Rügen for Future – vom Protest gegen Flüssiggas

Vor der Ostseeinsel Rügen sollen Flüssiggas-Terminals im großen Stil gebaut werden. „Brückentechnologie“ nennt die Bundesregierung das. „Leider nicht geil“, sagen Anwohner*innen und Umweltschützer*innen. Aber was ist da eigentlich los? Ein Ortsbesuch.

Die Sonne scheint, also ab zum Strand. Die Reisegruppe aus Berlin, Greifswald und Rostock könnte diesen Eindruck erwecken. Wären da nicht diese merkwürdigen Accessoires: Schilder und Schaufeln. Auch wenn uns die Sonne mehr als willkommen ist, handelt es sich nicht um einen Urlaubsausflug. Es geht darum, den Protest gegen das geplante LNG-Terminal, das größte, fossile Projekt Europas, zu unterstützen. Dieses soll nach dem Willen der Bundesregierung an der Küste Rügens entstehen.

Nach leichter Verspätung erreichen wir das Ostseebad Binz. Der Zeitplan ist straff organisiert. Zuerst gibt es einen Austausch der angereisten Fridays for Future-Gruppen mit den Rüganer*innen, die schon seit Monaten gegen das Terminal ankämpfen. Es sind Menschen von Fridays for Future Rügen und vor allem der Bürger*inneninitiative Lebenswertes Rügen, die sich bereits seit Jahren für eine Regionalentwicklung im Sinne der Inselbewohner*innen einsetzt. Dabei ist allen klar, dass was hier geschehen soll, weit mehr als ein lokales Problem ist.

Das LNG-Chaos der Bundesregierung ist keine Strategie zur Versorgungssicherheit, sondern nur ein weiterer Bruch mit den Klimazielen, bei dem neue Abhängigkeiten entstehen. Werden alle geplanten Projekte verwirklicht, entstehen massive Überkapazitäten. So könnte mehr Gas importiert werden als zuvor über die Nord Stream-Pipelines lief. Erdgas bleibt aber ein fossiler Energieträger. Die Energien sind nach wie vor hauptverantwortlich für die Klimakrise. Dazu kommt, dass die Ausbeutung des Erdgas über Fracking in Amerika eine der umweltschädlichsten Formen fossiler Energiegewinnung darstellt. Außerdem führen uns diesen neugeschaffenen Strukturen in einen Gas Lock-in, da sie sich erst durch lange Nutzung rentieren. Alternativ, für den Fall, dass die Bundesregierung ihre Klimaziele doch einhalten möchte, handelt es sich um stranded assets (also sogenannte gestrandete Investitionen), da Strukturen geschaffen werden, die mittelfristig überflüssig sind. Das Problem geht also weit über die Ostseeinsel hinaus. Trotzdem geht es bei dem Austausch vor allem um die Perspektiven der Menschen vor Ort. Über deren Köpfe hinweg dieses Projekt beschlossen wurde. Zu LNG hat man hier nur eines zu sagen: “Leider Nicht Geil”. Eine echte Energiewende muss die Menschen mitnehmen, die Transformation gemeinschaftlich gestalten, anstatt ungefragt Großprojekte vor die Tür zu setzen.

Nach dem Gespräch geht es an den Strand wo Vertreter*innen von Fridays for Future und der Bürger*inneninitiative Statements abgeben. Von der Seebrücke schauen interessierte Tourist*innen zu. Aus dem Interview-Gewusel heraus beginnen wir endlich die mitgebrachten Werkzeuge zu nutzen. Im Sand entsteht aus gemeinschaftlicher Anstrengung der mehrere Meter große Schriftzug: “LNG STOP! Rügen For Future”. Kreativer Protest der motiviert und stärkt.

Und die Kraft wird gebraucht. Ursprünglich sollte der Bau des Terminals Mitte Mai beginnen. Ursprünglich sollte RWE das Terminal bauen. Beides ist nun vom Tisch. Die Bundesregierung hält trotzdem weiter an den Plänen fest. Für die Menschen auf Rügen bedeutet das: weiterkämpfen. Deshalb wird am 07.05.23 die nächste Demonstration in Binz stattfinden. Für uns bedeutet das, diesen Kampf zu unterstützen, wo wir nur können. Ob auf Rügen oder in Berlin, wo am 08.05. der Petitionsauschuss zur Petition gegen die Aufnahme Rügens ins LNG-Beschleunigungsgesetz tagt. Auch danach wird es weitergehen. Wir erleben aktuell ein Wiederaufflammen fossiler Industrie. Mit der Erzählung von vermeintlicher Energiesicherheit jagt ein neues Großprojekt das nächste. Dabei ist klar, von der Lausitz nach Rügen, echte Sicherheit und Freiheit gibt es nur erneuerbar.

Deshalb lasst uns gemeinsam diese Zukunft gestalten und uns den alten und neuen Fossilien in den Weg stellen. Gelegenheit dazu gibt es am Sonntag ab 11:00 Uhr auf dem Binzer Kurplatz auf Rügen oder Montag ab 11:00 Uhr vorm Kanzleramt in Berlin. Wir sehen uns auf der Straße.

Mehr Infos zum Widerstand gegen LNG auf Rügen und alles rund um die geplanten Aktionen gibt es auf der Website der Initiative.


Fiedje

Ich bin Fiedje, von Fridays for Future Greifswald, mache gerad meinen Bachelor in Umweltnaturwissenschaften und bin seit 2019 bei Fridays for Future aktiv. Da ich aus Lubmin komme, begleitet mich das Thema Nord Stream und LNG nun schon seit einigen Jahren.

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6 Gedanken zu “Rügen for Future – vom Protest gegen Flüssiggas

  1. Sehr gute Initiative. Ich stimme dem zu und bedauere auch, dass alternative Vorschläge in den Schubladen verschwinden und der Nutzungswille von fossilen Energien so wieder in den Vordergrund gedrängt wird. Ich will das nicht und werde dies auch nicht unterstützen.
    Erneuerbare Energien müssen her und nichts anderes! Punkt.

  2. Ich bin absolut gegen die Planung eines Terminals für Flüssiggas oder das dreckige Gas der Amerikaner.
    Das muss gestoppt werden. Es gibt andere umweltfreundliche Technik. Sie müssen sie nur nutzen wollen.

  3. Liebe Aktivisten.
    Ich möchte mich für euren hervorragenden Einsatz bedanken. Es ist wirklich bewundernswert und vieles wäre längst nicht so weit, wenn es euch nicht geben würde.
    Ganz lieben Dank

  4. Solidarische Grüße an alle die gegen die Zerstörung der Küste und damit einen wichtigen Teil unserer Lebensgrundlagen kämpfen. Macht weiter, denn schon dass die Pläne vorerst vom Tisch sind, zeigt, dass Widerstand nicht nur notwendig ist, sondrn auch Früchte trägt! Denn fossile Energieträger sind wirklich unzeitgemäß und dienen einzig und allein dazu, auf Kosten von uns allen aus Geld mehr Geld zu machen. Erneuerbare Energien decken hingegen nicht nur den wirklichen Bedarf nach Strom, sondern sind auch die günstigste Art der Stromerzeugung.

  5. Hätte die deutsche Energiewirtschaft schon vor dreißig, vierzig Jahren konsequent damit begonnen, auf erneuerbare Energien umzusteigen, statt, wie gewohnt und dem Zwang des Profitmachens folgend, die erneuerbaren Energien lächerlich zu machen und Pläne, die der Kohle – und Atomlobby nicht in den Kram passten, in Schubladen verschwinden zu lassen, würden diese heute den Energiebedarf sehr wohl zu 100 Prozent decken. Außerdem entstehen massive Überkapazitäten, würden alle Flüssiggaspläne verwirklicht, die zudem über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden werden. Es müssten weder Maschinen stillgelegt noch Maschinen abgestellt werden, wie die fossile Lobby immer behauptet. Das ist Fakt, egal welcher den ermahnenden Papi spielende Verteidiger der fossilen Rückwärtsgewandtheit das Gegenteil behaupten mag. Bekanntlich werden Fakten aber besonders von Konservativen andauernd mit Halbwahrheiten zugeschüttet, mit Lügen totgeprügelt und, wenn das nicht hilft, als Ideologie abgetan. Deshalb gilt erst recht: Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien. Deshalb war übrigens auch der wenigstens in Deutschland erfolgte Atomausstieg ein erster Schritt in die richtige Richtung.

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