Am Wochenende wird in Brandenburg gewählt. Vor zwei Wochen wurde in Sachsen und Thüringen gewählt. Autorin Ladina zieht Bilanz und gibt einen Ausblick.
Brandenburg muss wählen am 22. September 2024. Und es muss zukunftsgewandt wählen. Die Hoffnung, dass es schon irgendwie gehen wird reicht nicht mehr. Hat eigentlich noch nie gereicht, denn es geht um nicht weniger als die Zukunft eines Bundeslandes, einer Demokratie, einer Katastrophe in den Köpfen und eine Klimakatastrophe, die das Leben gegenwärtiger und zukünftiger Generationen gefährdet wie nie zuvor, auch wenn kaum ein Wort darüber verloren wird.
Der Blick zurück ist schockierend. In Thüringen erreichte die AfD landesweit 32,8% und reißt damit die Grenze zur Sperrminorität. Auch in Sachsen haben die Rechtsextremisten ein beängstigend hohes Ergebnis von 30,6 % eingefahren. In Brandenburg tritt mit Hans-Christoph Berndt ein gesicherter Rechtsextremist für die Partei an. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass Berndt Brandenburgs neuer Ministerpräsident wird (alle anderen Parteien haben eine Zusammenarbeit ausgeschlossen), könnte die AfD dennoch stärkste Kraft der Opposition werden.
Und an dieser Stelle steht die Frage, in was für einer Welt leben wir? Scheinbar ist es dieser Tage möglich geworden eine Taskforce Migration einzufordern, um Menschen an den Grenzen zurückzuweisen, während es jahrelang nicht möglich war rechte Kräfte aus den Landtagen hinauszuschieben. Was ist es für eine Welt, in der demokratische Parteien Rechtsextremisten nach dem Mund reden? Was ist es für eine Welt, in der sich Südosteuropa einem „Jahrhundert“-Hochwasser gegenüber sieht, in Tschechien kostete es bereits Menschenleben, während das Wahlprogramm Anti-Klimaschutz zu lauten scheint? Die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen sind eine Katastrophe und ein kollektives politisches Versagen. Die Wahl in Brandenburg steht noch aus. Es wird die letzte Landesregierung sein, die den Kohleausstieg vorziehen kann, aktiv etwas gegen die Klimakatastrophe tun und eine Perspektive der sozialen Gerechtigkeit geben muss.
Doch wagen wir einen Blick hinein in das Bundesland, auf das es nun ankommt. Brandenburg gehört zu den trockensten Gebieten Deutschlands. Es ist geprägt von Landwirtschaft, Natur und ländlichen Gegenden. Gesichert ist eine durchschnittliche Temperaturerwärmung um 1,4°C absehbar, mit drastischen Folgen. Absurderweise sind enorme Trockenheit während der fruchtbaren Jahreszeiten, wie auch Starkregenfälle mit Hochwassern während der ohnehin humideren Wintermonate gleichermaßen ein Problem. Vielleicht ist an dieser Stelle aber weniger von einem Problem zu sprechen, als von einem grundlegenden politischen Versagen. Der Kohleausstieg in Brandenburg sollte idealerweise auf 2030 vorgezogen werden. Was klingt wie ein charmantes Probeabonnement stellt die einzige Lösung dar, die es überhaupt nur geben kann. Braunkohle ist nicht irgendeiner, sondern der schmutzigste Energieträger der Welt. Das Lausitzer Revier sorgte für eine Zerlöcherung der brandenburgischen Landschaft, für die Umsiedelung von Menschen, für das Auslöschen von Dörfern. Dennoch tritt die Debatte um einen vorgezogenen Kohleausstieg immer weiter in den Hintergrund, mit Referenz auf die Arbeitsplätze, die verloren gehen würden. Ein Narrativ, das der ausgestrahlten Perspektivlosigkeit zuzuschreiben ist, mit der das Thema gehandhabt wird. Es ist zutiefst unehrlich und verwerflich die Dramatik der Situation nicht anzuerkennen und zu suggerieren ein Weiter-wie-bisher wäre möglich, während mit dreckiger Braunkohleverstromung und rückwärtsgewandten Energieträgern ein Morgen niemals möglich ist.
Dramatisch ist überdies die zweite Wahrheit, welche sich aus den Wahlen in Thüringen und Sachsen ergab. Während die CDU besonders bei Menschen der älteren Generation 70+ Zuspruch fand, so ist es vor allem die jüngere Generation, insbesondere Neuwähler:innen zwischen 19 und 24, die sich scharenweise rechtsradikalen Ideen zuzuwenden scheinen. Der Grund ist in den meisten Fällen Frustration, Angst vor der Zukunft, die Perspektivlosigkeit schlecht hin. Wer sich einmal längere Zeit in Brandenburg aufgehalten hat, den überraschen die Grundzüge dieses Gefühls nur wenig. Die meisten Dörfer sind durch Busverbindungen miteinander verknüpft, auch wenn Busverbindungen ein starkes Wort ist. Bei einem Bus alle zwei Stunden, zwei bis fünfmaligem Umsteigen, Fahrtzeiten von über eineinhalb Stunden und all das nicht nach 17 Uhr und unzuverlässig, lädt dies nicht gerade zu Luftsprüngen ein. Ein großflächiger Ausbau des ÖPNV ist die einzige mögliche Alternative zum Auto, mit dem der klimazerstörerische Individualverkehr befeuert wird und mit dem derzeit noch jede Strecke dreimal so schnell zu bewältigen ist. Optionen sind Car-Sharing Konzepte oder Rufbusse, die überdies für Arbeitsplätze sorgen könnten. Die Modelle für einen Ausbau sind keine Wolkenschlösser, sie existieren bereits. Aus diesem Grund ist rückwärtsgewandtes, rechtsextremes Gedankengut niemals die Lösung und wird auch keine Lösung bringen. Es geht um eine frustrierte junge Generation in Brandenburg, doch diese Wahl ist auch die Chance, an sie zu appellieren, eine Zukunft gemeinsam zu gestalten. Es kann nicht sein, dass wir es hinnehmen, ja, es unterstützen, dass die Klimakatastrophe aus dem Narrativ gerät, welche die Zukunft in Brandenburg mehr zerstören kann als irgendetwas anderes es jemals tun könnte.
Doch wer den Kohleausstieg vertagt, wer die Realität der Klimakatastrophe ignoriert, wer zur Vorsicht mahnt, wenn die einzig mögliche Vorsicht ein radikales Vorgehen gegen die Klimakatastrophe sein kann, der stimmt zu, dass die Seenplatte nicht mehr voll wird, dass die Flüsse austrocknen, dass Hochwasser auf den Feldern steht, dass der ländliche Raum zunehmend unbewohnbar wird, dass die Perspektiven in unerreichbare Ferne rücken, dass die nächste Generation, die Jugend in Brandenburg verkommt. Und das kann wirklich niemand wollen.
Doch mit der blauen, rechtsextremen Partei haben wir nicht begonnen, mit dieser werden wir nicht enden. Am 22.09.24 wird in Brandenburg gewählt. Es ist eine Wahl in vielerlei Hinsicht der letzten Chancen, um politische Versäumnisse auf multiplen Ebenen wieder gut zu machen. Diese Wahl kann von niemand anderem entschieden werden als von den Menschen in Brandenburg selbst, denn um die, um uns geht es. Wählen wir dafür, dass die neue Landesregierung ihre Aufgabe anerkennt und eine Perspektive für Brandenburg schafft, die nicht den letzten Strukturwandel wiederholt, sondern die erneuerbaren Energien nutzt und ein Raus aus der Kohle mit gesicherten Arbeitsplätzen und sozialer Gerechtigkeit voranbringt. Wählen wir dafür, dass Busse fahren werden, auch in den ländlichen Regionen, auch nach 17:00 Uhr. Wählen wir dafür, dass die junge Generation in Brandenburg bleiben kann und dort eine Zukunft hat. All das kann es mit rechtsextremistischem Gedankengut niemals geben. Also gehen wir wählen. Gegen die Klimakatastrophe, für die Zukunft und für radikale Ehrlichkeit.
Super hast du das Problem angesprochen Ladina ,wir dürfen nicht nachlassen das die Demokratie in unserem Land den Bach runder geht weiser so du machst es gut !
Die Energiewende muß weitergedacht werden, damit die anderen rechteren Parteien keine Gegenargumente mehr finden.
Was ist das für eine Welt in der in der eine Bundespartei der Grünen einer neoliberalen Bande namens FDP nach dem Mund reden? Die Grünen treten ein funktionierendes Klimaschutzgesetz in die Tonne, sorgen dafür, dass ein FDP-Verkehrsminister, der 3x per Gerichtsturteil zum sofortigen Handeln verpflichtet wurde, weiterhin nichts tun braucht und ein Klimaschutzminister Habeck bringt es nicht fertig einem Lindner Widerstand zu leisten, der die Grünen mit allen legalen und illegalen Mitteln bekämpft? Frau Lang tritt nach der verlorenen Wahl in Brandenburg wieder vor die Kameras und zeigt, dass sie nichts verstanden hat, gibt aber den Wählern die Schuld.