Ministerunde ohne Ministerin | COP Daily Tag 10

Die Verhandlungen in Baku gehen in die letzte Phase – und damit in die wirklich heiße. Große Themen wie Finanzen, Kohlenstoffmärkte, die Zukunft fossiler Brennstoffe und die ewige Frage, wie eigentlich der globale Temperaturanstieg zumindest gebremst werden soll, sind immer noch offen. Aber was genau passiert in den letzten Tagen der COP?

Letzte Tage der Verhandlungen

Nachdem in Woche 1 versucht wurde, möglichst auf gleiche Standpunkte zu kommen und dazu erste “Deals” geschrieben wurden, verhandeln jetzt Minister*innen. Sie sollen sich einig werden, damit die Deals dann in einer großen Abschlusserklärung zusammengefasst werden können. Bis dahin werden immer wieder Zwischenstände veröffentlicht, der nächste voraussichtlich morgen früh (21.11.).

Nach wie vor ein großer Knackpunkt: Das Ende fossiler Brennstoffe. Deren Ende wurde zwar letztes Jahr auf der COP28 beschlossen, der Weg dahin ist aber immer noch offen. Während viele europäische Staaten einen Zeitplan und feste Zusagen wollen, versuchen andere Staaten – vor allem diejenigen, die an Öl viel Geld verdienen – das Ende zu verzögern. 

Außerdem geht es um sogenannte “Carbon Markets”, also Kohlenstoffmärkte. Relativ früh wurde sich in Baku auf Qualitätsstandards für diese Märkte geeinigt, aber es ist zum Beispiel noch offen, wie der Handel verfolgt werden soll und welche Regeln zum Offenlegen von (Ver-) Käufen es geben soll. Expert*innen gehen davon aus, dass funktionierende Kohlenstoffmärkte Milliarden für Projekte zur Treibhausgasreduzierung (zum Beispiel Wiederaufforstungsprojekte) beschaffen könnten. Die größte Kritik dazu kommt von China, Brasilien, Südafrika und Indien.

Unser Lieblingsthema in diesem Jahr ist auch noch nicht fertig verhandelt: Finanzen. Zum Anfang der COP wurde ein Betrag in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar gefordert, um Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen in den am meisten betroffenen Ländern und Regionen zu finanzieren. Stand jetzt werden diese 1,3 Milliarden nicht erreicht. Bevor es aber um konkrete Beträge geht, müssen sich die Staaten erst einmal darauf einigen, wer überhaupt bezahlen muss, woher das Geld kommen soll und ab wann eine Zahlung als Klimafinanzierung gilt.

Es bleibt also spannend in Baku. Auch wenn das offizielle Ende der Klimakonferenz für Freitag geplant ist, wäre es nicht das erste Mal, dass bei einer COP überzogen wird. Vergangenes Jahr wurde etwa einen Tag länger verhandelt, davor teilweise noch länger. Denn am Ende müssen immerhin fast 200 Länder dem Abschlusspapier zustimmen.

Mehr Infos:
https://www.wiwo.de/politik/ausland/weltklimakonferenz-kampf-ums-geld-der-un-klimagipfel-steht-auf-der-kippe/30096436.html
– https://www.rte.ie/news/environment/2024/1120/1482016-cop-talks-explainer/

Gute Besserung Annalena!

Heute war eigentlich der große Auftritt von Annalena Baerbock geplant. Während Habecks Besuch vor zwei Tagen vor allem symbolischen Charakter hatte, wollte die Außenministerin heute ihr gesamtes diplomatisches Geschick in den Ring werfen, um die zähen Verhandlungen um das 1,3-Billionen Ziel voranbringen. Baerbock plante vor allem Bündnisse mit Staaten schmieden, die besonders von der Klimakrise betroffen sind. Doch heute musste die Außenministerin ihren Auftritt auf der COP krankheitsbedingt absagen. Ihr großes Plädoyer für mehr Klimagerechtigkeit und globale Kooperation wurde ihrer statt von ihrer Staatssekretärin für internationale Klimapolitik Jennifer Morgan vertreten, die seid Beginn der Klimakonferenz die deutsche Delegation leitet. 

Inhaltlich brachte die Plenarrede wenig Neues hervor. Morgan kritisierte in Vertretung für Baerbock das Gastgeberland Aserbaidschan für das die unengagierte Verhandlungsführung. Außerdem bekennt Morgan sich erneut zur Abkehr von fossilen Energien und zu den bereits von Deutschland versprochenen Geldern zur Klimafinanzierung. Deutschland möchte weiterhin ein verlässlicher Partner auf der internationalen Ebene bleiben. 

Das Baerbock gerade jetzt krank krankheitsbedingt ausfällt ist mehr als ungünstig. Nachdem die letzte Woche von den Delegationen vorverhandelt wurde, sind jetzt nämlich die Minister*innen an der Reihe, die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen. Zwar wird Baerbock mit Jennifer Morgan sehr gut vertreten, die Abwesenheit der Ministerin stärkt aber nicht unbedingt Deutschlands – durch die Regierungskrise sowieso schon angeknackste – Verhandlungsposition.

Mehr Infos: https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/cop29-baerbock-will-masterplan-vorstellen-f%C3%A4llt-aber-krankheitsbedingt-aus/ar-AA1uqNP7

Anti-Kohle Allianz AKA viel Lärm um wenig

24 Staaten und die EU haben eine Anti-Kohle Allianz gebildet. Das Ziel: den CO2-Ausstoß von Kohlestrom reduzieren. Mit dabei sind auch Länder wie Australien und Kolumbien, die eigentlich richtig viel Braunkohle exportieren. Klingt toll, ist es aber nicht unbedingt, denn es gibt jede Menge kleingedrucktes.


Zuerst einmal lassen die größten Kohlestrom-Konsumenten, China und Indien, ihren Namen in der Liste der Allinaz-Länder vermissen und auch die USA sind (surprise) dem Zusammenschluss der Staaten nicht beigetreten. Und zweitens: Die Länder, die sich zur Allianz bekennen, können trotzdem weiterhin Kohle fördern und exportieren. 

Aaaaaber immerhin sollen keine neuen Kohlekraftwerke gebaut werden oder? Fast – denn hier gibt es eine Ausnahme: Kohlekraftwerke mit “carbon capture and storage” (CCS) Technologien dürfen auch weiterhin gebaut werden. Das heißt konkret, dass neue Kohlekraftwerke einfach nur eine Technologie installiert haben sollen, die freigewordene CO2-Emissionen wieder einfängt. Die Effizienz dieser Technologien ist allerdings hochumstritten. Achso, einen genauen Zeitplan gibt es auch nicht.
So wirklich überzeugend sind die Ansätze der Anti-Kohle-Allianz nicht. 

Mehr Infos: https://www.bloomberg.com/news/articles/2024-11-20/group-of-nations-make-cop29-pledge-on-no-new-unabated-coal-power

China ist schuld?

…zumindest in Teilen an den stockenden Verhandlungen. Denn die kreisen immernoch um die Frage ob und inwiefern China und die Golfstaaten sich am globalen Klimafinanzierungsziel beteiligen sollen.

In den 1990er Jahren teilte die UN die Länder der Welt in Entwicklungsstaaten und Industrienationen ein. Das hat auch für die Beschlüsse der COP noch eine gravierende Bedeutung. Abhängig von der Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen muss ein Land nämlich entweder Geld in den großen Topf der Klimafinanzierung einzahlen oder darf sich daraus nehmen. Diese Einteilung ist aber massiv veraltet. So gehören Staaten wie China und Saudi-Arabien immer noch offiziell zu den Entwicklungsländern. Dieses Phänomen ist auch immer wieder Thema bei den Verhandlungen rund um das neue Klimafinanzierungsziel. „China und Indien können nicht in die gleiche Kategorie eingruppiert werden wie Nigeria und andere afrikanische Länder“, äußert die nigerianische Umweltministerin, Balarabe Abbas Lawal gegnüber dem Guardian. Die Umweltministerin Kolumbiens Susana Muhamad pflichtet Lawal bei und spricht sich dafür aus, dass die Kategorien geändert werden. So könne der Druck auf China erhöht werden.

Die Verhandlungen über Chinas Beitrag zum Klimafinanzierungsziel laufen auf Hochtouren. Und mitten in diese Verhandlungen platzt nun ein neuer Bericht der Webseite Carbon Brief.

Chinas historische Emissionen übersteigen derzeit die aller 27 EU-Staaten. Damit ist jetzt auch faktisch bestätigt, dass Chinas Beitrag zur globalen Erhitzung immens ist. Zwar sind die historischen Emissionen Chinas immer noch deutlich geringer als die der USA, trotzdem stößt auch Chinas jedes Jahr mehr Treibhausgase aus. 

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Der neue Bericht bringt so auch Chinas Argumentationsgerüst in Wanken, da bisher stets betont wurde, China hätte ein Recht mehr Emissionen zu verursachen, da das Land historisch nicht für die Klimakrise verantwortlich sei. So bringt der neue Bericht von Carbon Brief zumindest eine gute Sache mit sich: Chinas Begründungen nicht mit zahlen zu wollen, dürften weniger werden.

Deutschland verschlechtert sich im klimsranking

Heute wurde ein neues Klimaschutz-Ranking von unter anderem Germanwatch veröffentlicht. Es bewertet insgesamt 64 Länder sowie die Europäische Union, die gemeinsam für mehr als 90% der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind. Die Länder bekommen alle Platzierungen im Klimaschutzranking, wobei in der aktuellen Bestenliste – wie bereits in den vergangenen Jahren – die Podiumsplätze nicht vergeben werden. Die Index-Autor*innen begründen das damit, dass kein Land eine sehr gute Bewertung verdient hat.

Im Ranking sind maximal 100 Punkte möglich. Es gibt 4 Kategorien, in denen jeweils 20 bzw. 40 Punkte verdient werden können. 20 Punkte sind etwa in den Kategorien Energieverbrauch und Ausbau Erneuerbarer Energien möglich. Die schwerwiegendste Kategorie ist allerdings die, in der die Treibhausgasemissionen des jeweiligen Landes gemessen werden. Nationale und internationale Klimapolitik geben jeweils 10 Punkte. 

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Deutschland hat sich insgesamt im Index etwas verschlechtert. In der Klimapolitik sind vor allem bei Verkehr und Gebäuden keine echten Fortschritte erkennbar. Hinzu kommen ein verwässertes Klimaschutzgesetz und drohende Haushaltskürzungen, die nationale und internationale klimapolitische Fortschritte massiv erschweren könnten“, so Thea Uhlich von Germanwatch, Co-Autorin des Index.

Deutschland ist in der Rangliste von Platz 14 auf Platz 16 gerutscht. Das liegt auch daran, dass es Punkte aufgrund unzureichender Klimapolitik verloren hat. Vorne liegt, wie schon letztes Jahr, Dänemark mit 78 Punkten. Die Europäische Union (die auch einen eigenen Listenplatz bekommt) folgt direkt hinter Deutschland auf Platz 17. Am meisten verbessert hat sich Großbritannien mit einem Aufstieg von 14 Plätzen. Damit ist es einer von nur zwei G20-Staaten mit einer guten Bewertung. Der Grund für Großbritannies Ausstieg liegt in der besseren Klimapolitik des Landes. Das dürfte vor allem mit dem erst kürzlichen Regierungswechsel vollzogenen Regierungswechsel in Zusammenhang stehen. 

Das Ranking zeigt: in eigentlich allen Ländern ist noch viel zu tun, damit die Klimaziele in erreichbare Nähe rücken. Es sind noch viele ambitionierte Schritte notwendig, um die Erderwärmung auf – im besten Fall – unter 1,5°C zu begrenzen.

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