgruppe Düsseldorf forscht gemeinsam mit dem sozialwissenschaftlichen Institut der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts zu Fridays for Future und unserer Organisationsstruktur und Arbeitsweise. Ziel ist es die Bewegung in ihrer Vielfältigkeit besser zu verstehen und herauszufinden, was aus den Erfahrungen von Fridays for Future mitgenommen werden kann, im Hinblick darauf, wie Gruppen in der Gesellschaft besser in politische Prozesse eingebunden werden können und Bürger:innenbeteiligung gestärkt werden kann. Die Ergebnisse werden schließlich öffentlich zugänglich gemacht. Fridays for Future Aktivist:innen sind dazu aufgerufen an der ca. 10-minütigen Umfrage teilzunehmen.
„Bisher hat keine der Parteien, die ab September gerne das Kanzler:innenamt übernehmen möchte, ein überzeugendes Konzept für eine klimagerechte Transformation der Gesellschaft vorgelegt.“
Trotzdem ist keine aus FFF hervorgehende Partei mit einem Gegenentwurf in Sicht.
Wer soll das noch verstehen? Was genau ist Eure parlamentarische Hoffnung, für die Zeit nach 09/2021?
Pan Tau und Pippi Langstrumpf können Euch nicht helfen. Die gibt es nur in Büchern und Filmen.