Schöner Reden

Eine Kommentar von Manuel zur Hart-Aber-Fair-Talkshow am 02.11.21

Es gibt Momente, da führt die Verfolgung von Nachrichten und Talkshows zu einem großen Maß an Ohnmacht. Etwa, wenn eine Bundeskanzlerin am Ende ihrer Amtszeit auf der COP dazu aufruft, mehr für den Klimaschutz zu tun und sich von den Medien oder Politiker*innen beklatschen lässt. Hatte sie nicht 16 Jahre Zeit um Klimaschutz zu machen? Was wurde in dieser Zeit getan? Beim Klimaschutzgesetz, so selbst das Bundesverfassungsgericht, jedenfalls nicht genug. Oder wenn eine Klimaschutzaktivisti*in zusammen mit einer Poltiker*in der Grünen eine mehr als eine halbe Stunde versucht, gegen Ignoranz und Falschbehauptungen ihrer Gesprächspartner*innen zu argumentieren. Dass der Moderator sich dieser Ignoranz mit dem Schlusswort mit dem Tenor „Klimaschutz werde für die Bürger teuer“ anschließt, macht die Sache nicht besser, sondern schlimmer. Erstens sollte eine moderierende Person neutral sein. Und zweitens ist offenbar noch längst nicht allen klar, wie ernst die Lage eigentlich ist. Wer meint, mit  schönen Sonntagsreden und Diskussionen und ein bisschen Marktfreiheit sei eine Art „Klimaschutz light“ möglich, der eine der größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte abwenden und Millionen Menschen retten soll, der_die ist so naiv, wie ein*e Person bei der Feuerwehr, die glaubt, es sei möglich mit dem Inhalt eines Wasserglases ein brennendes Hochhaus oder eine ganze Stadt zu löschen. Und wer glaubt, die COP26 können noch Paris retten, der irrt ebenfalls gewaltig. Es ist Zeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen und diese zu benennen. Tatsachen statt schöner reden. 

3,0 oder mehr Grad statt 1,5 Grad Erwärmung 

Die traurige Wahrheit ist: Paris ist gescheitert, bevor die COP26 begonnen hat. Die beste Absichtserklärung wird nicht verhindern können, dass das 1,5 Grad Ziel verfehlt werden wird. Nach dem Globalen CO2-Rechner des MCC beträgt das globale CO2-Bugdet bei konstantem Bugdet noch etwa 400 Gigatonnnen CO2. Bei konstantem Verbrauch wird dieses in weniger als acht Jahren aufgebraucht sein. Es ist naiv zu glauben, dass die Staatengemeinschaft sich auf der COP26 auf einen ehrgeizigeren Klimaschutz einigen wird, mit dem Ziel oder der Absicht, dass die Welt bis 2030 klimaneutral werden soll und bis 2030 die notwendigen Maßnahmen ergreifen und umsetzen wird. Von Klimagerechtigkeit ganz zu schweigen. Dass China und Russland der Ansicht sind, Klimaneutralität müsse erst 2060 erreicht werden, das heißt 30 Jahre nach Aufbrauch des globalen CO2-Bugdets, trägt zur Zielerreichung nicht bei. Doch, wer vorwurfsvoll auf China und Russland verweisen möchte, und diese allein verantwortlich machen möchte, muss auf die historische Verantwortung und Versäumnisse der europäischen Staaten aufmerksam gemacht werden. Ein Kohleausstieg, der 2038 oder sogar 2030 erfolgen soll, wird zur Einhaltung des 1,5 Grad Ziels nichts mehr beitragen können. Im Klartext: Paris wird bereits deutlich vor 2030 verfehlt werden. Stattdessen steuert die Welt derzeit auf 2,7 Grad Erwärmung zu. Damit wird das 1,5 Grad-Ziel sogar fast doppelt verfehlt werden. Da der CO2-Ausstoß derzeit eher steigen als sinken dürfte und Kipppunkte bereits im Bereich des Umkippens sind, ist eine künftige drastische und sich selbst erzeugende Beschleunigung des Klimawandels mit dem Erreichen von drei bis fünf Grad Erwärmung nicht mehr absurd, sondern als reale Möglichkeit ins Auge zu fassen, mit der wir rechnen müssen.

Enteignung und Vertreibung im großen Stil

Wir müssen bei der derzeitigen Entwicklung damit rechnen, dass der Meerespiegel nicht nur auf drei Meter, sondern auf bis zu zehn Meter (oder noch höher) steigen könnte. Mit einem Anstieg des Meerespiegels um zehn bis 20 Meter müssen wie aufgrund der derzeitigen CO2-Konzentrationen rechnen. Diese sind so hoch wie seit drei bis Millionen Jahren nicht mehr. Damals stand der Meerespiegel zehn bis 20 Meter höher.

Ein Blick auf die Simulationen von Floodmaps zeigt, was der Anstieg des Meerespiegels von nur neun Metern bedeutet: 

  • Bremen (680.130 Einwohner*innen), Bremerhaven (117.118 Einwohner*innen), Hamburg (1.847.253 Einwohner*innen) und Oldenburg (170.381 Einwohner*innen) sind betroffen. Von östlicher Seite werden Teile Brandenburgs betroffen. Dies sind mehr als 2,8 Millionen Menschen nur in den Städten.
  • Die Niederlanden, Heimat von 17,44 Millionen Menschen, werden zum größten Teilen nicht mehr existieren. 
  • England wird Teile Londons verlieren. Die berühmte Universitätsstadt Cambridge, derzeit 50 Meilen von der Küste entfernt, wird zur Küstenstadt. Stiege der Meeresspiegel weiter, so ginge sie als Nächstes unter. Ein bestehendes Atomkraftwerk und ein geplantes Atomkraftwerk an der Ostküste in der Grafschaft Suffolk würden ebenfalls überschwemmt werden. Erkennen die Verantwortlichen diese Gefahr zu spät, so könnte die nächste Kernschmelze in England stattfinden – nur 180 Kilometer südöstlich von London –  das Fukushima Europas. 
  • Italien wird Pisa verlieren, Ostia, den Hafen Roms, den Flughafen Roms und Venedig.
  • In den USA werden an der Ostsküste New York, Philapdelphia , Alexandria und Washington D.C. von Überschwemmungen bedroht sein. An der Westküste San Francisco und Sacramento. 
  • Die Millionenmetroplen an der chinesischen Küste werden untergehen. Um Hong Kong bräuchte nicht mehr gestritten werden – diese Stadt existierte nicht mehr. Das Meer reichte an der Ostküste hunderte Kilometer in das Land hinein – bis in den Großraum Pekings. 
  • Große Teile Bangladesch, dort leben 166 Millionen Menschen, verschwänden von der Landkarte. 
  • Kambodscha, Heimat von 17 Millionen Menschen,  ebenfalls. 
  • In Ägypten würde das Nildelta, dort leben (Stand 2014) 87 Millionen Menschen, bis kurz vor Kairo überschwemmt. Stiege der Meerespiegel auf 20 Meter an, so würden große Teile Kairos untergehen.

Das bedeutet eine Enteignung , Zerstörung und Vertreibung im großen Stil: Grundstücke, Dörfer, Städte, Bundesländer, Staaten, Heimaten, Gotteshäuser- und Kulturstätten sowie Produktionsstätten werden unwiderbringlich zerstört. Uns muss klar werden: Keine Klage und keine wütenden Bürgerprotest werden diese Entwicklung stoppen können. Naturgesetze lassen sich nicht durch Gerichtsentscheidungen stoppen und nicht von Protesten beeindrucken. Zu wünschen wäre, dass die Politik dies endlich offen ansprechen würde. Den Mut hat, öffentlich zu sagen, dass der Wohlstand von hunderten Millionen Menschen, darunter auch Millionen Menschen in Deutschland, gefährdet ist. Dass dies ihre vollständige Enteignung, der unwiderrufliche Verlust ihres Zuhauses und ihrer Heimat bedeutet. Was die Politik macht, um dies zu verhindern. Derzeit handelt die Politik nicht ausreichend, sondern flüchtet sich, unterstützt von konservativen Medien, in Scheindebatten und Sonntagsreden. Die Simulationen auf Floodmaps kann jede Person im Internet ansehen. Und dabei sehen, wie schrittweise Hamburg, das Ruhrgebiet unter dem Meerespiegel liegen werden-  und beim Abschmelzen aller Eisschilde und Gletscher, ganz Norddeutschland mitsamt Berlin.

250 Millionen Klima-Geflüchtete – wohin sollen sie gehen?

Nach der Weltbank soll der Klimawandel allein bis 2050 die Existenzgrundlage von 200 Millionen Menschen zerstören. Auf die Frage, wie eine humanitäre Krise derartige Ausmaßes zu bewältigen sein soll, hat die Politik bis heute keine konkrete Antwort gegeben und keinen konkreten Lösungsvorschlag genannt. Zum Vergleich: Im Juni 2021 gab es 82,4 Millionen geflüchtete Menschen, die meisten davon Binnen-Geflüchtete, 40,2 Millionen. 4,1 Millionen Menschen waren Asylsuchende . Europa hat im Jahr 2015 zwei Millionen Geflüchtete aufgenommen, Deutschland davon 890.000 Menschen. Damals schrieben konservative Verlage über den Untergang des Abendlandes, moralische Selbstüberschätzung sowie die Selbstaufgabe der EU und zogen Vergleiche mit dem Untergang des römischen Reiches (vgl. hierzu https://www.ft.com/content/659694fe-9440-11e5-b190-291e94b77c8f#axzz3sfSuDBbg ; https://www.faz.net/aktuell/politik/staat-und-recht/untergang-des-roemischen-reichs-das-ende-der-alten-ordnung-14024912.html ). 

Es war möglich, viele Menschen in diesem Land so zu manipulieren und aufzuhetzen, dass Ausschreitungen gegen geflüchtete Menschen möglich wurden, völkische Parteien in den Bundestag und die Landtage der Bundesrepublik einziehen konnten und die Zahl der Straftaten gegen Unterkünfte von geflüchteten Menschen in den Jahren 2015 und 2016 sprunghaft um 2000 Straftaten anstieg . 

Es stellt sich die Frage, wie unsere Politik und Gesellschaft auf die etwa vierfach so große Anzahl an weltweiten Klima-Geflüchtete reagieren möchten. Das Hochziehen von Grenzen oder die Abschiebung in sogenannte, angeblich „sichere Herkunftstaaten“, die per Gesetz festgelegt werden und die Berufung auf die Dublin-III-Verordnung, die in der EU gelten würde, wird nicht mehr funktionieren. Die stärksten Grenzen gegen Geflüchtete werden irgendwann fallen. Entweder, weil sie nicht verteidigt werden können, insbesondere, weil die verantwortlichen Menschen nicht den Willen haben werden, im entscheidenden Moment zu der Verteidigung der Grenze ein sinnloses menschenverachtendes Massaker anzurichten. Die Berufung auf das Dublin-III-System wird auch deswegen scheitern, da die EU selbst Millionen Binnen-Geflüchtete haben wird, auf welche die Dublin-Verordnung nicht anwendbar sein wird und Staaten, die untergehen oder unbewohnbar sein werden, keine Menschen aufnehmen werden können. Alleine in Deutschland werden 2,8 Millionen Menschen durch den Meeresspiegelanstieg ihre Existenzgrundlage verlieren. In den Niederlanden leben mehr als 17 Millionen Menschen.

Eine Lösung oder Antwort auf diese Fragen hat die Politik nicht. Die in der Rhetorik oft beschworene  Fluchtursachenbekämpfung könnte nur jetzt sofort erfolgen. Beginnt sie erst 2030 oder später, kommt sie eindeutig zu spät. Die Fluchtursache ist der Klimawandel. Ihre Bekämpfung kann nur die konsequente Klimagerechtigkeitspolitik sein. Diese wird bis jetzt nicht ausreichend gemacht.

Wasser- und Hitzetod Kaliforniens

Die Perle des Westens, Kalifornien, wird in den Küstenstädte von Überschwemmungen betroffen sein und im Übrigen von Dürren. Schon von 2013 bis 2020 gab es eine klimawandelbedingte Dürre, welche die Versorgungssicherheit und Stromerzeugung beeinträchtigte. Die Dürre erlebt derzeit eine Neuauflage. Es wird nicht die letzte bleiben. 

Krieg und Terrorismus werden auch uns betreffen

Es wird zu regionalen bewaffneten Konflikten um bewohnbares und bebaures Land, Trinkwasser und Nahrungsmitteln kommen und bestehende Konflikte werden aus diesem Grund eskalieren. Die internationalen Konflikte werden dann nicht nur aus geopolitischen oder wirtschaftspolitschen Interessen geführt werden, sondern auch aus dem Interesse um die Existenzgrundlage von Menschen. Da dieses nicht verhandelbar sein wird -der Verhandlungsgegenstand ist das Recht auf Leben!- wird es deswegen von den Betroffenen erbittert verteidigt werden müssen. Die Konflikte werden soziale Spannungen in Staaten auslösen, die sich zunächst in Bürgerkriegen oder bürgerkriegsähnlichen Konflikten entladen werden und später grenzüberschreitend geführt werden. 

Terrororganisationen weltweit werden diese Situation ausnutzen. Sie werden hierbei gleich mehrfach profitieren: Die politische Instabilität von Staaten und die Finanzierung durch die verschiedensten Kriegsparteien wird ihnen die Möglichkeit geben, sich weiter aufzurüsten und die Kontrolle über große Teile von Staaten übernehmen zu können. Der Terrorismus wird uns weiterhin im Griff haben, schlimmer als je zuvor. 

Dass dies kein Science-Fiction-Szenario ist, zeigen bereits die Konflikte in Syrien und Mali. In beiden Staaten trug der Klimawandel zur Eskalation bei. Die politische Instabilität nutzten zwei Terrorganisationen aus. In Syrien die Terrorganisation Daesh, in Mali die Terrororganisation Boko Haram. 

Die klimawandelbedingte Verschärfung der nächsten Konflikte ist bereits absehbar: In Afghanistan und im Iran herrschen historische Dürren. Der Irak, der Iran, Syrien und die Türkei streiten um das Wasser von Euphrat und Tigris und setzen dies zudem als Kriegsmittel ein. Ägypten führt vergleichbare Konflikte mit den Nachbarländern. Ein weiterer Konfliktpunkt wird das Wasser des Ganges sein.

Aber, was geht mich an? – Ich bin nicht betroffen und fliege dann halt in den Urlaub

Wer glaubt, man könne als Bewohner*in Deutschlands weiterhin vor dem Klimawandel und dessen Folgen die Augen verschließen, da die Probleme in weiter Ferne lägen, oder wenn der Klimawandel Deutschland betrifft, in den Urlaub fliehen bzw. fliegen, der irrt gewaltig. Der Klimawandel betrifft sowohl Deutschland, als auch den Urlaub der deutschen Bevölkerung. Mehrere Beispiele zeigen dies:

  • Deutschland wird von Hitzwellen, Überschwemmungen (z.B. wie im Ahrtal) und Dürren betroffen werden.  Mit der Verlagerung der Küstenlinie in das Inland dürften nicht nur Millionen Menschen ihre Heimat verlieren, sondern sich auch die Sturmfluten intensivieren, die ihre Energie aus dem Meer erlangen.
  • Im Jahr 2018 gab es in Deutschland 20.000 Hitzetote. Deutschland ist in diesem Bereich trauriger Spitzenreiter: Es liegt weltweit an dritter Stelle. Künftig soll es weltweit 100.000 Hitzetote pro Jahr geben – den größten Teil hiervon in Deutschland und Europa.  
  • Wenn Autobahnen wegen Überschwemmung gesperrt werden müssen, sind diese nicht nutzbar. Auch wenn es dort kein Tempolimit gibt.
  • Mit den Klimawandelfolgen, mit Hitzewellen und Überschwemmungen, kommt als mittelbare Folge die Gefahr der Ausbreitung von (Infektions-)krankheiten. 

Das anschaulichste Beispiel, dass wir uns nicht dem Klimawandel entziehen oder diesen ignorieren können, ist deswegen die Coronapandemie. 

Weltweit starben 5 Millionen Menschen an Corona. In Deutschland mehr als 95.000 Menschen. Infektionsschutzmaßnahmen führten zu einem Lockdown, ließen die Wirtschaft einbrechen und schränkten unsere Freiheit massiv ein.  

Die Ursache der Coranapandemie könnte nach einer Studie des Potsdamer Institus für Klimafolgenforschung der Klimawandel sein. Dieser habe zur Vegetationsveränderung in der Provinz Yunnan geführt, die zum rasanten Wachstum von Fledermauspopulationen führte. So seien 100 neue Arten von Coronaviren in die Region gekommen.  So wurde „der wahrscheinliche Urspungsort von SARS-CoV-2“ zu einem „Hotspot für Coronaviren“.  

Weitere Beispiele sind die tropischen Krankheiten Dengue-Fieber, das Zika-Virus oder das Chikungunya-Virus oder Westnil-Virus, die bereits in Europa und Deutschland angekommen sind, da der Klimawandel es tropischen Stechmücken ermöglicht, hier zu überleben und sich zu vermehren. 

Auch der Flug in den Urlaub ermöglicht es nicht, den Klimawandelfolgen zu entfliehen: 

  • Die als Urlaubsorte beliebten Küstenorte und Strände Frankreichs, Italiens, Spaniens, Griechenlands und der Türkei sind von dem steigenden Meerespiegel betroffen. Andernorts wird es brennen. 
  • Und bei einem Lockdown aus Infektionsschutzgründen könnte die Reisemöglichkeit eingeschränkt sein. Oder die Urlaubsfreude am Zielort schnell genommen sein. 

Aber unser Wohlstand… 

Dass Klimaschutz unseren Wohlstand gefährden soll oder zur Inflation führen soll, ist ein Argument, welches Menschen, die den Klimaschutz verhindern wollen, gerne vorbringen. Dieses Argument ist jedoch falsch. So berechnete das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) nach einem Bericht des Handelsblatts im Jahr 2007, dass die Schäden, die der Klimawandel nur bis 2050 anrichten soll, Deutschland 800 Milliarden Euro kosten soll.  Zum Vergleich: Der sogenannte Rettungsschirm, der in der Eurokrise geschaffen wurde, der Europäische Stabuilitätsmechsanismus (ESM) umfasst 700 Milliarden Euro. 

Derzeit geht man davon aus, dass der Kosten des Klimawandels bis zu achtmal höher liegen sollen, als bisher angenommen . Überschwemmungen und Stürme könnten das Wirtschaftswachstum für die betroffenen Staaten um ein Jahrzehnt oder länger dämpfen. Die Tötung von Menschen durch Unwetter führt zum Fehlen von Arbeitskräften. Die Zerstörung von Produktionsstätten führt zur Unmöglichkeit der Produktion. Die Folge sind Lieferengpässe. Beides schadet unserem Wohlstand nachhaltig – entweder direkt am Produktionsstandort oder durch die Behinderung der Produktion durch Versorgungsengpässe oder durch resultierende steigende Preise.

Hinzu kommt: Die fossile Industrie wird von den Steuerzahler*innen mit Milliarden Euro subventioniert: Nach einer Studie der Heinrich Böll Stiftung aus dem Jahr 2015 kostet in Deutschland die Subventionierung fossiler Energie 3,7 Milliarden Euro Steuergeld pro Jahr. EU-weit sind es zehn Milliarden Euro. Von 1970 bis 2007 sollen EU-weit 380 Milliarden Euro Steuergelder an Steuergeldern für die  Kohleinindustrie ausgegeben worden sein. Nach Oxfam beläuft sich der Gesamtbetrag der G20-Staaten zur Förderung fossiler Energien auf 420 Milliarden Euro – dreimal soviel wie die MAPA-Staaten zur Abwehr der Klimawandelfolgen benötigten (Stand 2015: 140 Milliarden Euro). Deutschland investitiert dreimal so viel in die fossile Industrie als in Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Und viermal mehr als in erneuerbare Energien.

Eine sozialgerecht gestaltete Energiewende, ist durchaus möglich – wenn es den politischen Wille dafür gibt. Dieser fehlte unter der Politik der CDU/CSU jedoch. Der Spiegel zeigt dies am Beispiel der EEG-Umlage auf. Rechtliche Unklarheiten der EEG-Umlage ermöglichten es der deutschen Großindustrie (u.a. Bayer und Mannesmann), Modelle zu entwickeln, um zu Lasten der Verbraucher*innen die EEG-Umlage zu sparen. Die EEG-Umlage sieht grundsätzlich die Umlagepflicht für alle Stromkund*innen vor. Eine Ausnahme sind die Eigenverbraucher*innen. Die Großindustrie entwickelte Modelle, welche die Berufung auf diese Ausnahme des Eigenverbrauchs ermöglichen sollten. So wurden Kraftwerke teilweise gepachtet und weiterverpachtet (sog. Scheibenpachtmodelle). Diese Modelle stuften Gerichte teilweise als rechtswidrig ein. Als Klagen auf Zahlung der Bundesnetzagentur gegen die Großindustrie drohten, intervenierte diese bei der Politik mit dem altbekannten Argument der Standortschließung. Der ehemalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) setzte sich persönlich dafür ein, den rechtlichen Graubereichts zugunsten der Großindustrie zu regeln: So wurde versucht, das Handeln nachträglich zu legalisieren. Beschäftigte des Ministeriums hatten zwar verfassungsrechtliche Bedenken, konnten sich jedoch gegen die Altmeier nicht durchsetzen. Der Schaden für die Verbraucher*innen beträgt 10-12 Milliarden Euro. Auch die Koalitionsparteien möchten nach einem Bericht des Spiegel an der sog. „Amnestie“ festhalten. Einzig die Grünen prüfen, ob es möglich ist, diese Regelung zu ändern.

Ein weiteres Beispiel sind die derzeit hohen Öl- und Gaspreise. Diese sind Folge der Abhängigkeit von Exporten fossiler Energien. So nutzen russische Unternehmen die Möglichkeit, durch die Steuerung von Angebot und Nachfrage die Öl- und Gaspreise mitzugestalten, um machtpolitische Interessen durchzusetzen und einen rechtswidrigen Betrieb der Gaspipeline Nordstream 2 zu erzwingen. Eine schnellere Energiewende reduzierte die Abhängigkeit von den Exportstaaten fossiler Energien – die auch nicht immer demokratische Staaten sind. 

Hinzu kommt, dass die Weltwirtschaft sich auf erneuerbare Energien und eine Mobilitätswende konzentrieren wird. Wenn nicht aus Klimagerechtigkeitsgründen, so wenigstens aus Gründen des Wettbewerbs. Jene Bereich gelten als lukrative Marktlücke. Diese Entwicklung durch Festhalten an Verbrennern oder fossilen Energien nicht wahrnehmen zu wollen, hängte den Wirtschaftsstandort Deutschland von dem weltweiten technischen Fortschritt und der Weltwirtschaft ab und schadete Deutschland als Produktionsstandort nachhaltig. Das wird über kurz oder lang zu Lasten des Wohlstands in diesem Land gehen.

Die klimagerechte Transformation im Energiebereich, die Mobilitätswende und Agrarwende kämen hingegen Verbraucher*innen wie Beschäftigten zugute: Schritte, mit denen diese Verbesserung sofort erreicht werden könnten, wären: 

  • Beendigung aller Subventionen für fossile Energie
  • Ausbau der erneuerbaren Energien 
  • bei sozialgerechten und klimagerechten Arbeitsbedingungen und Produktionsbedingungen auf der gesamten Lieferkette, insbesondere bei der Gewinnung der Rohstoffe
  • Lösung der Konflikte in Bürgerdialogen, Rückgriff auf Lösungen der Erdverkabelung
  • Schaffung von Speicherkapazitäten 
  • Schaffung von finanziellen und steuerlichen Anreizen für Privatpersonen zur Eigen- und Fremderzeugung von Strom (dezentrale Kraftwerke)
  • Schaffung von finanziellen und steuerlichen Anreizen für Privatpersonen für Investitionen in Sanierungen und Photvoltaik
  • gerechte Aufteilung auf Vermieter und Mieter (Umlageverbot, Höchstmaß der Beteiligung, Verbot der Berücksichtigung im Rahmen der Mieterhöhung oder durch einseitiges Kündigungsrecht) durch Vermieter
  • Modelle der (anteiligen) öffentlichen Finanzierung durch zinslose Darlehen oder Darlehen mit niedrigen Zinsen oder Zuwendungen bei Privatpersonen
  • Ausbau und Umstellung des ÖPV auf erneuerbare Antriebe, um den Individualverkehr zu reduzieren und Einführung des kostenlosen öffentlichen Verkehrs
  • Erhöhung der Zuverlässigkeit, Dichte, Attraktivität und Flexibilität des Angebots
  • Vorgaben einer zumutbaren maximalen Reisedauer
  • Verpflichtung zur Bereitstellung eines Mindestangebots der Reisemöglichkeit, grds. 24/7 Angebot in Städten, Metropolen und im Fernverkehr
  • Schaffung zumutbarer und barrierefreier Reise-, Umstiege- und Wartemöglichkeit, insbesondere Einhaltung von Hygienestandards
  • Ausweitung  der Fahrgastrechte bei Verspätungen oder Zugausfällen
  • Bemessung der Höhe der Steuern, Abgaben und Gebühren für Kraftfahrzeuge nach Gewicht, Größe und Verbrauch
  • Beendigung der Neuzulassung für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotors ab 2024 
  • Einführung und Beteiligung an Carsharing-Modellen, v.a. im ländlichen Bereich
  • Aufbau und Betrieb eines bundesweiten, einheitlichen Lade- und Schnellladesystems
  • Schaffung besserer Arbeitsbedingungen im öffentlichen Nahverkehr, Umschulungen von Beschäftigten im Bereich der fossilen Infstrastrukturen bei Wertschätzung ihrer bisherigen Arbeit
  • Allgemeine Erhebung einer CO2-Abgabe und Abgabe für die Infrastraktur
  • Finanzielle Stärkung der unteren und mittleren Einkommensbereiche
  • Verlagerung der Subventionen zu ökologischen und  klimagerechten Produktion und Stärkung der ökologischen Landwirtschaft durch Subventionen und Schaffung steuerlicher Anreize und Befreiungen für ökologisch hergestellte Produke
  • Stärkung der regionalen Produktion und Infrastruktur
  • Verbesserung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Lebensmittelproduktion und im Bereich der sozialen Berufe
  • Schaffung von finanziellen Anreize zur Gebäudesanierung
  • Entlastung von Mieter*innen bei den Sanierungs- und Energiekosten
  • Einführung der Kreislaufwirtschaft
  • Umfassende Pflicht zur Planung, Konstruktion und Produktion von wiederverwertbaren Produkten und Produktkomponenten
  • Grundsätzliche Verpflichtung zur Verlängerung der Haltbarkeit und Gebrauchsmöglichkeit von Produkten um die doppelte bis dreifache Lebensdauer
  • Grundsätzliche Verpflichtung von Herstellern oder Verkäufern zum Angebot und Durchführung kostenloser oder kostengünstiger Reperaturen oder staatliche Investitionen in Reperaturstellen
  • bundesweit flächendeckender Ausbau der digitalen Infrastruktur 
  • Investition in Forschung und Entwicklung im Bereich der Energie- und Verkehrswende und digitalen Infrastruktur

China darf nicht unterschätzt werden 

Dass andere Staaten, darunter China und Russland, derzeit mehr Treibhausgase emittieren (China soll 2020 31% der globalen CO2-Emissionen emittiert haben), taugt nicht als Rechtfertigungsgrund, um sich der Verantwortung zu entziehen. Der Versuch gegenseitiger Schuldzuweisung und die Delegation der Verantwortung bringt uns nicht weiter – beides führt nur zu dem Verlust wertvoller Zeit. Die Tatsache, dass Klimagerechtigkeitspolitik derzeit in anderen Staaten nicht konsequent gemacht wird, sollte uns alarmieren und zu einer Klimagerechtigkeitspolitik mit noch ehrgeizigeren Zielen anspornen. Für den Klimawandel spielt es keine Rolle, welche Ursache und welchen geografischen Ursprung Treibhausgasemissionen haben. Entscheidend ist alleine die Gesamtmenge an Treibhausgasen. Jedes Molekül eines Treibhausgases treibt diesen voran und ist eines zu viel. Derzeit droht der Menschheit die Entwicklung, dass sie das Pariser Ziel von 1,5 Grad krachend verfehlen wird. Wenn manche Staaten ankündigen, noch mehr Treibhausgase ausstoßen zu wollen, so muss dieses andernorts eingespart werden – so schnell wie möglich. 

Hinzu kommen die historische Verantwortung des globalen Nordwesten und neben dieser fünf weitere Faktoren:

  • Die chinesische Politik dürfte sich der Problematik des Klimawandels und der Umweltprobleme, die es in China gibt, bewusst sein. Zumindest dürfte es sich in naher Zukunft dieser Umweltprobleme bewusst werden und umsteuern. Die Annahme, dass China dauerhaft auf eine  klimaschädliche und umweltverschmutzende Politik setzt, ist damit falsch. Hierzu sind die Bedrohungen, die sich bereits jetzt abzeichnen und den sozialen und inneren Frieden in China gefährden, zu groß (https://www.scinexx.de/news/geowissen/china-sicherheitsrisiko-klimawandel/ ).
  • jährlich sterben 300.000 Menschen an den Folgen der Umweltschäden
  • jährlich fallen 10 Millionen Kleinbauern wegen der Klima- und Umweltschäden unter die Armutsgrenze
  • die Umweltschäden betragen sollen so groß sein, wie das jährliche Wirtschaftswachstum 
  • es gab im Jahr 500.000 teils gewaltsame Konflikte wegen Umweltschäden 
  • der steigende Meeresspiegel bedroht 90 Millionen Menschen in den Küstenmetropolen

Die chinesische Politik und Wirtschaft steuert bereits um. Ob sie dies aus Gründen der konsequenten Klimagerechtigkeit tun möchte, oder aus wirtschaftspolitischen und machtpolitischen Gründen tun möchte, mag dahinstehen. Tatsache ist: Die chinesische Wirtschaft hat das Potential und Herausforderungen der klimagerechten Wirtschaft, der Energie- und Verkehrswende und der Digitalisierung längst erkannt. Im Bereich der erneuerbaren Energien ist China Spitzenreiter. So baute China im Jahr 2020 weltweit 50% der Kapazitäten der erneuerbaren Energien aus. Chinesische Unternehmen dringen in diesem Bereich an die Weltspitze vor. Diese Entwicklung geht zu Lasten europäischer Unternehmen.

China hat sich die Rohstoffmärkte längst gesichert und kontrolliert die für die Energiewende, Mobilitätswende und Digitalisierung wichtigen Rohstoffmärkte: 80% der seltenen Erden werden in China produziert.

China unterscheidet sich von uns in wesentlichen Punkten: Es hat ein massives Potential an Arbeitskräften und Rohstoffen und eine andere politische Kultur als unsere politische Kultur. Dies verschafft China im Falle eines radikalen Systemwandels, sollte dieser notwendig werden, einen entscheidenden Vorteil: Politische Projekte, die bei uns Jahre oder Jahrzehnte benötigen, z.B. weil zunächst langjährige Planungs-, Prüfungs-, Beteiligungs- und Genehmigungsverfahren erforderlich sind oder Arbeitskräfte fehlen oder streiken oder Rohstoffe fehlen, gehen in China wesentlich schneller voran. Ein Beispiel ist, dass China in nur vier Jahren den zweitgrößten Flughafenterminal der Welt und das weltgrößte Hochgeschwindigkeitsnetz baute, das 2/3 des weltweiten Hochgeschwindigkeitsnetzes der Welt ausmacht. Bis 2035 sollen 216 weitere Flughäfen gebaut werden. Zum Vergleich: Der Bau des Flughafens BER, der nicht zu den zehn größten Flughäfen der Welt zählt (diese Liste domieren China mit sieben Flughäfen und die USA mit drei Flughäfen), dauerte 14 Jahre. Der Bau eines Bahnhofs in Stuttgart dauerte bislang 21 Jahre, mit der Planung sogar 26 Jahre. Unabhängig von der Frage, ob es klimaungerecht und rechtlich, ethisch oder moralisch fragwürdig ist, 20.000 Menschen schnell für den Bau von Flughäfen zu enteignen und zwangsumzusiedeln und 25 Dörfer zu zerstören (zweifellos ist dies nicht klimagerecht!), ist die nüchterne Tatsache festzustellen, dass dies in China möglich war, ist und weiterhin sein wird. Mit derselben Effizienz und Rücksichtslosigkeit wird eine gigantische Energiewende binnen wenigen Monaten oderJahren durchgesetzt werden, sollte die regierende Kommunistische Partei der Ansicht sein, dass diese für die „nationale Sicherheit“ unumgänglich sein wird.

China hat sich, während die EU und die USA sich auf die fossile Energieindustrie und Sicherung von fossilen Rohstoffen, den Populismus gegen südeuropäische Staaten mit deren Ausverkauf und die Vertreibung von Menschen an ihren Grenzen konzentrierten und gegenüber afrikanischen Staaten mit der Arroganz der ehemaligen Kolonialherren gegenübertrateten, geschickter verhalten. Es sicherte sich den Zugang zu Rohstoffmärkten, Absatzmärkten und der Kontrolle der weltweit wichtigsten Wassersstraßen in afrikanischen Staaten und hat es auch geschafft, Teile der europäischen Infrastruktur zu übernehmen. So soll China mittlerweile weltweit jeden vierten Hafen kontrollieren. In der EU hat es in 14 Häfen eigene Terminals oder hält Anteile. Den berühmten Hafen Priäus musste Griechenland an den chinesischen volkseigenen Betrieb COSCO verkaufen – hierzu zwangen die Sparmaßnahmen der Troika. Die EU schoss sich damals ein Eigentor.

Gerade die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in China und das Verhalten der chinesischen Politik und chinesischer Unternehmen sollte ein Argument sein, das Festhalten an westeuropäischer und deutsche Arroganz und Bequemlichkeit und das Ausruhen auf dem Wohlstand einer überholten fossilen Industrie zu überdenken. Tun wir dies nicht, schaden wir in erster Linie unserer eigenen Wirtschaft. Von der Zerstörung der Lebensgrundlagen und Heimat von Millionen Menschen ganz zu schweigen.

Aber die Klimagerechtigkeit geht doch nicht – das wird teuer und die Versorgung bricht zusammen

Ein weiteres Scheinargument ist, dass der Kimaschutz gar nicht gehen würde. Fridays for Future hat das Wuppertaler Institut beauftragt, die Umsetzung der Klimagerechtigspolitik zu prüfen. Das Ergebnis dieser Machbarkeitsstudie ist, dass die Umsetzung der Ziele möglich ist. Die Versorgungssicherheit bricht mitnichten zusammen. Es ist bereits ein Armutszeugnis, dass eine Schüler*innenbewegung die Arbeit der Politik machen muss und Forderungen erarbeiten muss und eine Studie in Auftrag geben muss, um deren Umsetzung zu prüfen. Das wäre, um Christian Lindner, zu zitieren, eine Sache für Profis. Entweder sind diese Profis nicht gewillt oder nicht fähig, diese Sachen für Profis zu machen. Das weitere Armutszeugnis besteht darin, dass Journalist*innen offenbar nicht in der Lage oder willens sind, sich die Ergebnisse einer Studie von Profis durchzulesen. Und stattdessen immer wieder dieselben Scheinargumente, welche längst, u.a. durch diese Studie widerlegt sind, bringen,  um Klimagerechtigkeitspolitik zu verhindern. Die notwendige Klimagerechtigkeitspolitik ist möglich und sie kann durch Ausgleichsregelungen und Sozialpolitik gerecht gestalte werden. Sie kann Arbeitsplätze und Wohlstand erhalten und schaffen.

Düstere Wette auf die Zukunft

Dennoch wird, so unsere Prognose, sehr wahrscheinlich bis Mitte 2030 viel zu wenig gemacht werden, um die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Zwar sind die Erkenntnisse und Warnungen der Wissenschaft seit Jahrzehnten offensichtlich und konkrete Lösungsvorschläge liegen auf dem Tisch. Dennoch werden sich die Politik und Gesellschaft nicht auf die notwendigen Maßnahmen einigen können. Es fehlt am Willen, diese umzusetzen, weil es an der Erkennntnis der Dimension des Problems fehlt und am Willen, die Dimension der Klimawandelfolgen wahrnehmen zu wollen. Der Klimawandel stellt nach wie vor noch für zu viele Menschen eine zu abstrakte, zukünftige Bedrohung dar. Ein Thema über das man abstrakt diskutieren kann, das als Argument mit persönlichen Empfindlichkeiten, Vorlieben, Liebhabereien, Bequemlichkeiten oder wirtschaftlichen Interessen abgeworden und von diesen Interessen aufgewogen werden kann – so eine Art „Klimaschutz light“ und „Klimagerechtigkeit light“ eben, ein Thema gut zur Werbung (Stichwort „Grenwashing“) und für den politischen Smalltalk. 

Es lässt sich die Parallele zu der Coronapandemie ziehen. Es wäre hier möglich gewesen, vorzusorgen. Dies wurde nicht getan.

Ähnlich wie bei Corona wird die Politik in den kommenden acht Jahren das tatsächliche Gefahrenpotetial des Klimawandels deutlich unterschätzen und diesem nicht ausreichend begegnen. Das 1,5 – Grad-Ziel wird bereits vor 2030 deutlich verfehlt werden. 

Es bedarf zunächst eines gewaltigen Knalls, damit Gesellschaft und Politik, insbesondere in Deutschland, aufwachen. Dieser wird in dem Zeitraum um 2050 kommen. Zu diesem Zeitpunkt wird die Weltbevölkerung sich in einer schnellen Folge von Katastrophen, Kriegen, Konflikten und Krisen wiederfinden. Die oben skizzierten Szenarien mit Konflikten um Land, Wasser und Nahrungsmittel werden eintreten. Die Menschheit wird dann erkennen, dass sie auf eine Erwärmung von deutlich über zwei Grad, vier bis fünf Grad zusteuert. Man wird radikal gegenzusteuern zu versuchen mit einem gewaltigen Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft. Der Schaden für Wirtschaft, Gesellschaft und die Sicherheit durch Klimakatastrophen, den Zusammebruch von Produktionsstätten, Handels- und Lieferketten und kriegerische Konflikte wird so groß sein, dass wir uns ihn nicht vorstellen können.

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4 Gedanken zu “Schöner Reden

  1. Tja, und es ist wirklich nicht so, als komme die dramatische Klimaentwicklung überraschend …

    Man glaubt es kaum, wenn man es nicht – wie zum Beispiel ich – damals selbst interessiert gesehen hat, aber bereits 1978 hat der hervorragende Hoimar von Ditfurth deutlich gemacht, worauf wir zusteuern:

    https://www.zdf.de/dokumentation/dokumentation-sonstige/querschnitt-die-balance-der-biosphaere-100.html

    Ich weiß natürlich, dass es für reizüberflutete junge Menschen eine Zumutung ist, sich etwas so Langweiliges anzusehen. 😉

    Falls Ihr es trotzdem hinkriegt:
    Es lohnt sich! Da wird im Grunde – 43 Jahre vor heute! – alles Wesentliche gesagt.

    Jetzt müsste sich nur noch jemand finden, der das alles ernst nimmt, den bitterbösen Ernst der Lage erkennt und sehr ernsthaft für massives Gegensteuern sorgt. Man darf gespannt sein …

    Im Moment fühle ich mich eher an einen Monty-Python-Film erinnert, indem die schnelle Rettung eines Gefangenen ansteht und kommentiert wird mit: „Das erfordert eine sofortige Diskussion!“

    Nein, so kann es nicht wirklich klappen! Übrigens freue ich mich darüber, dass Luisa in Glasgow auf eine entsprechende Frage hin klargestellt hat, dass Gewalt für FFF kein Thema ist und bleibt. Das ist gut so und sehr wichtig! Allerdings stellt sich die Frage, ob man mit bisherigen Mitteln zum Ziel kommt.

    Daher kann ich mir auch vorstellen, dass die Jugend dieser Welt einfach mal für ein paar Wochen am Stück nicht mehr mitmacht. Generalstreik total. Komplettes Ausklinken, um zu zeigen, dass man sich weder mit seinen völlig berechtigten Interessen ernst genommen fühlt, noch daran glaubt, dass die Zukunft der Jugend den aktuell Verantwortlichen als wichtig gilt. Why not?

    LG Armin

  2. Für den Job „Politiker“ braucht man keinen Befähigungsnachweis.
    Hätte man Klimaexperten machen lassen, würde sich jetzt etwas bewegen.
    Wie sieht unsere Welt aus, wenn wir jegliche Hoffnung verloren haben?
    Konsumentenstreik?
    Was kann man tun?
    Es ist schmerzlich, diese kontinuierliche Verschlafpolitik zu beobachten.
    Haben wir noch Zeit bis 2022?

    1. Wichtig ist erst einmal, trotz allem die Hoffnung nicht zu verlieren.Desweiteren, sich mit gesellschaftskritischer Theorie zu befassen, um sich das Kopfwerkzeug (Jutta Ditfurth) für den Blick unter die Oberfläche der Erscheinungen anzueignen. Und das bedeutet, zu lesen. Das mag sehr nach Rückzug und vom realen Leben abgewandt auf dem Sofa Sitzen klingen. Bedeutet es aber nicht. Denn ohne Theorie versinkt jede Aktion entweder in einem Labyrinth oder im Sumpf der Mittelmäßigkeit und macht einen in der Tat nur hoffnungslos. Und was lesen? Am besten Karl Marx, aber auch Robert Kurz (empfehlenswert: Schwarzbuch Kapitalismus, Marx Lesen!), Tomasz Konicz (besonders empfehlenswert: Klimakiller Kapital) und eben auch Jutta Ditfurth, die schon vor zehn Jahren das wahre Gesicht der Grünen entlarvt hat (Krieg. Atom. Armut. Was sie reden, was sie tun: Die Grünen). Theorie kann keine Gebrauchsanweisung für die Aktion sein und sollte dieser deshalb nicht untergeordnet werden. Sondern sie ist deshalb wichtig, um zu erfahren, wie die Gesellschaft, in der wir leben, funktioniert und wie sie überhaupt entstanden ist. Um dann diese Gesellschaftsorm, die jetzt wirklich dringendst über Bord geworfen werden muss, bevor sie unsere gemeinsamen Lebensgrundlagen zersört, infrage zu stellen und dabei auch wirklich zu wissen, warum. Denn es gab das, was auch als Kapitalismus bekannt ist, nicht schon immer und noch weniger ist sie eine Gesellschaft, die der Natur des Menschen entspräche. Auch deshalb ist es wichtig, nicht mehr auf die Politik zu vertrauen. Denn für den Job „Politiker“ braucht es in der Tat keinen Befähigungsnachweis, denn Politiker:innen führen nur das aus, was die Einzelkapitale alias Großkonzerne vorgeben, deren Interessen bekanntlich durch den Staat mehr oder weniger gut unter einen Hut gebracht werden. Die Hoffnung geht meiner Ansicht nach dann am wenigsten verloren, wenn man sich nicht verzettelt. Und warum hat niemand Klimaexpert:innen machen lassen, ja nicht einmal auf sie gehört? Weil es dem Zwang zur selbstzweckhaften Geldvermehrung widerspricht, dem in der bestehenden Gesellschaftsform alles, aber auch wirklich alles untergeordnet wird. Silvia

  3. Die Ursache dafür, dass die Politik wegschaut, statt zu handeln, liegt daran, dass der Staat am Tropf der Wirtschaft und ihres Wachstumszwangs hängt. Denn die Wirtschaft ist eine weltumspannende Maschine, die nur auf Wachstum programmiert wurde. Das ist auch der Grund für sämtliche Standortdebatten. Denn nicht nur die Wirtschaft als ganzes soll wachsen, auch jedes einzelne Unternehmen und jeder einzelne Standort ist dazu verdammt, wie ein Krebsgeschwür sinnlos weiterzuwachsen oder pleite zu gehen. Es ist möglich, die schlimmsten Folgen des Klimawandeks noch zu verhindern, wenn die auf krankhaftes, zwanghaftes Wachstum sowie die auf völlig absurde und ebenso krankhafte Konkurrenz beruhende Wirtschafts – und Gesellschaftsform, das Kapitalverhältnis, aus der Welt geschafft und durch eine Wirtschaftsweise ersetzt wird, die nicht mehr auf Konkurrenz und dem zwanghaften Wachstum von Geldreichtum beruht, sondern sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Denn das Überleben der Menschheit darf nicht verhandelbar sein – schon gar nicht zugunsten von abstrakten Formelwusten aus ökonomischen Lehrbüchern und des Zwangs zur selbstzweckhaften Geldvermehrung, also des Zwangs, aus Geld mehr Geld zu machen und aus noch mehr Geld noch mehr Geld uns so weiter.

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