Heißer Krieg, kalte Krise – Klima-Update Woche 8&10

Während in Deutschland Politik und Medien über einen möglichen Weltkrieg diskutiert, schafft die Klimakrise andernorts erneut Tatsachen. Warum das fatal ist, erfahrt ihr im Wochenbericht zusammengefasst von Manuel.

Überschwemmungen in Australien
Weitgehend unbemerkt ereigneten sich im Schatten des Angriffs auf die Ukraine in Australien die schlimmsten Überschwemmungen seit 500 Jahren. Mittlerweile sprechen Politiker*innen in Australien von einer Jahrtausendkatstrophe

Der Grund dessen besteht in dem Zusammentreffen des natürlichen Phänomens „La Nina“ mit der Klimakrise. „La Nina“ (spanisch für: „die kleine Schwester“) ist das Gegenstück zu „El Nino“ („dem Christkind“), der Erwärmung des Ozeans an den amerikanischen Küsten und steht mit diesem Phänomen in Wechselwirkung. „La Nina“ bezeichnet die Erwärmung des australischen Ozeans. Dies geschieht durch die Verlagerung warmer Wasserschichten im Südpazifik nach Westen – weg von den amerikanischen Kontinenten hin zu dem asiatischen und/oder australischen Kontinent. Hierdurch kommt es zu Niederschlägen in Australien und/oder Asien. Die Klimakrise bewirkt die Zunahme der Erwärmung der Ozeane, was die Niederschläge, die „El Nina“ mit sich bringt, verstärkt. 

Das hatte in Australien vor allem für die Bundestaaten Queensland und New South Wales verheerende Folgen. In Brisbane, der Hauptstadt des Bundestaats Queensland, fielen 80% der Jahresniederschläge. Mindestens 15.000 Häuser wurden überschwemmt. In New South Wales rief die Regierung den Notstand aus. In Lismore stieg ein lokaler Fluss um 14 Meter an. Mindestens 3000 Häuser wurden hierdurch überschwemmt. Menschen schlugen Löcher in ihre Dächer, um aus ihren Häusern zu entkommen. In Sidney mussten 40.000 Menschen evakuiert werden. Ingesamt starben 20 Menschen. Viele Menschen haben alles verloren. 

Waldbrände in Südkorea… 
In Südkorea wüten Waldbrände. 159 Wohnhäuser und 146 andere Gebäude wurden zerstört. 6200 Menschen mussten zeitweise evakuiert werden. Die Brände bedrohten ein Atomkraftwerk und eine Produktionsstätte für Flüssiggas. Starke Winde und die derzeitige Trockenheit in Südkorea erschwerten die Löscharbeiten. In Südkorea soll der Klimawandel dreimal schneller voraschreiten als in anderen Staaten. 

…und in Florida
Auch auf dem amerikanischen Kontinent brannte es. Betroffen waren Gebiete mit einer Größe von 3600 Hektar und 340 Hektar.  1.100 Häuser mussten geräumt werden. Die Brände ereigneten sich vor dem Beginn der Brandsaison. Expert*innen rechnen deswegen mit einer schweren Brandsaison. Die Entstehung und Ausweitung der Brände könnte durch die Schäden, die der Hurrikan „Michael“ vor vier Jahren anrichtete, begünstigt werden. Dieser hinterließ 72 Millionen Tonnen zerstörter Bäume, die weitere Brände auslösen oder als Brennmaterial dienen könnten. 

Run in den Kipppunkt
Eine weitere Katastrophe setzt sich am Amazonasregenwald fort. Die Abholzung des Amazonasregenwalds erreichte Rekordniveau und der Amazonasregenwald steht vor dem Kipppunkt. Dies geht aus einer Studie hervor, die in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht wurde. Drei Viertel des Regenwaldes habe die Fähigkeit verloren, sich selbst zu regenieren,  etwa nach Bränden oder Dürren.

Damit kommt  der Amazonas dem Kipppunkt näher. Wird dieser erreicht, so verwandelt sich das größte Regenwaldsystem der Erde in Savannen- oder Wüstengebiete. Der rechtsextreme brasilianische Präsident Bolsonaro und die Abholzungspraxis zeigen sich hiervon unbeindruckt. Die Entrechtung der Bewohner*innen des Amazonas und die Abholzung gehen weiter. Im Februar erreichte die Abholzung mit einer Fläche von 199 Quadratkilometern erneut einen Höchstwert

Bolsonaro nutzt nun auch den russischen Angriff in der Ukraine als Vorwand für die Abholzung. Wegen des Angriffs und der Sanktionen könne es zu einem Mangel an Dünger kommen. Dieser lasse sich durch den Abbau von Kalium in Brasilien beheben. Die Verabschiedung eines Gesetzesentwurf aus dem Jahr 2020 soll nach Bolsonaro dieser Entrechtung und Ausbeutung dienen.

Mediales und politisches Sonderverhalten – Ernst der Klimakatstrophe nicht erkannt?
Der IPCC-Bericht und die Geschehnisse in Australien, Korea und den USA und Brasilien zeigen erneut die Macht der Klimakastrophe und die Dringlichkeit zu handeln. Eine Antwort der Medien und Politik hierauf blieb bislang aus. Weder gab es Sondersendungen oder Talkshows im öffentlichen-rechtlichen Fernsehen zu den Überschwemmungen noch folgen der fortdauernden Entrechtung, Ausbeutung und Abholzung Sanktionen gegen Bolsonaro oder sein Umfeld. Schon gar nicht wird darüber nachgedacht, die Regionen und Völker, die von der Klimakrise am stärksten betroffen sind und am wenigsten zu dieser beigetragen haben, endlich ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung erhalten. 

Investitionen in Klimagerechtigkeit, d.h. eine Klimaschutzpolitik verbunden mit einer sozialen und globalen Gerechtigkeitspolitik, wurden immer wieder zurückgewiesen mit der Behauptung, dazu sei nun mal leider kein Geld da. Umso mehr überrascht und verwundert die plötzliche Ankündigung, 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung ausgeben zu wollen. Das Geld scheint also doch plötzlich da zu sein, zumindest die Möglichkeit der Kreditaufnahme ohne Rücksicht auf die Schuldenbremse, wenn es um das Thema Verteidigung geht. Hierzu greift die Politik auf den Trick des „Sondervermögens“ zurück. Damit soll der aktuelle Zustand  der Bundeswehr und deren Aufrüstung zu einer Art Ausnahmezustand erklärt werden, der Investitionen in Millardenhöhe an der Schuldenbrese vorbei ermöglichen soll.  Ein Feuerwerk, das Lobbyist*innen der Rüstungsindustrie feiern.

Unabhängig von der Frage, wie sinnvoll eine Aufrüstung sein mag, stellen sich zwei Fragen:

Erstens: warum soll eine jahrzehntelange Sparpolitik verbunden mit der Duldung von Bürokratie und Korruption plötzlich eine außergewöhnliche Notsituation begründen? Hierin spiegelt sich einzig der Normalzustand eines politischen Handels wider, das man im Nachhinein aufgrund der geänderten politischen Meinung der Öffentlichkeit und der Regierung nunmehr als fehlerhaft ansehen mag.

Zweitens: Warum wird bei der Klimakatastrophe nicht endlich mit dem gleichen Maßstab gemessen und nicht alles Menschenmögliche gemacht, um diese zu bekämpfen? Die Klimakatastrophe ist sowohl mit Naturkatastrophen verbunden, als auch eine außergewöhnliche Notsituation, da die Zeit zu handeln fast nicht mehr gegeben ist und jedes weitere Zögern die Existenzgrundlage von Milliarden Menschen zerstören kann. Ein Sondervermögen von 100 Milliarden zur Bekämpfung der Klimakrise oder zur Abmilderung, damit die am stärksten betroffenen Regionen und Menschen sich gegen ihre Folgen schützen können, wäre nicht nur überfällig sondern auch gerecht. Und im Interesse der Sicherheit und der Friedenssicherung. 

Die Klimakrise könnte, das muss in aller Deutlichkeit geschrieben werden, mit einem enormen Risiko für die Sicherheit und den Weltfrieden einhergehen, da sie Konflikte weltweit verschärfen oder auslösen könnte. Seitens des UN-Flüchtlingsrats wird damit gerechnet, dass die Klimakatastrohe allein bis 2050 die Lebensgrundlage von bis zu 44 Millionen Menschen zerstören könnte, im schlimmsten Fall sogar von über 216 Millionen Menschen. 

Die Einrichtung eines Sondervermögen für eine menschenwürdige Migrationspolitik oder milliardenschwere Investitionsprogramme für den Klimaschutz oder die Bewältigung der Folgen der Klimakrise wären daher ebenso gerechtfertigt, wie ratsam. Insbesondere, damit Politik und Medien nicht später behaupten müssen, sie seien von den Ereignissen „überrascht“ worden. 

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