Altkreis Halle, den 24. April 2020
Vorwort
Diese Forderungen richten sich an alle Stadträte und alle derzeitigen sowie zukünftigen Bürgermeister*innen im Altkreis Halle, d.h. Halle Westfalen, Borgholzhausen, Versmold, Werther Westfalen und Steinhagen. Als überparteiliche Bewegung sprechen wir hiermit jede Partei undjede*n Vertreter*in einer Partei sowie parteilose Abgeordnete der Stadträte im Altkreis Halle an.
Die Klimakrise stellt die größte Bedrohung für Menschheit und Ökosysteme im 21. Jahrhundert dar.
Bis 2019 hat sich die Erde laut Weltklimarat (IPCC) im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um circa ein Grad Celsius erwärmt und dieser Prozess beschleunigt sich weiter. Die aus dem Klimawandel resultierenden Folgen, wie die Häufung extremer Wetterereignisse und das Artensterben, stellen bereits heute eine reale Bedrohung für uns alle dar. Während wir auf die Kipppunkte des Klimawandels zusteuern, sind wir die ersten, die die Folgen der Erderwärmung spüren und gleichzeitig auch die letzten, die ihn aufhalten können.
Mit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens haben sich fast alle Länder dazu verpflichtet, die Erderwärmung bei deutlich unter 2 Grad zu stoppen und Anstrengungen zu unternehmen, das 1,5°-Ziel zu erreichen – so auch Deutschland. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen seitdem immer deutlicher, welche dramatischen Folgen das Überschreiten von 1,5 Grad Erwärmung für uns und unseren Planeten hätte.
Es herrscht ein breiter wissenschaftlicher Konsens zu der konkreten Bedrohung durch die globalen Veränderungen und die Dringlichkeit zu schnellem Handeln. Deshalb sehen wir als Fridays For Future Altkreis Halle die konsequente Umsetzung der bundesweiten Forderungen von Fridays For Future als essenziell an. Wir betonen, dass gerade auch Kommunalpolitiker*innen die Einhaltung dieser Grenze und die Umsetzung der Forderungen auf allen politischen Ebenen mit größter Entschlossenheit vorantreiben müssen.
Um die Klimakatastrophe zu verhindern, erfordert es insbesondere auch auf Kommunalebene weitreichende Veränderungen sowie die Ausrichtung aller städtischen Sektoren auf Nachhaltigkeit. Ein nachhaltiger Umgang mit unserem Planeten und den Ökosystemen muss Teil unserer Gesellschaft, unserer Kultur und unserer Wirtschaft werden.
Daher fordern wir alle Entscheidungsträger im Altkreis Halle auf, deutliche Maßnahmen zu ergreifen, die in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaft erarbeitet und als effektiv und zielführend anerkannt sind, um den Klimawandel zu stoppen und die Lebensgrundlage künftiger Generationen nach Artikel 20a GG zu schützen.
Gliederung
- Allgemeines
- Verwaltung
- Energie
- Mobilität
- Natur
- Abfallvermeidung & Ressourceneinsparung
- Wirtschaft
- Landwirtschaft
- Baugewerbe
Allgemeines
Die Stadt verringert ihre CO2 Emissionen bis spätestens zum Jahr 2035 auf Nettonull, strebt jedoch einen früheren Zeitpunkt (zum Beispiel 2030) an, um als Vorbild voranzugehen.
Um dieses Ziel zu erreichen, findet die Stadt geeignete und ausreichende Maßnahmen und stellt notwendige finanzielle Mittel zum Klimaschutz und zur Reaktion auf die Folgen der Erderwärmung bereit.
Sie prüft bei jeder Entscheidung des Rates die Auswirkungen auf das Klima sowie die Umwelt und lässt die Ergebnisse in die Entscheidungsfindung einfließen. Wenn der Entschluss negative Auswirkungen auf das Klima hat, muss ein klimaneutraler Lösungsvorschlag erarbeitet sowie umgesetzt werden.
Die Zusammenarbeit in klimapolitischen Fragen im Altkreis Halle wird gefördert und unterstützt. Eine Unterstützung anderer Kommunen wird nicht ausgeschlossen. Die Beteiligung an nationalen sowie internationalen Initiativen und Bündnissen zum Klimaschutz wird auf ihre Zweckmäßigkeit für die Stadt und den Altkreis geprüft.
Um einen Überblick über den Stand der Klimaschutzmaßnahmen zu erhalten, erstellt und veröffentlicht die Stadt einmalig einen Gesamtbericht über alle bereits vorgenommenen Maßnahmen und legt den Stand der Umsetzung bezüglich des Klima- sowie Umweltschutzes aus allen Bereichen der Stadtverwaltung dar.
Daraufhin erstellt die Stadt halbjährlich einen Bericht über den Stand der Maßnahmen und kommuniziert diesen in ausreichendem Maße mit den Bürger*innen. Zudem werden Bürger*innen umfassend über Möglichkeiten zum Klimaschutz und zur Ressourceneinsparung sowie Abfallreduktion aufgeklärt.
Verwaltung
In der Verwaltung werden neben der Stelle des Klimaschutzmanagers*in weitere Stellen im Verwaltungsbereich Klimaschutz eingerichtet, um dem steigenden Bedarf zur Prüfung, Erarbeitung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen gerecht zu werden.
Alle Druckerzeugnisse der Stadt und aller Bereiche und Institutionen in ihrem Einflussbereich sind ab sofort Umwelt- und klimaneutral zu drucken. Die verwendeten Webhoster müssen mit Strom aus Erneuerbaren Energien betrieben werden.
Die Stadt und alle öffentlichen Unternehmen steigen aus Investitionen in fossile und nukleare Energie aus. Auch das städtische Kapital wird nur von Banken verwaltet, welche keine Investitionen in fossile und nukleare Energie tätigen.
Energie
Die Stadt fördert den Ausbau von erneuerbaren Energien ambitioniert sowohl im städtischen als auch im privaten und gewerblichen Bereich. Es wird dabei das Ziel verfolgt, den Altkreis Halle auf allen Ebenen spätestens bis zum Jahr 2035 zu einer 100% – Erneuerbare – Energien – Region zu machen.
Ab sofort werden alle öffentlichen Gebäude ausschließlich mit Ökostrom betrieben und möglichst schnell wird die maximal mögliche Kapazität an Photovoltaikanlagen installiert.
Die öffentliche Beleuchtung wird auf LED-Leuchtmittel unter Vermeidung von Lichtverschmutzung umgerüstet.
Den Stadtwerken werden genügend Mittel zur Verfügung gestellt, um weiteren Ökostrom
herzustellen und aus überschüssiger Energie Gas herstellen zu können (Power to X).
Auch andere Möglichkeiten, Energie im Verbrauchssektor einzusparen, wie Fernwärmekonzepte
oder Kraft-Wärme Kopplung, werden gefördert sowie ausgebaut. Privathaushalte werden dabei unterstützt, auf klimafreundliche Energieversorgung umzusteigen und erneuerbare Stromerzeugung nach ihren Möglichkeiten zu installieren sowie auszubauen.
Der Wasserverbrauch von Industrie und Stadt wird durch strenge Auflagen auf ein Minimum begrenzt. Wasser muss so effektiv wie möglich genutzt und nach Möglichkeit in Kreislaufsystemen verwendet und wieder aufbereitet werden.
Mobilität
Bei der Verkehrsplanung wird klimaschädlicher Verkehr wie der motorisierte Individualverkehr benachteiligt und auf umweltfreundlichen Verkehr gesetzt.
Das bedeutet, dass der ÖPNV inner- und außerhalb des städtischen Bereichs ausgebaut und massiv vergünstigt werden muss, um eine intensivere Nutzung attraktiv zu machen.
Zudem wird die Fahrradinfrastruktur ausgebaut, was die Einrichtung von sicheren und ausreichend vielen Fahrradstellplätzen, den Ausbau und die Pflege von Radwegen sowie Fahrradstraßen und weitere Maßnahmen, wie zum Beispiel den möglichst kostenlosen Verleih von Lastenrädern, um Einkäufe etc. zu tätigen, bedeutet.
Der städtische Fuhrpark wird möglichst klimaneutral betrieben und auf klimaneutrale Alternativen umgestellt.
Natur
Die Flächenversiegelung wird auf ein Minimum verringert und ungenutzte Flächen werden entsiegelt.
Grünflächen und Parkanlagen werden naturnah und ökologisch ausgebaut und vergrößert und das Anpflanzen von Obst und Gemüse auf öffentlichen Grünflächen gefördert.
Wälder werden geschützt und aufgeforstet. Die Waldwirtschaft wird auf ein Minimum begrenzt, um vorhandene Wälder als CO2-Speicher zu erhalten. Es werden bei Aufforstung und Neupflanzungen widerstandsfähige Baumarten mit einem hohen CO2-Speicherpotenzial gewählt, um Waldsterben als Folge von Dürren entgegenzuwirken. Dabei wird darauf geachtet, das Ökosystem Wald zu wahren. Auf lange Sicht wird ein Klimaanpassungskonzept erstellt und mit anderen Kommunen im Altkreis Halle abgestimmt.
Abfallvermeidung & Ressourceneinsparung
In allen in ihrem Einflussbereich stehenden Institutionen vermeidet die Stadt Abfall und geht mit Ressourcen achtsam sowie sparsam um.
In die gaststättenrechtliche Erlaubnis bei Festveranstaltungen wird das Mehrweggebot aufgenommen. Zudem wird ein Verbot von Luftballonen bei öffentlichen städtischen Veranstaltungen erwirkt. Auch private Feuerwerke sollten schnellstmöglich verboten werden, um zusätzliche Emissions- sowie Feinstaubbelastungen zu verhindern. Alternativ ist ein eingeschränktes zentrales städtisches Feuerwerk sinnvoll.
Um Bürger*innen die Abfallvermeidung beim Einkaufen zu erleichtern, werden Läden für unverpackte Lebensmittel angeregt und gefördert.
Wirtschaft
Die Stadt knüpft die Förderung von Unternehmen an einen verbindlichen Klimaschutzplan des Unternehmens, der die Erreichung der Klimaneutralität bis 2035 beinhaltet. Zusätzlich sollen besonders effektive, innovative Klimaschutzprojekte von Unternehmen nach unabhängiger Prüfung durch die Stadt gefördert werden.
Landwirtschaft
Die Stadt erkennt ihre Rolle beim Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, der Verarbeitung und der Nachfrage von bio-regionalen Lebensmitteln an. Die Stadt unterstützt die Erhöhung der ökologischen Landwirtschaft auf 30% bis 2030. Dafür schafft Sie eine Personalstelle und fördert aktiv ein besseres Vernetzen der regionalen Bio-Branche. Zudem werden neu erworbene Flächen nur noch an Bio-Landwirt*innen verpachtet.
Die Stadt fördert die Verpflegung mit regionalen und saisonalen Bio-Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen, der Gastronomie, bei Veranstaltungen und auf regionalen Märkten.
Baugewerbe
Bauunternehmen müssen ihre Einhaltung der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) belegen und eine CO2-Bilanzierung bei der Planung von Neubauten und baulichen Veränderungen vorlegen. Dies wird von den Behörden umfangreich geprüft und bei Nichteinhaltung werden die Bauunternehmen in die Pflicht genommen.
Darüber hinaus fördert die Stadt den Einsatz von nachhaltigen Werkstoffen wie naturnah und heimisch produzierten Werkstoffen, sowohl im Bebauungsplan als auch durch Anreizmaßnahmen und eine Planstelle zur Förderung des nachhaltigen Bauens. Es wird veranlassen, dass Neubauten als Plusenergiehäuser gebaut und mit erneuerbaren Energien versorgt werden.
Die Stadt veranlasst eine regelmäßige Prüfung leerstehender Gebäude auf ihr Potenzial für neue Nutzung. Durch Bauvorschriften stellt sie sicher, dass eine flexible Umnutzung möglich ist.
WIR STREIKEN, BIS IHR HANDELT!
Fridays for Future Altkreis Halle | Kontakt: altkreishalle[at]fridaysforfuture.de