Tausende Menschen haben am vergangenen Samstag in Lützerath im Rheinland gegen die Zerstörung von Dörfern und Natur für klimaschädliche Braunkohle und für Klimagerechtigkeit demonstriert. Eine von ihnen war Julina Pril, die uns in ihrem Text an ihren Eindrücken teilhaben lässt.
„Na, das ist doch mal ein perfektes Demowetter“, sagt wer, als wir aus dem Bus steigen, und alle stimmen zu. Es ist sonnig, frühlingshaft und windig: Die idealen Bedingungen für einen Tag in Aufbruchsstimmung – die idealen Bedingungen für einen Tag in Lützerath.
Es ist mein erstes Mal hier. Es gab immer wieder Zeitpunkte, zu denen ich dringend kommen wollte, aber weil ich inzwischen am anderen Ende Deutschlands wohne, ist der Tag der Tage nun erst heute.
Ich sehe ein bisschen Polizei und sehr viel Gebüsch – und hinter dem Gebüsch, in einiger Entfernung, schon ein bisschen was von sehr viel Zerstörung.
Wir laufen los, viele mit Flaggen und Plakaten, manche mit Kamera, und es fühlt sich jetzt schon nach einem Tag an, von dem ich erzählen werde. Ehrlich gesagt bin ich ein bisschen aufgeregt. Ich habe mich so viel mit diesem Ort befasst, so viele Bilder gesehen, so viele Interviews gehört und so viele gelbe Kreuze gemalt und geklebt und gepostet, dass es schon fast surreal ist, plötzlich wirklich hier zu sein. Lützerath ist längst nicht mehr nur ein kleines, bedrohtes Dorf im Rheinland. Es ist ein Symbol für den Kampf, den wir seit drei Jahren führen, und ich bin gespannt, ob ich das spüren werde, wenn die Straße endet.
Und dann endet die Straße.
Wir stehen vor Eckardts Hof, da ist das gelbe 1,5°C-Banner, das ich schon so oft gesehen habe, aber jetzt zum ersten Mal, weil ich da bin, und da ist das Ortsschild von Lützerath, beklebt mit jeder Menge Hoffnung und Wut und Initiative und Vorschlag, und drum herum laufen ein paar Menschen, die arbeiten und vorbereiten, und alle wirken froh.
Ich laufe automatisch zur Kohlegrube.
Grube ist eigentlich das falsche Wort.
Mit dem Wissen, was hier an Zerstörung, Ungerechtigkeit, Profitgier und Verantwortungslosigkeit vor mir liegt, erscheint es mir fast paradox, wie schön die Sonne scheint für Lützerath.
Es dauert ungefähr drei Minuten, bis ich zwei nette Menschen kennengelernt habe, die sich freuen, dass ich da bin, und dann ein Weilchen schweigend neben mir sitzen. Wir betrachten die Wunde in der Landschaft, die noch so viel größer werden soll, und dahinter winzig klein die Windräder, die sich im blauen Himmel drehen. Der Kontrast ist absurd.
„Das ist echt so absurd“, sage ich.
Der Himmel ist wirklich sehr schön blau heute.
Die beiden zeigen mir das Dorf, das die Aktivisti hier aufgebaut haben. Es füllt sich langsam, und noch immer wirken alle froh.
„Es fühlt sich alles so friedlich an“, sage ich.
Das eine Mädchen stimmt mir zu: „Das denke ich auch jedes Mal, wenn ich hier ankomme. Ich fühle mich hier – richtig.“
Wir machen ein paar dumme Warum-fliegen-Menschen-nach-Bali-wenn-sie-doch-einfach-nach-Lützerath-kommen-können-Witze, schauen uns Paulas Hof an, der tapeziert ist mit Willkommens-Bekundungen und dem Hinweis, dass erfolgreicher Protest in der Vergangenheit friedlicher Protest war, wir sagen Hallo zu bekannten und unbekannten Gesichtern und ich stelle fest, dass sich Lützerath nicht nach Kampf anfühlt. Das hier ist weitaus größer. Wir stehen nicht für Kampf. Wir stehen für Frieden!
Und – ich kann es nicht anders sagen – es bleibt so. Es wird ein bewegender Tag mit vielen besonderen Momenten mit vielen besonderen Menschen. Ich sehe so viel, was ich noch nie gesehen habe. Es wird eine großartige Demo. Viel Musik und Tanz. Hier ist so viel Wille, so viel Kraft. Und gleichzeitig ein absoluter Safe Space, ich fühle mich ganz leicht, obwohl ich weiß, dass hier vieles schwer ist, einfach nur dadurch, dass ich weiß, dass alle anderen das auch wissen. An diesem Ort wird diskutiert, hier leben Meinungen, aber hier wird zugehört. Hier wird verstanden.
Berührende Reden. Gute Musik. Viel lachen. Ein bisschen weinen. Viel neu. Viel Zerstörung, so viel Zerstörung, nur wenige Meter entfernt – aber hier, wo ich gerade stehe, funktioniert eine Menge, die anderswo nicht funktioniert. Oder es wird sich zumindest darum bemüht – und auch das ist ein Anfang.
Ich glaube, das ist, was mich hier so mitreißt: Lützerath fühlt sich nach Anfang an.
Und das ist doch wirklich verrückt. Nach einem solchen Anfang muss es doch weitergehen. Nach einem solchen Anfang muss doch Raum sein. Das muss doch weiterleben dürfen. Hier besteht der Wille um Bemühung und um Anfang. Für das Dorf, für das Land, für die Welt. Für die Menschen.
Ich wünsche mir von Herzen, dass es weitergeht.
Auf der Website des Bündnis Alle Dörfer Bleiben findest du weitere Infos, wie du dich für Lützerath und weitere bedrohte Dörfer einsetzen kannst.
Liebe Julina,
ich war am Samstag ebenfalls dort und habe Deinen Bericht mit Freude gelesen! Du hast die Eindrücke sehr schön beschrieben, die eigentlich nur zu einem Ergebnis führen können:
Wir kommen auf jeden Fall wieder! 🙂
Möge Lützerath zum großen Symbol für den Sieg der Vernunft und der Menschlichkeit werden!
Herzliche Grüße
Armin
Dieser Text spricht mir sooo aus den Herzen! Danke dafür!
Liebe Grüße
Julia Schürer, agrarheute
am Montag, 04.04.2022 – 14:08
Erst verlor er vor Gericht, nun den Hof: Eckardt Heukamp, bekannt als der letzte Landwirt in Lützerath, hat heute seinen landwirtschaftlichen Betrieb und seine Flächen an den Energieerzeuger RWE verkauft.
Nach langem Bangen ging es nun ganz schnell: Der Ackerbauer Eckardt Heukamp aus dem nordrhein-westfälischen Lützerath hat seinen Hof und die damit direkt verbundenen Flächen an den Energieriesen RWE verkauft, meldet die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Heukamps Hof war der letzte im Ort direkt am Braunkohletagebau Garzweiler. Alle anderen Landwirte hatten ihre Betriebe bereits verkauft und sind weggezogen.
Das stimmt leider. Aber gerade deswegen ist es umso wichtiger, Lützerath (und ebenso die anderen Dörfer) NICHT aufzugeben und RWE weiter die Stirn zu bieten! Denn in Lützerath existiert wirklich der Wille und die Bemühung um einen Anfang. Sowie der Wille und die Bemühung um eine nicht-imperiale Lebensweise. Um eine Lebensweise also, in der Statussymbole ebensowenig eine Rolle spielen wie Konkurrenzdenken und wo eine neue Form des Zusammenlebens jenseits von Familienstrukturen ausprobiert und auch gelebt wird. Deshalb haben die Aktivist:innen von Lützerath alle Solidarität und auch Ermutigung verdient. Lützerath steht nämlich auch für Aufbruch. Und für einen friedlichen Kampf um eine lebenswerte Zukunft.Ich wünsche den Aktivist:innen von Lützerath viel Mut und einen langen Atem. Alle solidarischen Grüße, Silvia
wirklicher Klimaschutz entscheidet sich für so wenig Belastung, Störung, Tötung, Krankmachen durch Schlafloswerden wie möglich. Dazu gehören in keinem Fall Windräder. Off-Shore-Parks vernichten wissenschaftl. erwiesen seit vielen Jahren alle Meeressäuger + Algen (CO2-speicher, O2-Produzenten mit Mooren + Wäldern gemeinsam), verändern Wind,-u. Meeresströme, die die Tiere verhungern lassen, ihre Organe schon während der Messungen zum Bau zerplatzen lassen, Gletscher schmelzen lassen, Vogelzüge sterben lassen u. die Naturkatastrophen verstärken, verlagern + erweitern. Natur muß verschwinden, um die Leitungen von Windparks in die Städte zu bauen. Entweder baut man sie direkt in die Stadt und mit Körben versehen (s. Zimmerventilatoren) bezügl. d. Vogelschwarmschlags. Das zuerst genannte Problem bleibt aber. Um für unsere Ernährung, Trinkwasser + Gesunderhaltung + insb. für Wildtiere (die uns mit am Leben erhalten) nicht nutzbare Natur zu verlieren, muß Strom auf allen privaten, öffentl. + gewerbl. Gebäuden mit eigenem Solar (PV) + Erdwärmepumpen gespeichert werden. Nur der eigene unvermeidbare Verbrauch muß gedeckt werden. Verkaufen führt zu Maßlosigkeit und damit wieder unnötige Ressourcenverschwendung, die wieder für Leid, Mord, Totschlag, Enteignung, Vertreibung, Flucht, Hungersnot, Dürre, Überflutung, Krieg, Bürgerkriege, Versklavung, Angst, Not, Arbeitslosigkeit, Insolvenz, Inflation Demos, Bestrafung (Haft, Folter, Geldstrafen) usw. führt.
Die gleichen Folgen geschehen, wenn Bäume / Wälder / Forste (unsere größten uns erhaltenden Lebewesen) getötet, ausgerissen + verbrannt werden. Es ist in keinster Weise nachhaltig, erneuerbar + klimafreundlich; genau das Gegenteil trifft für beide genannten Vorgehensweisen zu.
Bäume brauchen je nach Art 80 – 5000 J. um erwachsen zu werden. Das können sie nur, wenn ihre erwachsenen Elternbäume + ihre Familien,- u. Sozialgemeinschaften sie versorgen sowie unterrichten+ sie schützen. Der älteste Baum der Welt ist 10.000 J. alt.
Biomasse (dazu werden auch alle nichtmenschl. Tierarten verbrannt) ist gar keine Option + fördert, wieder die o. g. Politik. Dann sind wir im Bedarfsfall auch wieder bei menschl. Tieren verbrennen. Wer braucht dann noch Mutter Erde? Die, die das so regeln.
Sonnen -und Windenergie lassen sich auch dezentral produziert werden. Ganz abgesehen davon, dass große Windräder nicht halb so laut sind wie das wirklich Schlaflosigkeit verursachen Dauergebrumm von Blechkisten an einer Hauptstraße.