Es ist Halbzeit auf der COP. Während der Koalitionsausschuss in Deutschland Steuererleichterungen für Flugtickets und den Ausbau von Gaskraftwerken beschießt, wird auf der anderen Seite des Globus weiter über das Klima verhandelt. Kommende Woche reisen die Minister*innen der verschiedenen Staaten an und führen die Verhandlungen fort, die diese Woche gestartet haben.
Klimastreik weltweit
Diese COP muss ein Erfolg werden! Zögerliche Klimapolitik können wir uns angesichts einer Erderwärmung von 2,8°C nicht leisten. Deshalb haben wir heute weltweit für Klimagerechtigkeit und ambitionierte Klimapolitik demonstriert. In Belém, in Berlin und an über 70 weiteren Orten in ganz Deutschland.
Mit zehntausenden Menschen sind wir auf die Straße gegangen und haben damit ein klares Zeichen für eine gerechte Klimapolitik gesetzt. Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie international Verantwortung übernimmt und Ländern des globalen Südens verlässliche finanzielle Unterstützung zusichert. Darüber hinaus muss Klimaschutz hier in Deutschland vorangetrieben werden: Wir brauchen jetzt verbindliche Ausstiegspläne aus Kohle, Öl und Gas, sowie eine deutliche Stärkung erneuerbarer Energien. Wir brauchen Nationale Klimaziele, die es erlauben die Überschreitung von 1.5 Grad Erwärmung so kurz wie möglich zu halten. Das ist die Aufgabe und Verantwortung der Regierungen in der Zeit der Klimakrise.
„Von der COP30 muss ein klares Bekenntnis zu einem verbindlichen fossilen Ausstieg ausgehen“
– Nele Evers, Fridays for Future


Fahrplan für den fossilen Ausstieg
ICJ, NDCs, TFFF – auf der Klimakonferenz schwirren unzählige Abkürzungen durch die Luft. Eine weitere lohnt es sich jedoch besonders zu merken: TAFF – kurz für “Transition away from Fossil Fuels” (auf Deutsch etwa: Abkehr von fossilen Energien). Genau diese Abkehr entwickelt sich gerade zu einem der zentralen Streitpunkte auf der COP in Belém.
Eine Koalition aus Brasilien, Kolumbien, Kenia, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Dänemark drängt darauf, einen konkreten Fahrplan für den Ausstieg aus fossilen Energien zu vereinbaren. Dass ein Fahrplan kommen soll, wurde eigentlich schon auf der COP28 in Dubai beschlossen, bislang jedoch nicht eingeführt. Am Dienstag möchte der kolumbianische Umweltminister einen Entwurf für eine „Belém Declaration on TAFF“ veröffentlichen, die genauer darlegt, wie ein solcher Fahrplan aussehen könnte.
Bis dahin versucht die Koalition, möglichst viele Länder hinter TAFF zu versammeln. Denn schon jetzt formiert sich massiver Widerstand von Staaten wie Saudi-Arabien oder Russland, die stark von der Förderung fossiler Energien profitieren.
Wie könnte das aussehen?
Wie TAFF konkret ausgestaltet wird, ist noch offen. Im Gespräch ist ein genauer Fahrplan für den Ausstieg aus fossilen Energien, möglicherweise sogar mit einem klaren Enddatum. Denkbar wäre, diesen Beschluss in einer Präambel vor dem eigentlichen Abschlusstext der COP zu verankern.
Ob es jedoch überhaupt eine Präambel geben wird und wie diese aussieht, wird bereits an anderer Stelle heiß diskutiert.
Entscheidend für die Durchschlagskraft von TAFF wird außerdem das konkrete Wording sein. Kolumbiens Entwurf für die „Belém Declaration on TAFF“ spricht von einem „gerechten, ausgewogenen und ordnungsgemäßen“ Ausstieg. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass Länder mit großer Abhängigkeit von fossilen Energien finanzielle Ausgleiche oder Ausnahmeregelungen erhalten. Damit würde der grundsätzliche Ausstiegsplan abgeschwächt. Am Ende hängt das auch davon ab, womit die Länder sich zufriedengeben, die aktuell noch Widerstand gegen TAFF leisten.
Die TAFF-Roadmap ist auf jeden Fall eine enorme Chance. Wenn sich die Staaten weltweit auf einen verbindlichen Fahrplan zum Ausstieg aus fossilen Energien einigen, wäre das ein riesiger Erfolg der COP30. Dafür müssen Brasilien und Kolumbien, die die Initiative angestoßen haben, jetzt ihr gesamtes Verhandlungsgeschick einsetzen – und Länder wie Deutschland ihr Gewicht in die Waagschale werfen –, damit TAFF nicht verwässert wird.
Lobbyisten auf der COP
Auf einer Weltklimakonferenz soll, wie der Name ja schon sagt, eigentlich viel über die Lösung der Klimakrise gesprochen werden und nach wirklichen Lösungen gesucht werden. Deshalb ist es auch super wichtig, dass Expert*innen aus den entsprechenden Bereichen da sind und alle Länder Verhandler*innen schicken, um gerechte und ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Eine Gruppe, die daran gar kein Interesse hat, sind die, die mit der Klimakrise Geld verdienen: die fossile Lobby. Aber gerade die sind dieses Jahr wieder stark vertreten.
Im vergangenen Jahr waren rund 1800 Lobbyistinnen und Lobbyisten auf der Klimakonferenz registriert, im Jahr davor sogar noch mehr. Dieses Jahr ist ihre Anzahl zwar etwas gesunken, doch prozentual ist ihr Anteil gestiegen: Etwa 1600 Vertreterinnen und Vertreter aus der Kohle-, Öl- und Gasindustrie sind diesmal vor Ort – also genau jene Lobby, die maßgeblich zur Klimakrise beiträgt und weiterhin von ihr profitiert. Die fossile Lobby kann über zwei Wege eine Akkreditierung für die COP bekommen: zum einen dürfen Handels- und Wirtschaftsverbände entsenden; als sogenannte “Beobachter” nehmen sie an der COP teil, eigentlich sind es aber “Lobbyisten” und Klimaschutzgegner. Die andere Möglichkeit ist, dass über eine Regierungsdelegation akkreditiert werden: ein Land gibt also eine Akkreditierung direkt an die fossile Lobby. Die fossile Lobby hat mit ihren 1600 Akkreditierungen mehr Leute bei der COP30 als die zehn am meisten betroffenen Länder der Klimakrise. Das ist eine Katastrophe.
Außerdem gibt es unterschiedliche Arten von Akkreditierungen, mit der sogenannten “Party Overflow” Akkreditierung kommen dieses Jahr fast 600 Lobbyisten in die engsten Verhandlungskreise. Das ist wirklich fatal: auf einer Klimakonferenz, auf der Klimaschutzmaßnahmen und der Ausstieg aus fossilen Energien verhandelt werden sollen, sitzt die fossile Lobby mit an jedem Tisch! Kein Wunder, dass Ergebnisse dann sehr schwach ausfallen.
Die Gruppe “Kick Big Polluters Out”, bei der unter anderem Greenpeace und das Climate Action Network Mitglied sind, fordert dem Einfluss der fossilen Lobby entgegenzutreten und ihnen keine große Bühne zu bieten.
Für uns ist klar: eine Klimakonferenz kann nur echte Lösungen bringen, wenn es darum geht, wie Klimaschutz umgesetzt werden kann und nicht ob. Die fossile Lobby hat kein Interesse an ambitionierten Klimaschutz und dem Einhalten des 1,5 Grad Ziels. Genau deswegen haben sie in diesen Räumen auf der Klimakonferenz nicht verloren. Statt Akkreditierungen an die fossile Lobby zu vergeben, müssen mehr indigene Gruppen und am meisten betroffene Länder Zugang zur Klimakonferenz erhalten!
Quellen:
https://www.focus.de/earth/weltklimakonferenz/cop30-weltklimakonferenz-brasilianer-kochen-vor-wut-briten-wollen-peinlich-auftritt-ungeschehen-machen_519a1f8a-2500-41e3-a3f2-fb60b38e725b.html
https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2024-11/cop29-klimakonferenz-aserbaidschan-oel-lobby
TFFF ohne UK – Deutschland lässt auf sich warten
Der TFFF (Tropical Forest Forever Facility) ist eines der Vorzeigeprojekte der COP30. Ziel ist es jedes Jahr 125 Milliarden US-Dollar für den Schutz der tropischen Regenwälder weltweit zu mobilisieren – 25 Milliarden davon aus öffentlicher Hand. Norwegen hat bereits vor einer Woche drei Milliarden US-Dollar zugesagt, und auch Großbritannien wollte ursprünglich bis zu einer Milliarde in den Fonds einzahlen. Doch nun machen die Brit*innen einen Rückzieher: Zum jetzigen Zeitpunkt will Großbritannien nicht in den Fonds einzahlen.
Das sorgt vor allem bei den Gastgebern in Brasilien für großen Ärger. Dass Großbritannien als eines der reichsten Länder der Welt nicht zum globalen Waldschutz beitragen möchte, ist verheerend und sendet ein sehr schlechtes Signal an andere potenzielle Geberländer.
Auch auf Deutschlands Beitrag zum TFFF wird weiterhin gewartet. Friedrich Merz hat in seiner Rede auf dem Leaders Summit einen „namenhaften“ deutschen Beitrag zum TFFF angekündigt, doch bislang bleibt die tatsächliche Summe weiterhin unbenannt. Jetzt, wo Großbritannien schwächelt und nächste Woche die Minister*innen für die finanziellen Verhandlungen anreisen, wäre es höchste Zeit, eine konkrete Summe zu nennen und dem TFFF damit den Rücken zu stärken. Denn Deutschland steht in der Verantwortung und muss nicht nur einen „namenhaften“, sondern einen maßgeblichen Beitrag zum TFFF leisten.
Quelle:
https://www.theguardian.com/environment/2025/nov/05/uk-opts-out-of-flagship-fund-to-protect-amazon-and-other-threatened-tropical-forests
