Offener Brief: Gasfeld auf Bo(h)rkum

Sehr geehrter Herr Minister Lies, sehr geehrter Herr Minister Meyer, sehr geehrter Herr Ministerpräsident Weil. Sehr geehrte Frau Bundesministerin Baerbock, sehr geehrter Herr Bundesminister Habeck.

Wir sind entsetzt. Es ist das Jahr 2024, die Klimakrise eskaliert spürbar, auch Niedersachsen ist immer häufiger von Hochwassern und Waldbränden betroffen. Vor weniger als einem Jahr hat sich die Weltgemeinschaft bei der Weltklimakonferenz angesichts der Klimakatastrophen für einen globalen Ausstieg aus fossilen Energien zusammengeschlossen. Und nun planen Sie, ein neues Gasfeld vor der Küste zu ermöglichen? Bei allem Respekt: In welcher Welt leben Sie?

Im niedersächsischen Koalitionsvertrag wurde sich dazu verpflichtet, schnell eine Wende hin zu erneuerbaren Energien umzusetzen, von der die Menschen vor Ort profitieren. Und Sie haben sich dazu verpflichtet, keine neuen Öl- und Gasprojekte in der Nord- und Ostsee zu genehmigen. Sie nennen sogar namentlich die Insel Borkum, die besonders geschützt werden soll. Doch genau dort wollen Sie jetzt dem Konzern ONE-Dyas neue Erdgasförderungen genehmigen und damit den Weg für Unmengen weiterer Förderung öffnen. Im Bund wurde im Koalitionsvertrag ebenfalls das Pariser Abkommen und die Wende hin zu Erneuerbaren festgehalten. All diese Zusagen unterwandern Sie jetzt. Mit Energiesicherheit hat das nichts zu tun, das vor Borkum geförderte Gas würde maximal ein Prozent des jährlichen deutschen Gasbedarfs decken. Wir fragen uns ganz ehrlich: Wie können Sie das verantworten?

Wie klimaschädlich genau das Projekt sein wird, wissen wir nicht, da Ihre Ministerien darin versagt haben, dies ordnungsgemäß zu überprüfen. Was aber schon jetzt klar ist: Die Genehmigung einer neuen Gasförderung und das Festhalten an fossilen Energien ist unvereinbar mit den Klimazielen, die sich die internationale Gemeinschaft gegeben hat. Insbesondere, da nach diesem Präzedenzfall weiter Gasfelder in der Nordsee zu erwarten sind. Die Klimakrise wird angesichts der Zunahme von Extremwetterereignissen zu einer zentralen Sicherheitsfrage geworden, auch für die Menschen in Deutschland. Niedersachsen ist durch seine Küstenlage besonders von den Folgen der Klimakrise, etwa häufiger auftretenden Sturmfluten, betroffen. Der steigende Meeresspiegel droht in den kommenden Jahrzehnten die Nordseeinseln zu überschwemmen. 

Neben Klimafolgen, sind auch massive Umweltschäden durch Gasbohrungen im Wattenmeer, sprich einem einzigartigen UNESCO-Weltnaturerbe zu erwarten. Selbst die UNESCO hat bereits gemahnt, dass die Förderung von Öl und Gas nicht mit dem Status eines UNESCO-Weltnaturerbes vereinbar ist und eine Aberkennung des Status droht. Bei ähnlichen Projekten kam es bereits zu Bodenabsenkungen, Erdbeben und Wasserverunreinigungen. Die Förderung von Erdgas steht im krassen Widerspruch zu den Schutzzielen dieser Gebiete und dem Ziel der europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, die Meeresumwelt in einen guten Zustand zu bringen. Wie können Sie es angesichts dieser brüchigen Informationslage verantworten, dass weiter Lebensgrundlagen für fossile Energieträger zerstört werden – die zudem nachweislich keinen nennenswerten Beitrag zur Energiesicherheit leisten?

Die Wahrscheinlichkeit ist wie erwähnt groß, dass es nicht bei der bisher geplanten Förderung bleiben wird. Der Konzern ONE-Dyas weist in Karten auch andere Gebiete als “weitere mögliche Förderung” aus. Mehr Umweltzerstörung, mehr fossile Energieträger sind eine Katastrophe für die Anwohner*innen, die Ökosysteme und für kommende Generationen. Die absehbaren ökologischen und wirtschaftlichen Kosten des Gasfeldes sind immens.  

Die deutsche Bundesregierung und das Land Niedersachsen müssen sich an ihre vertraglichen Verpflichtungen halten und die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen sichern. Als Fridays-for-Future-Bewegung mit vielen Verbündeten im ganzen Land werden wir nicht stumm zu gucken, wie Sie klimapolitisch, energiepolitisch und ökologisch ein solches Wahnsinns-Projekt voranbringen.

Wir fordern seit 2022 einen Stopp der Gasbohrungen vor Borkum. Noch im Juli hatte uns Umweltminister Christian Meyer in einem Gespräch zugesichert, sich aktiv gegen die Ausbeutung des Erdgases vor Borkum einzusetzen. Auch wenn ONE-Dyas bereits jetzt mit dem Aufbau der Bohrplattform beginnt, steht die für die Bohrungen notwendige Genehmigung auf deutscher Seite noch immer aus. Hier sind Sie gefragt, politische Integrität zu beweisen.

Es liegt jetzt bei Ihnen, Ihre Rechtsaufsicht wahrzunehmen, die notwendigen Genehmigungen für den Bau an ONE-Dyas zu blockieren und ernsthafte Verantwortung für nachhaltige Energiesicherheit und Klimaschutz zu übernehmen! 

Wir appellieren an Sie: Beenden Sie den Alptraum einer nahenden Gasförderung vor der Insel Borkum!

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