Anlässlich unseres ersten internationalen „Fridays for Future“-Streiks fand am Freitag, den 15.03.2019 im Bundestag eine Aktuelle Stunde statt. Nele fasst für euch zusammen.
Als erster Redner bezeichnete Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) die Proteste der Schüler*innen als unglaublich positives Signal. Sie seien ein Appell an die demokratischen Parteien im Bundestag, die Sorgen der jungen Generation ernst zu nehmen. Er kritisierte, dass die Bundesregierung eine Debatte über die Einhaltung der Schulpflicht angefangen hätte sowie das Angela Merkel das Engagement der Schüler*innen als gute Initiative lobe, während bei der Bundesregierung selbst keine gute Initiative erkennbar sei.
Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) lobte, dass sich die jungen Menschen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinandersetze. Dies zeige, dass es um die Jugend gut bestellt sei. Demokratie lebe vom Engagement, trotzdem gelte aber nach wie vor die Schulpflicht. Vieles sei schon lange auf dem Weg, sagte sie und verwies dabei auf die Existenz des Klimaschutzplans 2050. Desweiteren sei die Einrichtung des Klimakabinetts ein Zeichen dafür, dass es der Bundesregierung ernst sei.
Dr. Götz Frömming (AfD) bezeichnete die Regierung als schlechtes Vorbild für die Jugend, da sie es den Schüler*innen gestatten würde, gegen die Schulpflicht zu verstoßen. Er warf die Frage in den Raum, ob die Bundesregierung das Schulschwänzen der Schüler*innen auch noch gutheißen würde, wenn diese während ihrer Schulzeit PEGIDA-Demonstrationen besuchen würden. Am Ende seiner Rede sprach sich Frömming für die Aufrechterhaltung der Schulpflicht aus.
Als nächste Rednerin begrüßte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) das Engagement der häufig als so unpolitisch bezeichneten jungen Generation. Dies sei gut für unsere Demokratie. Sie bezeichnete die Schülerprotest-Bewegung als Weckruf an die Älteren und äußerte ihre Dankbarkeit darüber, dass sich die jungen Menschen für dieses wichtige Anliegen stark machen würden. “Wir können nicht auf Kosten der jungen Generationen leben”, so Schulze. Noch gebe es die Möglichkeit, den Schalter umzulegen. Es passiere bereits einiges, jedoch müsste vieles deutlich schneller erfolgen. Sie verwies auf das Klimaschutzgesetz sowie auf die am Abend zuvor beschlossene Einrichtung eines Klimakabinetts. Der Klimaschutz sei eine gemeinsame Aufgabe und die Schülerproteste sollten durch die Politik als Ansporn angesehen werden, die Klimaziele zu erreichen.
Dr. Lukas Köhler (FDP) kritisierte, dass sich der Bundestag nicht mit den Forderungen der jungen Menschen auseinandersetzen würde, sondern stattdessen vom eigentlichen Thema ablenken oder instrumentalisiert würden. Er wolle die Schüler*innen und ihr Anliegen ernst nehmen. Er quittierte Empörung seitens anderer Mitglieder des Bundestages für den Satz „Die Uhr schlägt 5 vor 12. Wenn ich darüber nachdenke, meine besten Nächte begannen um 5 vor 12“. Er beendete seine Rede damit, dass er dafür wäre, die Apokalypse gemeinsam zu lösen anstatt sie herbei zu reden.
„Ich hatte Gänsehaut“ erzählte Lorenz Gösta Beutin (Linke) als er von seinem Besuch der freitägigen „Fridays for Future“-Demonstration in Berlin berichtete. Er warf die Frage in den Raum, woran Klimaschutz bisher gescheitert sei. Immerhin wisse man doch seit über 30 Jahren von der Existenz des Klimawandels. Er betonte, dass es an dieser Stelle nicht um die Schulpflicht ginge, sondern um Demokratie und dass die Schüler*innen im Rahmen ihres Engagements sehr viel lernen würden.
Dr. Antje Weissgeber (CDU/CSU) befürwortete ebenfalls das Engagement der Schüler*innen, betonte jedoch, dass die Proteste mehr Gewicht hätten, wenn sie außerhalb der Schulzeit stattfinden würden und nannte als Beispiel dafür den Protest von Schüler*innen in ihrer Heimatstadt, welcher nach Schulschluss stattgefunden habe.
Dr. Marc Jongen (AfD) kritisierte das Verhalten der anderen Bundestagsmitglieder, insbesondere das Verhalten der Justizministerin Katharina Barley, die via Twitter die jungen Menschen ermutigt hatte, ihre Proteste fortzuführen: „Wenn man so eine Justizministerin hat, braucht man keine Rechtsbrecher mehr.“
Dr. Matthias Miersch (SPD) bezeichnete die Proteste als richtig und notwendig und sprach sich dafür aus, dass man seitens der SPD die „Transformation“ auf den Weg bringen wolle. Er bat jedoch um Verständnis für die Situation der Beschäftigten, beispielsweise in der Kohle- und Automobilbranche. „Wir können mit diesem Planeten nicht verhandeln!“, so Miersch. Man müsse jetzt beweisen, dass man Klimaschutz in der Regierung ernst nehme und regeln würde.
Bekleidet in einem grünen T-Shirt stellte sich auch Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen) hinter das Redner*innenpult und appellierte an ihre Kolleg*innen, dass es hier nicht um Parteipolitik gehe, sondern darum, ob man Antworten finde und bereit wäre, gemeinsam eine Politik der Zukunft zu machen. Man könnte von Greta Thunberg und „Fridays for Future“ lernen, dass es globale Herausforderungen gebe. Zudem bezeichnete sie die jungen Menschen als „globale Generation“. Politik könne gelingen, wenn man den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts auch mit Antworten aus dem 21. Jahrhundert begegnen würde. Die Möglichkeiten hätte man bereits, doch der Mut fehle.
Wie zuvor auch schon die Redner der AfD stellte Mario Mieruch (fraktionslos, ehemals Mitglied der AfD) die Eigenständigkeit der Schülerprotest-Bewegung in Frage und bezeichnete die Schüler wie zuvor schon seine ehemaligen Parteigenossen als von Ideologen und Organisationen instrumentalisiert. Er sprach von einer Indoktrinierung der Jugendlichen und verwies darauf, dass sich ähnliche Ereignisse in der deutschen Geschichte finden würden.
Dr. Nina Scheer (SPD) vertrat die Auffassung, dass Deutschland hinterher hinken würde und dass eine Diskrepanz zwischen Erkenntnis und Handeln liege. Sie bezeichnete den Klimawandel auch als friedenspolitische Herausforderung, da er im Zusammenhang mit einem Kampf um Ressourcen und die Menschheit stehe. Es folgte eine Rede von Sybille Benning (CDU), welche ähnliche Ansichten vertrat, wie ihre Fraktionsmitglieder zuvor auch schon. Anschließend erklärte Marja-Lisa Völlers (SPD), dass sie stolz sei auf die junge Generation, welche für ihre Zukunft auf die Straßen gehe und protestiere. Sie warf einen Blick in Richtung FDP-Fraktion und fragte „Wo ist Herr Lindner eigentlich? Ist er mal wieder als Profi unterwegs, um das Klima zu retten?“
Insgesamt deutete sich im Rahmen der aktuellen Stunde, welche durch die Partei Bündnis 90/Die Grüne initiiert wurde, sehr stark ab, dass vor allem Die Grünen, die SPD und auch die Linke den Wunsch der Schüler*innen nach konsequenterem Klimaschutz ernst nehmen. CDU/CSU und FDP kritisierten, dass die Schüler*innen während der Schulzeit demonstrierten und schienen insgesamt der Einhaltung der Schulpflicht mehr Aufmerksamkeit zu widmen, als dem tatsächlichen Anliegen der „Fridays for Future“-Aktivist*innen. Die AfD-Redner bezeichneten die Schüler*innen als instrumentalisiert und stellten ihre Motivation und ihre Selbstinitiative in Frage. Man bezog sich auf Aussagen Greta Thunbergs und thematisierte zudem ihre Asperger-Erkrankung.
Die ganze Aktuelle Stunde lässt sich zum Beispiel hier bei Phoenix auf YouTube anschauen.