Sehr geehrte Frau Merkel, Frau Schulze, Herr Altmaier, Herr Scholz, Herr Laschet, Herr Woidke, Herr Haseloff, Herr Kretschmer,
wenn in diesen Tagen über die Zukunft des Hambacher Walds und des Kohlekraftwerks in Datteln diskutiert wird, geht es vor allem auch um eins: unsere persönliche Zukunft. Die beiden Orte sind nicht weniger als die Symbole einer zerstörerischen Politik, die die Klimakrise auch nach über einem Jahr FridaysForFuture-Streiks noch immer nicht ernst nimmt.
Doch wenn über den Hambacher Wald und Datteln IV gesprochen wird, geht es um so viel mehr als nur reine Symbolpolitik: An diesen beiden Orten manifestiert sich die Aufkündigung des sogenannten “Kohlekompromisses”, der schon in seiner ursprünglichen Form eine Absage an das Pariser Klimaabkommen war. Indem der Kohle bis 2038 grünes Licht gegeben wurde, die Zukunft des Hambacher Walds unsicher blieb und die bedrohten Dörfer an den Tagebauen keine Gewissheit erhielten, taugte das Ergebnis der Kohlekommission von Anfang an nicht als gesellschaftlicher Konsens.
Der Ausstiegsplan sieht die Vernichtung von Dörfern, unzureichende Abschaltpfade, einen lächerlichen “Erhalt” des Hambacher Waldes, absurd hohe Entschädigungen an Kraftwerksbetreiber und – als wäre das nicht schon mehr als genug Schaden – zusätzlich noch die Inbetriebnahme eines neuen Kohlekraftwerks vor. Der Kohlekompromiss bedient jedoch nur finanzielle Interessen von Unternehmen auf Kosten von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit. Zudem sendet die Bundesregierung ein fatales Signal an alle anderen Staaten dieser Erde, weil sie es für vertretbar hält, im Jahr 2020 noch neue Kraftwerke ans Netz zu nehmen. All diese Entscheidungen werden getroffen, obwohl der Rückhalt in der Bevölkerung für eine zukunftsfähige Politik gerade seit dem letzten Jahr größer denn je ist. In den Tagebaugebieten Nordrhein-Westfalens wird in diesem Jahr entschieden, ob die Amtszeiten der Bundesregierung und Armin Laschets endgültig als Absage an jegliche Vernunft in die Geschichte eingehen.
Der Hambacher Wald ist für Unzählige in diesem Land ein Symbol für Protest und für Mut – aber auch für Hoffnung. Er zeigt, was die fossile Industrie in der Menschheitsgeschichte bereits angerichtet hat. Gleichzeitig kann er aber auch zu einem Wendepunkt im Kampf gegen die Klimakrise werden: An diesem Ort versammelten sich im Sommer 2018 seit Langem erstmals wieder Zehntausende, um sich gegen eine Politik zu behaupten, die wissentlich unsere Lebensgrundlagen zerstört. Diese unermüdlichen Proteste haben unter anderem auch den Grundstein für FridaysForFuture in Deutschland gelegt.
Eineinhalb Jahre später lässt die Bundesregierung keinen Zweifel daran, dass sie sich von ihrem damaligen Katastrophen-Kurs noch immer nicht abwenden möchte. Seit Dezember 2018 haben wir mit tausenden Protestaktionen jeder und jedem in diesem Land deutlich gemacht, dass eine klimapolitische 180-Grad-Wende schon längst überfällig ist. Bereits im Januar 2019 war allen klar, dass die faule Einigung der Kohlekommission diesem Richtungswechsel nicht im Ansatz gerecht wird. Die Arbeit der Mitglieder der Kommission auf Bundes- und Landesebene nun seit 12 Monaten noch systematisch zu untergraben, zeigt jedoch die volle Verantwortungslosigkeit der aktuellen Politik.
Uns allen muss bei den Entwicklungen zum Kohleausstieg klar sein: Der internationale Beitrag der Bundesrepublik zum kritischen 1,5-Grad-Ziel wird in den Tagebaugebieten dieses Landes entschieden. Der Hambacher Wald ist das Symbol des Widerstandes einer Gesellschaft gegen eine Regierung, die die Interessen der Kohleindustrie vor die der Bevölkerung stellt. Mit Datteln IV haben die Verantwortlichen nun einen zweiten solchen Ort geschaffen – und wir werden alles daran setzen, gemeinsam zu verhindern, dass dieses Kohlekraftwerk wie geplant ans Netz geht.
Kohle ist ein Energieträger ohne Zukunft, für den kein Baum mehr gefällt und kein Dorf mehr vernichtet werden darf. Seien Sie sich sicher, dass wir dafür auch in 2020 weiter kämpfen werden.
Gezeichnet
Fridays For Future Deutschland