Banken, Berichte, Bundestagswahl – Wochen 32-37


Mehr als genug ist geschehen in den letzten nunmehr sechs Wochen. Gutes, schlechtes, unerhörtes, unangenehmes – Sophia und Jonathan fassen es im Klimaupdate zusammen, das nun auch wieder regelmäßiger erscheint…

Die Banken und das Klima

Am 13.8. protestierten in Frankfurt über 70 Fridays for Future-Ortsgruppen aus ganz Deutschland gemeinsam im Bankenviertel gegen die Investitionen von deutschen Banken in fossile Energien. Das Motto der Aktionen war „Our future is not for sale“ und dies appellierte an die deutschen Banken in Erneubare Energien zu investieren anstatt in fossile Energien. „Der Finanzsektor investiert immer noch Milliarden in fossile Energien wie Kohle und Gas und verkauft damit unsere Zukunft“, sagt dazu Paul Brandes, Pressesprecher der Frankfurter Ortsgruppe. Und damit hat er recht, wie ein aktueller Bericht der US-amerikanischen NGO Oil Change International zeigt: Keine der zwölf darin untersuchten Zentralbanken verschiedener Länder erfüllt auch nur ein Kriterium zur Einhaltung der Pariser Klimaziele.

Der IPCC und die Krise

Anfang August veröffentlichte das IPCC, der Weltklimarat, neue Zahlen. Diese sind erschreckend, zeigen sie doch, dass die globalen Klimaziele schon bald um Meilen verfehlt werden könnten. Die 1,5°C-Grenze etwa könnte schon in neun Jahren überschritten werden – deutlich früher als angenommen und mit katastrophalen Folgen für das Klima und den Planeten, wie etwa nie dagewesenen Extremwetterereignissen. Aber die Autor*innen des neuen Sachstandberichts sagen auch: „Wir sollten nicht glauben, dass es zu spät ist. Im Gegenteil: Jedes Zehntelgrad zählt“. Noch ist nicht jede Hoffnung verloren – doch ambitioniertere Maßnahmen denn je sind von Nöten. Und diese Maßnahmen sind nicht vereinbar mit dem deutschen viel zu späten Kohleausstieg bis 2038. Denn: Die in Deutschland verbleibenden Kohlekraftwerke sind dabei, im Alleingang mehr als 70% unseres gesamten restlichen CO2-Budgets zur Einhaltung von 1,5°C aufzubrauchen. Eine Studie dazu von Greenpeace macht einmal mehr deutlich, wie wichtig ein politischer Kohleausstieg bis spätestens 2030 ist. Untermalt wird diese Studie auch von der Tatsache, dass Deutschlands Treibhausgasausstoß um 47 Millionen Tonnen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum angestiegen ist. Mit diesem höchsten Anstieg  des Ausstoßes seit 30 Jahren werden selbst die von der Regierung selbst gesteckten und viel zu unambitionierten Klimaziele verfehlt… Und das, obwohl ein geleakter Entwurf des nächsten IPCC-Berichts naheliegt, dass so wenig Zeit wie nie ist. Schon in den nächsten vier Jahren müssten die Emissionen ihren Höhepunkt erreicht haben, dürften also ab dann unter keinen Umständen mehr steigen, sonst könne die 1,5°C-Grenze nicht eingehalten werden. Und damit nicht genug: Ein weiterer Bericht der UN erklärt, dass die Welt schon jetzt auf mindestens 2,7°C Erderhitzung zusteuert. Das kostet uns einen massive Verlust von Menschenleben und Lebensgrundlagen, so der UN-Generalsekretär Guterres. Und „die Gesamtzahlen der Treibhausgasemissionen bewegen sich in die falsche Richtung“, betont auch UN-Klimachefin Patricia Espinosa.

Die Bundestagswahl des Schreckens

Wenn man dieser Tage die Nachrichten sieht, könnte man glauben, die führenden Politiker*innen des Landes – und vor allem sogar die Kanzler-Kandidat*innen – hätten grundlegende Aspekte der Klimakrise nicht verstanden. Der SPD-Kanzlerkandidat Scholz lehnt einen früheren Kohleausstieg ab und verabschiedet sich so offensichtlich vom 1,5°C-Ziel. Sein Konkurrent muss zugeben, sich inmitten der wichtigsten Zeit der Ausarbeitung des Kohleaussitegs mit Vertretern von RWE im Geheimen getroffen zu haben. Dass also fossile Großkonzerne den Kohleausstieg maßgeblich mitgestaltet haben, liegt nahe und untermauert den Eindruck, Laschet halte die Interessen von fossilen Klimazerstörern für wichtiger als die der Bürger*innen seines eigenen Bundeslands. Baerbock hingegen nannte einen vorgezogenen Kohle-Ausstieg bis 2030 „absolute Priorität“ und eine zentrale Voraussetzung für Koalitionsverhandlungen – obwohl keine der demokratischen Parteien in ihrem Wahlprogramm einen realistischen Plan zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze präsentiert. Eine ernsthafte Debatte über die Klimapolitik findet im Wahlkampf offensichtlich kaum statt. Das findet auch Stefan Rahmstorf, der in einem Gastbeitrag auf Spiegel Online nochmals betont: „Wir [starten] jetzt in die klimapolitisch wichtigste Legislaturperiode.“ Immerhin hat der Youtuber Rezo eine ganze neue Video-Reihe herausgebracht, in der er gut zusammenfasst, was aktuell in der Politik so falsch läuft. Sehr sehenswert – unbedingt auch in die Wahlentscheidung einfließen lassen.

Gesundheit, liebe Klimakrise. 

Gesunde Menschen gibt es nur auf einem gesunden Planeten, das wird dieser Tage immer wieder deutlich. Weltweit sterben durch Luftverschmutzungen Milliarden Menschen früher – mehr als durch Rauchen, Autounfälle oder HIV/Aids. Das Land Indien ist hierbei am stärksten betroffen. Dort stirbt der Durchschnittsbürger aufgrund der Luftverschmutzung sechs Jahre früher. China reduzierte zwar die Luftverschmutzung in den letzten sieben Jahren, dennoch verkürzte die Lebenserwartung der Menschen dort immer noch um 2,6 Jahre. Aber nicht nur physisch, auch psychisch leiden Menschen unter der Klimakrise. Rund 60 Prozent der jungen Menschen haben wegen der Klimakrise Zukunftsängste, 45 Prozent der Befragten sind dadurch auch im Alltag beeinträchtigt. Das fand eine internationale Studie heraus, in der 10.000 Jugendliche zwischen 16-25 Jahren in zehn Ländern befragt wurden. Die Wissenschaftler*innen kamen außerdem zu dem Schluss, dass diejenigen jungen Menschen die größten Sorgen vor der Klimakrise haben, die aus Ländern kommen, in denen wenig oder nichts gegen die Klimakrise unternommen wird.

Laschet lass es

Ja, der Kanzlerkandidat der Union hat in der letzten Zeit so viele Negativ-Schlagzeilen bekommen, dass er eine eigene Rubrik verdient. Und nicht nur das: auch einen ganzen Streik. Laschet beteuerte einmal, er wolle Deutschland so wie das Land regieren, in dem er Ministerpräsident ist. Dass alles, nur das nicht, geschehen darf, war auch den Fridays for Future-Aktivist*innen aus Nordrhein-Westfahlen sofort klar. Die haben deshalb einen ganzen, sehr erfolgreichen Aktionstag organisiert, um zu sagen: „Nicht so regieren, wie in NRW, bitte!“ Wie recht sie damit haben, wird immer weiter und nicht zuletzt durch sein politisches Versagen in der Flutkatastrophe deutlich. Auch viele andere seiner Entscheidungen waren schlicht falsch oder sogar rechtswidrig. So hat das Oberverwaltungsgericht Münster den Standort des erst im letzten Jahr eröffneten Krisenkraftwerks DattelnIV für ungültig erklärt. Und nicht viel später erklärte das Kölner Verwaltungsgericht: die Räumung des Hambacher Forstes, in Folge derer sogar ein Mensch gestorben ist, war rechtswidrig – Laschet habe die Argumente selbst konstruiert und sie seien nichtig.

Und sonst so in der Welt

Hups, viel von Klimaschutz geredet, aber nichts passiert. Das wird deutlich, wenn die Maßnahmen der einzelnen Staaten gegen die Klimakrise betrachtet werden: Keiner der G20-Staaten hat Klimaziele, die zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze ausreichen. Eigentlich absurd, denn es sollte doch offensichtlich sein, dass noch teurer als Klimaschutz nur kein Klimaschutz ist. Neueste Berechnungen kommen hier sogar auf Zahlen, die nahelegen, dass die Kosten der Klimakrise in den kommenden Jahrzehnten rund sechs mal höher sein werden, als angenommen. Erzkonservativen ist das aber natürlich egal, sie lassen sich nicht mit Argumenten überzeugen. Sie wollen stattdessen verhindern, dass sie für ihre klimazerstörerischen Machenschaften zur Rechenschaft gezogen werden. Kein Scherz: Die Lobbyorganisation CDU-Wirtschaftsrat fordert ein Verbot von Klimaschutzklagen gegen Konzerne…

Klima? Krise!

Flut, Flut und noch mehr Flut: In einer Schnellstudie haben Forscher:innen einen klaren Zusammenhang zwischen der Flutkatastrophen in Westdeutschland und der Klimakrise gefunden. Sie bestätigen, was Aktivist*innen schon lange sagen. Die Klimakrise ist im hier und jetzt angekommen. Sie ist real, auch bei uns in Deutschland. Deutlich wird das auch in der Betrachtung der aktuellen Wetterdaten: Der Sommer 2021 war der heißeste in Europa seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Durchschnittstemperatur lag fast ein Grad über der Durchschnittstemperatur der letzten 30 Jahre und bereitete den Weg für Hitzewellen und Waldbrände in den Ländern in der Mittelmeerregion. Und dieser Trend setzt sich fort und führt besonders zu Fluten und Bränden, wie eine Satellitenkarte der NASA zeigt.

In Bewegung

Die IAA war ein Erfolg – vor allem für ihre Gegner*innen. Über mehrere Tage zogen die Demonstrant:innen in München mit friedlichen Blockaden die Aufmerksamkeit auf ihre Kritik an der Veranstaltung auf sich. Mehrere tausende Menschen aus ganz Deutschland schlossen sich den friedlichen Protesten an. Nicht zum Wohlgefallen der Polizei, die mit Brutalität, Pfefferspray und Hundertschaften gegen die Aktivist*innen vorging.

Der globale Klimastreik wird dafür ein voller Erfolg. Mehr als 470 Aktionen in ganz Deutschland und über 1700 Streiks auf der ganzen Welt sind angekündigt, darunter auch ein Streik mit Greta Thunberg in Berlin. Zwei Tage vor der Bundestagswahl machen die Aktivist*innen auf die unzureichenden Pläne der Parteien und die Versäumnisse der amtierenden Regierungen aufmerksam. Das wird krass!

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