Merkel, Danni und die Klimakrise – Woche 33/34

Dürren, Waldbrände, Überschwemmungen  – die letzten Tage haben uns die Folgen der Klimakrise nochmal deutlich spürbar vor die Augen geführt. Unsere Politik bleibt aber untätig und wirkt Klima- und Umweltschutz weiterhin entgegen. Daher protestieren wir: durch Aktionstage, Demos, Mahnwachen, Klimacamps, Gespräche mit Politiker*innen. Die letzten zwei Wochen fassen euch Manuel und Lara zusammen. 

House on Fire – Amazonas Aktionstag 28.08

Nächsten Freitag gehen wir für den Amazonas auf die Straßen – denn der Regenwald steht in Flammen. Letztes Jahr gingen Bilder des brennenden Regenwalds um die Welt. Auch dieses Jahr brennt es wieder, aber diesmal ohne große Aufmerksamkeit. Umso wichtiger ist es deshalb, trotz der aktuellen Krisen hinzuschauen und auf die Straße zu gehen. Denn der Amazonas-Regenwald ist nicht nur Lebensraum für viele verschiedene Arten, sondern auch als CO2-Speicher ein wichtiger Faktor im Kampf gegen die Klimakrise. Aktuell verlieren wir jedoch jeden Tag riesige Flächen des Waldes, Grund dafür sind gezielt gelegte illegale Feuer, die Fläche schaffen sollen für Viehwirtschaft oder Sojanabau. Fällt der Regenwald, fällt der Amazonas. 


Die Stimmen indigener Bevölkerung, die den Regenwald verteidigen und im Kampf um den Erhalt der Natur und des Klimas ganz vorne stehen, werden noch viel zu selten gehört.  Auch sie werden durch die Feuer immer weiter zurückgedrängt. Die Lage ist ernst, wir stehen laut Studien aktuell an einem Kipppunkt: Der Regenwald ist dabei sich in eine Savanne zu verwandeln. Es ist Zeit, dass die internationale Gemeinschaft handelt!

Wald statt Asphalt #dannibleibt 

Im Vogelsberg in Hessen soll der Dannenröder Wald abgeholzt werden – für eine Autobahn. 100 Hektar Wald mit Bäumen die teilweise älter als 300 Jahre sind, ein Trinkwasserschutzgebiet, welches eine halbe Millionen Menschen mit Wasser versorgt, ein europäisches Natursschutzgebiet, seit 1980 ein Vorzeigegebiet für nachhaltige Forstwirtschaft, Heimat seltener Arten, sollen für eine Autobahn zerstört werden. Ein fataler Schritt in Zeiten der Klimakrise. Die Wasserwerke vor Ort haben sich zudem zu Wort gemeldet und davor gewarnt, dass die Abholzung mit hohen Risiken für die Trinkwassersicherheit der Menschen einhergehe. Die Autobahn soll Anwohner*innen von LKW Lärm entlasten. Klimafreundlicher wäre es aber, stillgelegte Schienen zu re-aktivieren und den LKW-Verkehr auf Züge zu verlegen. Fridays for Future Ortsgruppen vor Ort unterstützen den Protest gegen den Autobahnausbau schon seit längerem und nun haben wir am 21.08 bundesweite Mahnwachen, Demos und andere Aktionen umgesetzt, um zu fordern: Danni bleibt! 


Am 11.09 wird es ein bundesweite Großdemo in Wiesbaden geben, um für den Erhalt des Dannenröder Forst zu kämpfen.

Campen fürs Klima

In mehreren Städten Deutschlands gibt es aktuell Klimacamps, so beispielsweise in Augsburg, München, Hamburg und in Halle an der Saale. Aktivist*innen campen dauerhaft auf öffentlichen Plätzen, um endlich mehr Engagement für die Einhaltung des 1,5°C Ziels und die Umsetzung lokaler Forderungen einzufordern. Ein Erfahrungsbericht aus dem Augsburger Klimacamp, welches schon seit Juli besteht findet ihr hier.

Leider erfahren die Aktivist*innen zum Teil aber auch behördliche Schwierigkeiten und/oder Anpöbelungen. Es bleibt uns nur zu sagen: Wir stehen hinter euch! Viel Erfolg und gutes Durchhaltevermögen!

Gespräch mit Kanzlerin Merkel #FaceTheClimateEmergency

Greta Thunberg, Luisa Neubauer, Anuna de Wever van der Heyden und Adélaïde Charlier waren am Donnerstag, 20.08.20 zu Gast bei Kanzlerin Merkel: Sie übergaben ihr den offenen Brief, den über 125.000 Menschen aus 50 Ländern unterzeichnet haben, und der an alle Regierungschefs der EU gerichtet ist. Die EU und Großbrittanien haben rund 22% der globalen CO2-Emissionen zu verantworten. Deutschland als wirtschaftsstarkes Land in der EU und als aktueller Inhaber des EU-Ratsvorsitz trägt nun eine besondere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Klimakrise auch wirklich wie eine Krise behandelt wird. Die Originalfassung des offenen Briefs findet ihr hier. Eine deutschsprachige Zusammenfassung findet ihr auch auf unserem Blog.


Das Gespräch war auch innerhalb unserer Bewegung nicht unumstritten. Während einige argumentieren, des verhelfe Merkel nur sich als Klimaschützerin dazustellen, ohne dass sie es tatsächlich ist, sehen andere die daurch gewonnene öffentliche und mediale Aufmerksamkeit als wichtig an. Das konkreteste Ergebnis des Gesprächs war, dass Bundeskanzlerin Merkel versprach, dass umstrittende Mercusur-Abkommen in der aktuellen Form nicht zu ratifizieren. Nach dem Gespräch und der Pressekonferenz der vier, demonstrierten 100 Aktivist*innen aus der Ortsgruppe Berlin gemeinsam mit Greta und machten auf den globalen Streik am 25.09 aufmerksam. 

Extremwetterereignisse: Hochwasser in China, Waldbrände in Kalifornien, Dürren in Burkina Faso

In China mussten zehntausende Menschen ihre Wohnungen verlassen, weil Unwetter und heftige Regenfälle dazu führten, dass Flüsse über die Ufer traten und Gegenden überschwemmten. Straßen, Felder und Wohnanlagen stehen unter Wasser und auf den Straßen taten sich zum Teil große Löcher auf, in denen sogar Autos verschwanden. Zum Teil musste Militär und Polizei die Menschen in Sicherheit bringen. Unterdessen erleben viele Menschen in Kalifornien das andere Extrem: Durch extreme Hitze und Trockenheit verbunden mit einer großen Anzahl Blitzeinschlägen brennen dort die Wälder. Auch hier mussten zehntausende ihre Häuser verlassen, vier Menschen verloren ihr Leben. Des Weiteren leidet Burkina Faso unter Dürre und Wassermangel. Die Vereinten Nationen warnen davor, dass drei Millionen Menschen von Hunger betroffen sein könnten.

Dürre in Deutschland: Landwirtschaft leidet und Pläne für Trinkwasserknappheit

Die starke Hitze in den letzten Tagen und Wochen in vielen Teilen Deutschlands und extreme Unwetter machen nicht nur uns persönlich zu schaffen – sondern führen auch zu der dritten unterdurchschnittlichen Ernte in Folge. Trockenheit, Hitze, Starkregen und Spätfröste führten dazu, dass wiederholt weniger Ertrag in der Landwirtschaft eingeholt werden konnte. Die aktuelle Dürre führt in einigen Regionen Deutschlands zur Knappheit von Trinkwasser, die Expert*innen auf den Klimawandel zurückführen. Umweltministerien Schulze sprach deshalb davon eine Wasserstrategie vorzulegen, die sicherstellen soll, dass Menschen genug Wasser fürs Trinken, Waschen und Kochen haben.

Studie: Klimakrise wird Wirtschaft noch stärker schädigen als gedacht

Eine neue Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung und des Mercator Research Institute for Global Commons and Climate Change (MCC) zeigt: Die Klimakrise wird der Wirtschaft noch stärkeren Schaden zufügen, als gedacht. Wurde früher davon ausgegangen, dass ein 1°C heißeres Jahr die Wirtschafsleistung um 1% reduziert, so deutet die neue Studie auf dreimal so hohe Produktionsverluste in warmen Regionen hin. Vor allem tropische Länder und Länder im globalen Süden mit bereits niedrigerer Wirtschaftskraft werden am stärksten betroffen, was wiedereinmal die globale Gerechtigkeitsdimension der Klimakrise zeigt. „Laut unserer Studie wird jede Tonne CO2, die im Jahr 2020 emittiert wird, einen wirtschaftlichen Schaden verursachen, der bei den Preisen von 2010 zu Kosten zwischen 73 und 142 Dollar führt.“ erläutert der Leitautor der Studie, Matthias Kalkuhl vom MCC: „Bis 2030 werden die sogenannten sozialen Kosten von Kohlenstoff aufgrund steigender Temperaturen bereits um fast 30 Prozent höher sein.“ 


Im Vergleich dazu liegt der CO2-Preis in Deutschland nächstes Jahr gerade mal bei 25 Euro, im europäischen Emissionshandel schwankt der Preis zwischen 20 und 30 Euro. Die Preise spiegeln die tatssächlichen Kosten der CO2-Emissionen als nicht wieder. Insgesamt geht die Studie von einem Rückgang um 10% der Wirtschaftsleistung in Regionen wie den USA, China oder Frankreich aus und in den Tropen sogar mehr als 20%, wenn die Emissionen nicht drastisch reduziert werden. Denn dann kommt es zu einer Erderwärmung um 4°C bis 2100, was vor allem die Bauindustrie und die Landwirtschaft problematisch ist, aber auch zu höheren Infrastrukturkosten (z.B. für Külung von Rechenzentren) und weniger Produktivität führt. Im Vergleich dazu: Die Coronakrise hat in der EU für einen Rückgang des Wirtschaftswachstums um 7,7 % gesorgt und dies wurde als „die schlimmste Krise seit der großen Depression 1929“ bezeichent. Vielleicht sind diese Zahlen eine Motivation für die Wirtschaft die Klimakrise als Krise tatsächlich ernstzunehmen?

Weniger CO2-Emissionen in Deutschland wegen Corona – aber kein Grund zur Freude


Deutschlands CO2-Einsparungsziel für dieses Jahr sah vor die Emissionen um 40% im Vergleich zu 1990 zu verringern. Lange Zeit verliefen die CO2-Einsparungen aber zu langsam um dies zu erreichen. Nun sieht es so aus, als könnte die Corona-Pandemie dazuführen, dass die Ziele doch noch erreicht werden können, genaue Zahlen liegen allerdings noch nicht vor. Doch das Erreichen der Einsparziele durch eine Pandemie, aufgrund derer Menschen sterben, soziale Kontakte reduziert werden müssen und viele Menschen psychische Belastung und soziale Unsicherheit erfahren, kann kein Grund zu Freude sein. Zumal es keine grundlegenden Strukturänderungen in Wirtschaftssektoren, die weiterhin für große Teile der CO2-Emissionen verantwortlich sind, gibt. Außerdem verlangen Teile der Wirtschaft bereits Lockerungen von Umwelt- und Klimauflagen aufgrund von Corona, was ein fatales Signal wäre. Zudem ist der globale Einfluss der Corona-Pandemie auf den Klimawandel laut einem internationalen Forschungsteam nur minimal. Sie gehen von gerade einmal 0,01 °C weniger Erwärmung bis 2030 aus, als ohne die Corona-Pandemie. Grund dafür ist, dass neben die CO2-Emissionen auch die Luftverschmutzung durch Schwefeldioxide zurückgegangen ist. Dies ist zwar erfreulich für unsere Gesundheit und die Natur um uns rum, aber die Luftverschmutzung durch Schwefeldioxide kühlten zugleich die Atmosphäre ab. 


Wir müssen also die wenigen Jahre, die uns noch bis zum Überschreiten des 1,5°C Ziels bleiben, nutzen, um wirkliche Veränderungen in den CO2-emittierenden Sektoren voranzubringen. Die Autor*innen der Studie schreiben: „Das zeigt, dass ohne eine langfristige systemweite Dekarbonisierung der Volkswirtschaften selbst massive Veränderungen im Verhalten nur zu einer bescheidenen Reduktion der Erwärmungsrate führt.“ und fordern eine klimafreundliche Investition von Wiederaufbau-Geldern und Wirtschaftshilfen in und nach der Corona-Krise.

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