Die vergangenen zwei Wochen waren sehr ereignisreich – die Klimakrise nimmt an Fahrt auf und zeigt sich immer unmittelbarer – gleichzeitig leisten immer mehr Menschen Widerstand gegen unzureichende politische Maßnahmen. Lara und Christian fassen die Geschehnisse der letzten Zeit für euch zusammen.
🔥 Wir lassen uns nicht verkohlen! Protest gegen das KohleEinstiegsgesetz der Bundesregierung
Am 03. Juli stimmt der Bundestag über einen Gesetzesentwurf zum Kohleausstiegsgesetz ab. Das Gesetz in seiner jetzigen Form trägt aber leider dazu bei, dass der Kohleausstieg bis mindestens 2035 verschoben wird. Das ist viel zu spät – so kann Deutschland seine Klimaziele aus dem Pariser Abkommen nicht einhalten. Dafür bräuchten wirnämlich einen Kohleausstieg bis 2030! Unseren Appell an die Große Koalition könnt ihr hier lesen. Dass ein Kohleausstieg bis 2030 nötig ist, bestätigt auch die Wissenschaft. Die Scientists for Future, hinter denen 27.000 Wissenschaftler*innen stehen, haben in einem Statement deutlich gemacht, dass das geplante Kohleausstiegsgesetz erhebliche Mängel aufweist.
Wir lassen uns nicht von der Bundesregierung verkohlen! Dieses Kohlegesetz schützt unsere Zukunft nicht. Deshalb haben wir am vergangenen Wochenende u.a. im Braunkohlerevier Garzweiler gegen die schlechte Ausarbeitung des Gesetzes und den viel zu späten Kohleausstieg demonstriert. Aktivtist*innen von Ende Gelände haben Bagger blockiert und so den Kohleabbau zumindest zeitweise zum Erliegen gebracht.
Ihr findet das #KohleEINstiegsgesetz auch nicht in Ordnung? Dann protestiert bei euren Abgeordneten dagegen. Ganz einfach mit unserem Tool!
🌳 Räumungen im Hambacher Forst #HambiBleibt
Die Polizei hat mehrere Barrikaden im Hambacher Forst in der vergangenen Woche geräumt. Baumhäuser blieben davon jedoch verschont. Seit Jahren wird der Wald nahe des großen Braunkohleabbaugebiet von Aktivist*innen besetzt, um zu verhindern, dass der Wald abgeholzt und die darunter liegende Braunkohle verfeuert wird. Von Seiten der Politik und RWE heißt es aktuell zwar, dass der Wald stehen bleiben soll… Dennoch ist leider eine irrepersible Schädigung dieses Ökosystems zu befürchten da RWE dem Wald durch naheliegende Baggerarbeiten das Wasser abgräbt.
🥵 Die Welt im Fieber: Gletscher schmelzen und Temperaturrekord in der Arktis
Während unsere Politik vergessen zu haben scheint, wie dringlich es ist, endlich ernst gemeinten Klimaschutz zu betreiben, führt uns es die Natur die Krise immer wieder eindrücklich vor Augen. Am Samstag den 20.06.2020 wurde in Sibirien im Nordpolarkreis(!) eine Temperatur von 38°C gemessen. Das ist ein regionaler Temperaturrekord. Auch insgesamt lagen die Temperaturen dieses Jahr von Januar bis Mai ganze 8°C über dem normalen Mittelwert. Als Folge der ansteigenden Temperaturen brennen mehr Wälder und länger. Greenpeace Russland berichtete, dass die Waldbrände normalerweise erst im Juli begännen. Dieses Jahr haben sie aber viel früher eingesetzt!Das andauernde warme Wetter sorgt aber nicht nur für Waldbrände, sondern auch für das Abtauen des Permafrostbodens, also von Boden, der eigentlich seit Jahrhunderten gefroren ist. Wenn das geschieht, treten in dem ehemals gefrorenen Boden gespeicherte Treibhausgase in die Atmosphäre aus, wodurch die Erderwärmung nochmals beschleunigt wird. Deshalb wird das Abtauen des Permafrostbodens als eines der sogenannten Kipp-Elemente beschrieben. Expert*innen gehen davon aus, dass die Geschehnisse in Sibirien das Wetter in Europa und den USA beeinflussen werden. Durch die hohen Temperaturen sei der Temperaturunterschied zwischen Arktis und niedrigeren Breitengraden nicht mehr so stark – dies führe zu einer weniger starken Windströmung des Westwinds und somit dazu, dass extreme Wetterereignisse wie Hitze oder Starkregen länger an einem Ort bleiben würden. In den europäischen Alpen führt die Erderwärmung zum Auftauen und Schmelzen von Gletschern. Innerhalb von 14 Jahren haben die Gletscher 14% ihrer Eismasse verloren. Wie lange möchte unsere Politik noch die Augen verschließen vor dem, was draußen schon mit voller Wucht vor sich geht?
🇪🇺 EU-Ratspräsidentsschaft: Wird Deutschland den Klimaschutz vorangbringen?
Am 1. Juli übernimmt Deutschland die Europäische Ratspräsidentsschaft – eine wichtige und verantwortungsvolle Position, von der aus nun endlich Initiative im viel zu lange schmerzlich vernachlässigten Klimaschutz ergriffen werden muss .Die Europäische Union hat in der Debatte um die Klimakrise lange zu zaghaft gehandelt, trotz der Ausrufung des Klimanotstandes liegt der EU-Klimaplan (NDC) noch weit von den Emissionsgrenzen aus dem Pariser Klimaabkommen entfernt. In der deutschen Ratspräsidentsschaft muss diese Differenz jetzt behoben werden – um der Europäische Wirtschaft nach der Coronarezession eine zukunftsfähige Perspektive zu geben. Dass die benötigte Senkung der Emissionen möglich ist, zeigt eine neue Studie der Klimaschützerlobby European Climate Foundation – aber nur mithilfe schneller und drastischer Maßnahmen. Dass die christdemokratische Fraktion im Europaparlament nun die Pläne der EU-Komission zum Klimaschutz von der Erholung der Wirtschaft von der Corona-Pandemie abhänig machen möchte, ist ein fahrlässiger Umgang mit unserer Zukunft und eine Respektlosigkeit gegenüber all den Menschen, die bereits jetzt unter den Folgen der Klimakrise leiden. Damit würde die Chance auf eine zukunftsfähige und nachhaltige Wirtschaft verpasst werden. Wir fordern von unserer Bundesregierung, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst wird und diese Möglichkeit nutzt, um Europa langfristig klimaneutral zu gestalten! Dass ambitionierter Klimaschutz möglich ist, zeigt aktuell beispielsweise Dänemark. Eine parteiübergreifendes Kliamschutzpaket soll die Emissionen bis 2030 bis um 70% senken – im Vergleich dazu wirken die für Deutschland geplanten 55% Emissionseinsparungen fast schon lächerlich.
🚗 Der weite Weg zur klimafreundlichen Mobilität
Nun ist es also offiziel: Die Lufthansa wird mit Steuergeldern gerettet. Die Bundesregierung greift dem Konzern unter die Arme und sichert damit seine Zukunft. Sie hat aber verpasst, ihre weitreichende Unterstützung mit Bedingungen für den Klimaschutz zu verknüpfen und unsere Zukunft, die der jungen Generation und der kommenden Generationen schlichtweg vergessen. So rückt eine soziale und ökologische Reform des Luftverkehrs noch ein Stück weiter in die Ferne. Auch am Boden kommen wirmit der Verkehrswende leider nur langsam voran. Bis zu Fußgänger*innen- und Fahrradfreundlichen Städten, mehr Platz auf den Straßen für alle, weniger Luftverschmutzung, weniger Verkehrstote etc. ist es noch weit hin. Eine Studie des Center Automotive Research zeigt, dass in Deutschland der Trend zum Privatauto und Individualverkehr auch weiterhin ungebrochen ist. Der Think Thank Agora macht darauf aufmerksam, dass jüngere Menschen generell weniger Auto fahren – aber dafür fahren mehr ältere Menschen und insgesamt mehr Frauen Auto als früher, was den Effekt des Autoverzichts junger Menschen ausgleicht. Es wird höchste Zeit, dass wir im Sinne der Generationengerechtigkeit Mittel und Wege schaffen, sodass sich alle sicher und klimafreundlich fortbewegen können!
💪 Klimaschutz heißt Antifa – Solidarität mit von Rechtsextremist*innen bedrohten FFF-Aktivist*innen
In Zwickau wurden Aktivtist*innen von Fridays for Future von Rechstextremist*innen bedroht. Sie erhielten Hasskommentare und Drohungen im Internet. Rechtsradikale hatten während einer Demo 2019 Fotos gemacht und diese ins Netz gestellt. Bei einer Gegenveranstaltung zu einer Demo von Corona-Gegner*innen Ende Mai wurden Aktivist*innen angegriffen und eine Person verletzt. Es ist unerträglich, dass Menschen, die sich für eine bessere Zukunft für alle einsetzen für ihr Engagment so etwas erleben müssen. Wir stehen hinter euch! Ihr habt unsere vollste Solidarität!
😱 Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland machen sich Sorgen wegen des Klimawandels – global noch mehr!
Mehr als die Hälfte, genauer gesagt 58% der Menschen in Deutschland machen sich laut einer Studie des Reuters Instituts und der Oxford University große Sorgen aufgrund des Klimawandels. Weltweit gesehen ist das aber nicht sonderlich viel. In Italien bespielsweise machen sich mehr als 75% der Menschen Sorgen, in Griechenland 80% und in Südafrika, Chile und Kenia sind es über 90% der Menschen. Weltweit ist sich die Mehrheit der Menschen einig, dass der Klimawandel Besorgnis erregend ist und Angst machen kann. Nur eine von zehn Personen weltweit macht sich keine Sorgen über die Klimakrise. Liebe Politik, nehmt die Sorgen der Menschen ernst!
🤳 XR fordert durch Proteste die Medien auf, mehr über den Klimawandel zu berichten
Für den Umgang mit der Klimakrise spielt die Berichtserstattung der Medien eine zenrale Rolle. Daher brauchen wir mehr Bewusstseins-Schaffung durch die Medien. Dieser Auffassung waren auch die Aktivist*innen von Extinction Rebellion und haben daher am Montag, den 15.06 vor Standorten des NDR und des Spiegels protestiert. Zuvor hatte Extinction Rebellion in einem Brief an den NDR gefordert, dass die Klimakrise mehr thematisiert und die Menschen, die bereits jetzt von ihren Folgen betroffen sind, besser berücksichtigt werden. Außerdem wurde gefordert, Greenwashing von Unternehmen stärker zu hinterfragen und bei Extremwettereignissen auf deren Zusammenhang mit dem menschengemachten Klimawandel hinzuweisen.
📚 Bildet euch weiter!
Die Medien berichten häufig viel zu wenig über die Klimakrise. Aber das heißt nicht, dass ihr keine Möglichkeit habt euch zu informieren! Zum Beispiel in unserer Webinar-Reihe #WirBildenZukunft. Habt ihr schon alle Folgen gesehen? Schaut doch mal rein. Ihr könnt hier zu den vielfältigsten Themen etwas lernen von Klimazielen über Wirtschaftshilfen zum Umgang mit Hate Speech, von Erneuerbaren Energien über Menschenrechte zu Kapitalismuskritik – es ist für jedes Interesse etwas dabei.
Außerdem möchten wir euch zwei Artikel empfehlen zu einem Thema, mit dem wir uns auch als Bewegung gerade intern auseinandersetzen: Was haben die Klimakrise und Rassismus miteinander zu tun? Ziemlich viel, den beide Probleme haben die gleiche Wurzel – sagt Tonny Nowshin und erläutert hier genauer warum. Sie weist aber auch auf Rassismus innerhalb der Klimabewegung hin, wie sie ihn als Woman of Colour ganz akutell im Rahmen des Protestes gegen Datteln IV erlebt hat. Zwei nachdenklich machende, aber wichtige Texte, die als Argumentationsgrundlage dienen, aber auch zu eigener Selbstreflektion anregen können.