The science is clear! | COP Daily Tag 5

Die Weltklimakonferenz in Dubai ist in vollem Gange – inzwischen schreiben wir Tag 5. Und es geht immer noch um die Frage der Energieerzeugung: während die einen die Zukunft in Atomkraft sehen, will Kolumbien aus den Fossilen aussteigen. Ein starker Schritt. Und wir? Wir bringen unsere Energie auf die Straße. Alle Updates im Text.

“The science is clear!” – unsere Aktion auf der Weltklimakonferenz 

Fridays for Future Deutschland hat heute gemeinsam mit anderen Klimaaktivist*innen eine eindeutige Haltung zum Statement des COP Präsidenten Al Jaber klar gemacht. Al Jaber sprach in einer Rede davon, dass die Forderung nach einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nicht wissenschaftlich fundiert sei. Das ist ein Skandal! Denn die Einhaltung der 1,5°C Grenze ist nur möglich, wenn dem Verbrennen fossiler Energien ein vollständiges und konsequentes Ende gesetzt wird. Da ist sich die Wissenschaft einig.

Die deutschen Fridays for Future Aktivist*innen haben genau das auf ihrer heutigen Aktion deutlich gemacht: Die Wissenschaft ist klar! Es braucht ein Fossil Fuel Phaseout! Clara Duvigneau, Sprecherin von Fridays for Future Deutschland, fand dazu folgende Worte: 

“Auf dieser COP wurden wir mit Desinformation und Äußerungen konfrontiert, die an Klimawandelleugnung grenzen. Mit diesen absurden Statements werden Tür und Tor für falsche Lösungen wie Carbon Capture and Storage nicht nur geöffnet. Nein, sie werden direkt aus der Wand gerissen! Ich kann nicht fassen, dass ich hier stehen und erklären muss, was die 1,5°C-Grenze bedeutet. An die Staats- und Regierungschef*innen des Globalen Nordens: Wir beobachten euch. Wir sind enttäuscht und wütend. Wir sind eure leeren Versprechungen leid!” 

Clara Duvigenau, Sprecherin Fridays for Future Deutschland

Aber auch die Forderung nach einem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für Klima und Sicherheit wurde laut. Denn: Wir werden die Klimakrise nicht ohne eine massive Investitionsoffensive lösen können. Es ist wichtig, dass jetzt endlich Geld in die Hand genommen wird, um die größte Menschheitskrise unserer Zeit abzuwenden. Die Zeit dafür ist jetzt, Herr Klimakanzler! 

Das “Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty” – ein wegweisender Erfolg auf der COP28 

Als erstes lateinamerikanisches Land hat sich Kolumbien am Samstag der Initiative für ein “Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty” angeschlossen. Diese Initiative fordert ein Ende aller fossilen Förderungsvorhaben und ein rasches Aussteigen aus den fossilen Energien im Einklang mit dem 2015 in Paris beschlossenen 1,5°C-Ziel. Dabei wollen sie Pläne entwickeln, wie man mit dem Ausstieg aus fossilen Energien keine Arbeiter*innen, Gemeinschaften und Staaten zurücklässt, die in ihrer Arbeit oder Wirtschaft auf die Förderung fossiler Energieträger angewiesen sind – das Stichwort hier ist “just transition” – gerechter Umstieg. Dazu wollen sie einen internationalen Mechanismus schaffen, der diese just transition überprüft und die Umsetzung verbindlich macht. 

Dass sich Kolumbien dieser wichtigen Initiative angeschlossen hat, ist so großartig wie verwunderlich. Denn: Kolumbien ist wirtschaftlich von fossilen Brennstoffen, insbesondere Kohle und Öl, abhängig. Der Erdölexport macht ganze 33,2% der kolumbianischen Wirtschaftsleistung aus, das Land ist der drittgrößte Koks- und der fünftgrößte Kraftwerkskohleexporteur. Dass sich Kolumbien der Initiative angeschlossen hat, ist also gleich auf zwei Arten groundbreaking: 

  1. wird hier gegen die eigenen wirtschaftlichen Interessen und für die Interessen aller gehandelt. Das ist eine Art der internationalen Klimapolitik, die sich alle wünschen – aber bisher leider fast niemand mitbekommen hat. Bis jetzt. 
  2. hat es die Initiative für das Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty geschafft, einen echten Erfolg im Kampf für den “Fossil Fuel Phase Out” – also den Ausstieg aus allen fossilen Energien – unter den widrigsten aller Umstände zu erringen. Wie wir euch bereits in den vorangegangen COP Daily-Texten dargelegt haben, hatten die Vereinigten Arabischen Emirate geplant, ihre Rolle als Gastgeberland zu nutzen, um auf der Weltklimakonferenz neue fossile Deals zu schließen und effektiven Klimaschutz zu verhindern. Aber nicht mit Kolumbien! 

Gustavo Petro, der im Juni 2022 zum kolumbianischen Präsidenten gewählt wurde und dessen Wahlkampfschwerpunkte in erster Linie soziale und ökologische Themen waren, fand dazu die (wirklich wunderschönen) Worte: 

“It is a paradox that, at this table, together with populations that could disappear, there is a country like us, which also depends on oil, and which is committed to endorsing a treaty that implies zero new exploration projects in the world. My own society would say ‚how would the President produce such economic suicide?‘, given that we depend on oil and coal. But this is not economic suicide. We are talking here about an ‚omnicide‘, the risk of extinction of life on the planet. Here we are avoiding ‚omnicide‘ on planet Earth. There is no other way, the rest are illusions. There is a very powerful economic power around oil, coal and gas. And they act to prevent changes, to maintain, in a suicidal way, their possibilities for more years of profit in the short term. Today we face an immense confrontation between fossil capital and human life. And we must choose a side. Any human being knows that we must choose life. I have no doubt which position to take: between fossil capital and life, we choose the side of life.“

Gustavo Petro, kolumbianischer Präsident

“Jeder Mensch weiß, dass wir uns für das Leben entscheiden müssen. Ich habe keinen Zweifel daran, welche Position ich einnehmen muss: Zwischen fossilem Kapital und Leben wählen wir die Seite des Lebens.” Das sind schöne Worte. Und eine noch schönere Entwicklung! Somit trägt Kolumbien zu den wenigen Erfolgen bei, die wir bis jetzt auf dieser COP feiern konnten.

Unsere Quellen für diesen Absatz: 

  1. https://fossilfueltreaty.org/colombia
  2. https://fossilfueltreaty.org/colombia-press-release
  3. https://fossilfueltreaty.org/
  4. https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_Kolumbiens
  5. https://de.wikipedia.org/wiki/Erd%C3%B6l/Tabellen_und_Grafiken
  6. https://de.wikipedia.org/wiki/Gustavo_Petro#:~:text=Gustavo%20Francisco%20Petro%20Urrego%20(*,Kolumbiens%20gew%C3%A4hlt%20und%20am%207.

Atomkraft? Nein, danke!

Wir haben sie nicht vermisst, aber hier ist sie wieder: Die Debatte um Atomkraft. Dieses Mal spielt sie sich aber nicht in Deutschland ab, sondern auf der internationalen Bühne in Dubai. Ein Überblick – und eine Einordnung der wichtigsten Argumente. 

Der Sondergesandte der USA für das Klima, John Kerry, organisierte am Samstag ein Treffen von 22 Staaten, die öffentlich zum Ausbau von Atomkraft aufgerufen haben. Zu dieser Atom-Allianz gehören zusätzlich zu den USA unter anderem Frankreich, Großbritannien und das Gastgeberland der COP28: Die Vereinigten Arabischen Emirate. Ihr Ziel ist es, durch den Ausbau der Kernenergie die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Dafür soll die Leistung aus Atomkraft bis 2050 im Vergleich zu 2020 verdreifacht und der Ausbau durch internationale Finanzorganisationen gefördert werden. Die USA behaupten dabei, dass Klimaneutralität bis 2050 ohne Atomkraft nicht erreichbar wäre.

Deutschland gehört nicht zu den Ländern, die sich der Atom-Allianz angeschlossen haben – und das ist auch gut so. Im April wurde bei uns das letzte AKW abgeschaltet. Dem ging eine längere Debatte voraus, welche wir letztes Jahr bereits eingeordnet haben: Den entsprechenden Artikel könnt ihr hier finden: Atomkraft – auch keine Lösung. | Fridays for Future. Eine Kurzzusammenfassung: Atomkraft ist gefährlich, teuer, hat einen hohen Wasserverbrauch, schafft keine Unabhängigkeit und Verlässlichkeit, der Ausbau ist langsam und natürlich haben wir ein riesiges Problem mit Atommüll, für den es immer noch keine Endlagerlösung gibt. Eine große Gefahr in der Energiewende ist es auch, dass die Debatte um Atomkraft und deren Finanzierung den Ausbau erneuerbarer Energien bedroht, welche schneller, günstiger und natürlich deutlich ungefährlicher sind. Bedeutet: Die Technologien für den Ausstieg aus den Fossilen und hin zu einer klimaneutralen Energieunabhängigkeit haben wir schon. Sie sind ökonomisch sinnvoll, zuverlässig, unabhängig und dezentral einsetzbar. Warum man jetzt auf eine teure Hochrisikotechnologie setzen will, bleibt schleierhaft. 

Laut dem Auswärtigen Amt hat sich an der Deutschen Position auch durch die COP nichts geändert – Atomkraft wird weiterhin als gefährlich und nicht nachhaltig betrachtet. Weltweit sieht dies leider anders aus, und Atomkraftwerke haben weiterhin einen Anteil von 10 % an der weltweiten Stromerzeugung. Eine große Renaissance der Atomkraft müssen wir durch die Atom-Allianz auf der COP28 allerdings nicht befürchten: Während 22 Staaten den Ausbau von Atomkraft befürwortet haben, haben sich z. B. 122 Staaten – also sechsmal so viele – einem Renewable Pledge angeschlossen, der beinhaltet, dass die Erzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2030 verdreifacht werden soll. Und das zeigt, wo auf der COP und in der Politik der Fokus liegen sollte: Nicht auf Kernenergie, sondern auf dem Ausbau der Erneuerbaren.

Unsere Quellen zu diesem Absatz:

  1. Weltklimakonferenz: Rund 20 Staaten wollen mehr Atomkraft – ZDFheute
  2. Weltklimakonferenz – Der Geheimplan hinter der globalen Atom-Allianz (msn.com)
  3. https://fridaysforfuture.de/atomkraft-auch-keine-loesung/

Gesundheit und Klima – Die “COP28 UAE Climate and Health Declaration”  

Heute können wir einen Erfolg in Sachen Gesundheit in der Klimakrise verzeichnen. Denn: 123 Staaten – darunter Deutschland- haben eine gemeinsame Erklärung (“declaration”) herausgegeben, mit der sie vorhaben, dem Thema Gesundheit eine zentrale Position in klimapolitischen Bemühungen zu verschaffen. 

Warum ist das wichtig? 

Über die letzten Jahrzehnte haben die Verbindungen zwischen Gesundheits- und Klimafragen deutlich zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Dabei sind sie wahnsinnig relevant! Denn: Durch die Klimakrise sind vulnerable Gruppen wie beispielsweise chronisch kranke, alte oder Menschen mit Behinderungen besonders betroffen und bedroht. 

Besonders starke Negativauswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben insbesondere Extremwetterereignisse und die immer weiter zunehmende Luftverschmutzung. Das sieht man auch an den Zahlen: durch Luftverschmutzung sterben jährlich 9 Millionen Menschen. m Sommer 2022 verzeichneten Forscher*innen über 61.000 Hitzetode – allein in Europa, Tendenz steigend. Dieser negativen Entwicklung kann mit gezielten Maßnahmen vorgebeugt werden. Leider sind diese allerdings in vielen Fällen nicht zugänglich genug und werden dementsprechend selten genutzt. 

Warum es gut ist, dass sich die internationale Staatengemeinschaft jetzt auch auf der Weltklimakonferenz mit diesem immer wichtiger werdenden Thema beschäftigt, liegt also auf der Hand. Auch der Direktor der Weltgesundheitsorganisation, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, zeigte sich begeistert: 

„Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise, aber zu lange war die Gesundheit nur eine Fußnote in der Klimadiskussion. […] Die WHO dankt den VAE dafür, dass sie die Gesundheit zu einer der wichtigsten Prioritäten ihrer COP28-Präsidentschaft gemacht haben, und begrüßt diese Erklärung, die die Notwendigkeit betont, klimaresistente und kohlenstoffarme Gesundheitssysteme aufzubauen, um die Gesundheit des Planeten und der Menschen zu schützen.“

Und jetzt? 

Die Erklärung startete mit einigen großen Worten und Zustimmungen der Teilnehmerländer – aber auch finanzielle Zusagen blieben nicht aus. So steuern der “Global fund to prepare health systems” 300 Millionen und die “Rockefeller Foundation” 100 Millionen US-Dollar bei. Großbritannien wiederum beteiligt sich mit 54 Millionen Britischen Pfund. 

Wichtig ist, dass es jetzt nicht bei diesen ersten Bekenntnissen bleibt. Nun müssen quantifizier- und belastbare politische Maßnahmen folgen. Besonders auf die weiteren Entwicklungen der Vereinigten Arabischen Emirate (bei denen sich Ghebreyesus im Zitat oben immerhin explizit bedankt hat) sind wir gespannt – denn sie sind das Land, das sich vehement gegen einen Fossil Fuel Phase Out einsetzt und weiter dreckige Deals schließen möchte. Wir dürfen gespannt bleiben. 

Unsere Quellen für diesen Absatz: 

  1. https://www.cop28.com/en/news/2023/12/Health-Declaration-delivering-breakthrough-moment-for-health-in-climate-talks
  2. Telegram-Newsletter von den CliMates Austria 
  3. https://www.mdr.de/wissen/rekord-sommer-sechzigtausend-hitzetote-europa-102.html#:~:text=Einer%20Studie%20zufolge%20starben%20%C3%BCber,Hitzetoten%20im%20Rekordsommer%202022%20beziffert.

Fazit

Die COP28 verläuft bisher mehr als ambivalent. Während punktuelle Partikularerfolge verzeichnet werden, sieht es in den großen Fragen immer noch schlecht aus. Fossile Interessenvertreter*innen – allen voran das Gastgeberland – stellen sich aktiv in den Weg klimapolitischen Fortschrittes, nicht zuletzt gegen den so wichtigen Fossil Fuel Phase Out. Die nächsten Tage könnte es in den Verhandlungen krachen. 

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1 Gedanke zu “The science is clear! | COP Daily Tag 5

  1. Vielen Dank für Eure fundierten Zusammenfassungen – das ist eine große Hilfe für alle, die das Geschehen mitverfolgen wollen, aber nicht so viel Zeit investieren können!
    Man sagt immer wieder „die Hoffnung stirbt zuletzt“ – und auch wenn es bisher wenig Hoffnungsvolles zu lesen gab, hat die Rede von Gustavo Pedros einen Funken Hoffnung in ein düsteres Szenario geworfen und einen hellen Stern entzündet! Wir sollten seine Aussage in Wort und Schrift in allen Medien, die es gibt, teilen, denn hier hat sich ein Präsident ein Herz gefasst und ausgesprochen, was die sich die Zivilgesellschaft auf der gesamten Erde eigentlich von ihren Politikern wünscht: seht den Tatsachen in die Augen, mutet auch Eurer Bevölkerung das zu, und sucht nach Lösungen, nicht nach Ausreden für ein Weiterso!

    Euch allen FFF’lern in Dubai und hinter den Kulissen viel Energie fürs tägliche Protestieren für eine bessere Zukunft!

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