Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende zu. Hinter uns liegt eine bewegte Zeit: Das zweite Jahr unter Eindruck der Corona-Pandemie. Die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal und weitere Naturkatastrophen, die für viel Leid sorgten. Die COP26. Die Bundestagswahl. Versprechen. Enttäuschungen. Hoffnungen. Hilfsbereitschaft, Mut und Solidarität in Krisen, hunderttausende Menschen auf den Straßen für Klimagerechtigkeit, viele kleine und große Aktionen des Protest für den Schutz unserer gemeinsamen Lebensgrundlage, unermüdlich organisiert von ehrenamtlichen Aktivist*innen weltweit – von Online-Protesten zu Kunstaktionen, von Klima-Camps zu Zentralstreiks. – Lassen wir das Jahr 2021 nochmals Revue passieren.
Gleich zu Beginn des Jahres 2021 zeigte die Klimagerechtigkeitsbewegung ihre Präsenz.
Das neue Jahr begann mit Aktionen. In Lützerath besetzten am 05. Januar fünf Aktivist*innen ein Haus. Seit Jahren setzt sich die Initiative „Alle Dörfer Bleiben“ für den Erhalt der Dörfer ein. RWE möchte diese dem Kohleabbau opfern. Der Protest findet seinen Ausdruck in einem Camp, das 50 Menschen errichtet haben. Und in Klagen: Eckhardt Heukamp klagt gegen RWE, um seinen über 200 Jahre alten Hof zu retten. An einer Versammlung am 31. Oktober nehmen ein paar Monate später etwa 5.000 Menschen teil. Der Protest wird bis zum Ende des Jahres und darüber hinaus andauern. Und auch im neuen Jahr, am 08. Januar 2022 geht unser Protest weiter! Eine geplante Großdemo musste zwar aufgrund der aktuellen Pandemielage bis auf weiteres abgesagt werden. Aber in bundesweit werden wir für den Erhalt von Lüzerath und somit für die Einhaltung des 1,5°C-Limits protestieren, indem wir das Zeichen des Widerstands, ein gelbes Kreuz basteln und mit diesem Aktionen bei uns vor Ort durchführen. Ob Kunstaktion, Bannerdrop oder was euch noch so einfällt – gemeinsam zeigen wir deutlich unsere Solidarität mit Lüzerath! Mehr Infos zu dem geplanten Live-Stream und Aktionstag am 08. Januar einen Profilbild-Generator und mehr findest du hier.
Kämpferisch zeigte sich auch die Klimagerechtigkeitsbewegung im Süden des Landes. In Ravensburg haben Klimaschutzaktivist*innen aus Protest gegen den Regionalplan ein Camp und Bäumhäuser errichtet. Nach der ersten Räumung errichteten sie am 08. Januar ein erneutes Baumhaus. Bis heute gehen die Aktionen weiter. Solidarische Unterstützung erhielten und erhalten die Aktivist*innen von Aktivist*innen aus Augsburg.
Hoffnungsvoll stimmte die Amtseinführung Joe Bidens am 20. Januar in den USA. Die USA traten dem Pariser Klimaschutzabkommen wieder bei. Ein positives Zeichen, nachdem sein Amtsvorgänger Trump vier Jahre lang Klimaschutz blockiert und fossile Energien gefördert hatte – doch ob die USA nun das nötige Tempo in der Klimapolitik aufnehmen werden, muss sich noch zeigen. Ein erster von Joe Biden ausgerichteter „Leader Summit on Climate“ im April sorgte bei Klima-Aktivist*innen weltweit eher für Enttäuschung, da die Perspektiven der am meisten betroffenen Staaten am Verhandlungstisch fehlten. Aktivist*innen aus den am meisten betroffenen Gebieten (MAPA = Most affected people and areas) organisiert daraufhin ihren eigenen Mock Summit.
Auch wenn die deutsche Bundesregierung die Klimakrise nicht wie Trump leugnete, hat ihre Politik im letzten Jahr gezeigt, dass sie noch weit davon entfernt ist, die Ausmaße der Krise und ihrer Verantwortung zu erfassen – oder dies vielleicht auch gar nicht will. So beispielsweise das Festhalten an der Gaspipeline Nordstream 2, mit der russisches Gas nach Deutschland gebracht werden soll. Abgesehen von menschenrechtlichen Bedenken und der Tatsache, dass die Pipeline durch Naturschutzgebiete verläuft, gelangt bei der Förderung und dem Transport von Erdgas das stark klimaschädliche Gas Methan in die Atmosphäre. Kreative Protestaktionen gegen Nordstream 2, die infektionschutzkonform stattfanden, u.a. in den Städten Berlin, Freiburg, Hannover, Heidelberg, Lubmin, Warnemünde, Rostock, Schwerin und Zug und von Protesten im Netz unter dem Hashtag #MitvollgasInDieKrise begleitet wurden, rundeten den Januar ab.
#UniteBehindTheScience im März
Die Corona-Pandemie hat uns auch in diesem Jahr herausgefordert, kreativ zu werden, da wir bei unseren Aktionen auch stets auf den Schutz der Gesundheit achteten. Wir mussten neue Wege finden, unseren Protest sichtbar zu machen. Das allerdings hielt uns nicht davon ab, weltweit laut zu sein. Am 19. März fanden in 68 Ländern 1068 Aktionen anlässlich des Global Strikes statt, mit denen wir die Entscheidungsträger*innen weltweit aufforderten auf die Wissenschaft zu hören. In Deutschland beteiligten sich ca. 20.000 Menschen am Online-Streik. Über 250 corona-konforme Aktionen, von riesigen Schriftzügen auf Straßen und Brücken in Berlin und Hamburg über Standkundgebungen mit Abstand und Fahrraddemos fanden statt.
Gemeinsam haben wir bunt und deutlich gezeigt: Wir wollen Klimaschutz!
Hört auf die Zivilgesellschaft!
Ende April starteten die Tagungen des Bürger*innenrats Klima. Das Gremium, das durch seine Besetzung möglichst repräsentativ einen Querschnitt der Gesellschaft darstellen soll, arbeitete in den kommenden Monaten Vorschläge für die deutsche Klimapolitik. Und diese stellten sich als wesentlich ambitionierter als die Politik der Bundesregierung heraus. So wurden u.a. Kohleausstieg 2030 und die zeitnahe Einführung einer Photovoltaik-Pflicht gefordert. Dass die Politik unzureichend handelt, wurde kurz darauf an anderer Stelle bestätigt.
Einen Höhepunkt erreichte die Klimagerechtigkeitsbewegung im April mit dem Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht. Ein Wunder wurde erreicht: Das höchste und vornehmste Gericht der Bundesrepublik erklärte das Klimaschutzgesetz des Bundes für verfassungswidrig. Ein Paukenschlag für die Politik und Gesellschaft! Nun war nicht nur wissenschaftlich, sondern auch gerichtlich und damit offiziell von höchster Stelle offiziell festgestellt, dass:
- der Klimawandel existiert
- die Bundesrepublik einen signifikanten Beitrag zu diesem leistet
- die Bundesrepublik Deutschland als Staat verpflichtet ist, diesen zu bekämpfen und
- das Klimaschutz der Bundesregierung nicht ausreichen würde, um den Klimawandel ausreichend zu begegnen.
Das Bundesverfassungsgericht begründete seine Entscheidung, vereinfacht gesagt, mit der Freiheit der künftigen Generationen: Die Folgen des Klimawandels bedrohen die Existenzgrundlagen der Menschen. Ihnen muss begegnet werden. Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um den Klimawandelfolgen zu begegnen, müssten jetzt getroffen werden. Würden sie zu spät getroffen, würde die Freiheit unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht bestätigt die Argumentation der Klimaschutzbewegung. Entscheidend ist die Gesamtmenge an Treibhausgasen in der Atmosphäre. Wir haben ein Restbugdet. Je länger wir mit Klimaschutzmaßnahmen zögern, je länger wir die Emission von Treibhausgasen nicht reduzieren, umso mehr Treibhausgase gelangen in die Atmosphäre. Je mehr Treibhausgase in der Atmosphäre sind, desto schneller nimmt das Budget, das uns zur Verfügung steht ab. Desto weniger Zeit steht uns zur Verfügung. Die Maßnahmen müssen dann, um die Grenzen des Budgets nicht zu überschreiten, umso schneller erfolgen.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird als bahnbrechend gefeiert und fand kurz darauf eine Gefährtin.
Das Wattenmeer in den Niederlanden war der Ausgangspunkt eines Rechtsstreits des Formats David gegen Goliath. Und schrieb Rechtsgeschichte. 17.000 Menschen zogen mit gemeinnützigen Organisationen in den Kampf für Klimagerechtigkeit. Und gewannen vor dem Bezirksgericht in Den Haag gegen ein Schwergewicht der Verursacher*innen der Klimakrise: Die Royal Dutch Plc (RDS), den mächtigen Ölkonzern Shell, welcher als siebtgrößter Emittent von CO2 der Welt gilt und damit sogar mehr CO2 emittiert als einige Staaten. Das Gericht wies RDS an, die jährliche Gesamtmenge seiner Emissionen (Scope 1, 2 und 3) so zu begrenzen, dass sie bis 2030 um mindestens netto 45% im Vergleich zu 2019 sinken. Das ist umfassend und gilt für alle Emissionen, mit denen Shell in irgendeiner Weise zu tun hat – von Emissionen von anderen Unternehmen bis hin zu den Emissionen bei Verbraucher*innen, die Kraftstoff von Shell kaufen und verbrauchen.
Ein weiterer Durchbruch der Klimagerechtigkeitsbewegung. Und ein Zeichen des Aufbruchs. Wenn die Politik versagt, so retten uns Gerichte. Infolge der Urteile gibt das Beschreiten des Rechtswegs, um Klimaschutz auf diese Weise zu erreichen, neue Hoffnung. Die Klagen gegen Konzerne und Regierungen können wir mit großer Zuversicht begleiten.
Laut gegen fossile Industrien im Mai
Im Mai gingen wir wieder zahlreich auf die Straßen um unsere Rechte – vom Bundesverfassungsgericht nun auch ganz offiziell zu bestätigt – einzufordern. Anfang Mai waren wir bundesweit auf den Straßen, um die SPD anlässlich ihres Parteitags daran zu erinnern, dass sie ein 1,5°C-konformes Wahlprogramm vorlegen müssen. Im Wahlkampf setzten wir das Thema Klima auf die Agenda. Gemeinsam mit der zweitgrößten Gewerkschaft Deutschlands, ver.di und dem Bündnis #unteilbar verbreiteten wir Aufbruchsklima für eine solidarische und nachhaltige Gesellschaft. Unser Dialogspapier veröffentlichten wir ebenfalls Anfang Mai.
Gleichzeitig standen wir auf der Straße dafür ein, dass der Wandel jetzt und hier beginnen muss und zogen auch die Wirtschaft zur Verantwortung. Anlässlich der Hauptversammlungen der beiden klimaschädlichsten deutschen Unternehmen im DAX, RWE und Heidelberg Cement waren wir jeweils vor Ort mit Kunstaktionen und Protesten.
Nicht nur zogen wir die fossilen Unternehmen selbst zur Verantwortung – wir setzen uns auch dafür ein, dass ihnen der Geldhahn zugedreht wird. Am 18.05. gingen wir bundesweit gegen das Greenwashing der Commerzbank auf die Straße. Diese bekennt sich zwar zum Paris-Abkommen, hat aber laut der NGO Urgewald neben der Deutschen Bank die schwächste Richtlinie zur Kohlefinanzierung aller europäischen Großbanken. Zudem listete der Bericht „Complicity in Destruction II“ der NGO Amazonaswatch, welcher im Jahr 2019 erschien, diese Bank als Kreditgeber von Konzernen, die mit der Zerstörung des Regenwalds in Verbindung gebracht werden.
Wir haben nicht nur gegen die Krise protestiert, sondern uns auch mit den verschiedenen Auswirkungen und Wegen aus der Krise beschäftigt. Mit der vierten digitalen Public Climate School vom 17.05. – 21.05. machten Students for Future Klimabildung für alle zugänglich. Das tolle daran: Auch wenn du die Public Climate School (PCS) im Mai und auch die fünfte PCS im November verpasst haben solltest, kannst du zahlreiche der Vorträge, Workshops und Diskussionen auch jetzt noch bei Youtube anschauen.
Juni für Verkehrswende
Auch im Juni ging es kämpferisch weiter. Am 05./06.06. setzten wir uns mit einem Aktionstag gegen Autobahnausbau und für eine klimagerechte, inklusive und sozialverträgliche Verkehrswende ein. So setzten wir uns gegen den Ausbau der A39 ein, die ein autobahnfreies Gebiet Deutschlands durchschneiden sollte. Die grünen Spitzenkandidat*innen aus der Region erklärten daraufhin, den Autobahnausbau bei Regierungsbeteiligung der Grünen mit Blick auf das Pariser Klima-Abkommen zu prüfen.
Hitzeschocks, brennendes Wasser und Hochwasserkatastrophe
Wie dringend bessere Klimapolitik nötig ist, wurde uns im Juli leider direkt mehrfach auf furchterregende und schreckliche Weise vor Augen geführt.
Ende Juni/Anfang Juli erlebten Menschen in Teilen der USA und in Kanada eine Hitzewelle, an die es nicht möglich war, sich anzupassen. Temperaturen über 50°C führten zu Hitzetoten und einem kollabierenden Gesundheitssystem. Waldbrände breiteten sich rasend schnell aus. Weltweit brannten in diesem Sommer Wälder: Auch im Mittelmeerraum und in Russland wütenden Brände. In Tschechien verwüstete ein Tornado mehrere Gemeinden.
Am 02.07. ging dann das Bild eines Unterwasserlecks einer Gaspipeline im Golf von Mexiko um die Welt, welches das Wasser zum Brennen brachte und nochmals deutlich machte, dass die Förderung von fossilem Gas endlich beendet werden muss.
Trockenheit in einigen Teilen der Welt – zu viel Wasser in anderen. Die Hochwasserkatastrophe Mitte Juli hat sich in unser Gedächtnis eingebrannt. In Deutschland, Belgien, Niederlande, Österreich, der Schweiz und weiteren Länder kam es zu Starkregen. Dieser führte insbesondere im Ahrtal und in Nordosten der Eifel zu katastrophalen Folgen. Mindestens 180 Menschen verloren ihr Leben. Bis heute dauern die Aufräumarbeiten an. Wer die betroffenen Regionen und Menschen unterstützen möchte, findet zum Beispiel beim Helfer Shuttle Informationen zum freiwilligen Einsatz vor Ort. Auch Geldspenden werden weiterhin benötigt.
Nicht nur in West- und Mitteleuropa führten Wassermengen zu Leid. Auch in China, Indien, Afghanistan und auf den Philippinen kam es zu tödlichen Überschwemmungen. Menschen waren in Zügen und Tunneln eingeschlossen, zehntausende mussten ihr Zuhause verlassen und fliehen, die Wasser- und Stromversorgung fiel in einigen Gebieten aus.
Extremwetterereignisse wie diese werden durch die Klimakrise zunehmen. Daher appellierten fast 14.000 Wissenschaftler*innen Ende Juli im Fachjournal BioScience dringlich für ein absehbares Ende der Nutzung fossiler Energien und mehr Artenschutz.
Auch wir waren nicht leise im Juli 2021. Am 01.Juli konnten wir ein besonderes Jubiläum begehen. Das Klima-Camp in Augsburg wurde ein Jahr alt. Seit 365 Tagen protestierten Klima-Aktivist*innen für wirksameren Klimaschutz – und inspirierten damit zahlreiche weitere Klima-Camps. Das Klima-Camp in Augsburg steht auch jetzt noch immer! Eine Übersicht über alle aktiven Klima-Camps in Deutschland findet ihr hier.
Als Reaktion auf Bedrohungen aus dem rechtsextremistischen Spektrum gegen Aktivist*innen gingen wir am 09.07.2021 für Klimagerechtigkeit und gegen rechte Gewalt in Bitterfeld auf die Straßen.
Unsere Wut und Trauer über die Hochwasserkatastrophe und die Extremwetterereignisse, aber auch die Solidarität mit den Betroffenen in Deutschland und weltweit trugen wir am 23.07. unter dem Motto #KlimakriseIstHier auf die Straßen.
Ende Juli schließlich blockierten mehr als 2.000 Aktivist*innen von Ende Gelände in Brunsbüttel die Infrastruktur des ChemCoastParks und protestierten in Hamburg für Klimagerechtigkeit.
August: Nachhaltige Finanzpolitik und grenzenlose Solidarität
Das sich jetzt etwas ändern muss, zeigten dann auch Zahlen des Weltklimarats IPCC Anfang August. Sie legen nahe, dass das 1,5°C-Limit schon in neun Jahren überschritten werden sein könnte, wenn wir weitermachen wie bisher. Das zeigt nochmal deutlich, dass die bisherigen Maßnahmen gegen die Klimakrise zu zögerlich sind.
Für uns bedeutet das: Wir müssen weiterhin laut sein. Und das waren wir auch im August. Am 13.08.2021 fand in Frankfurt am Main ein zentraler Großstreik für eine klimafreundliche Finanzpolitik statt.
Doch nicht immer können Klima-Aktivist*innen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung so wahrnehmen, wie wir das mit unseren Demonstrationen und Protesten tun. Weltweit sind Klima-Aktivist*innen Drohungen, Gewalt und Zensur ausgesetzt. Mitte August verschlechterte sich die Sicherheitslage unserer Mit-Aktivist*innen von Fridays for Future Afghanistan radikal, als nach dem Abzug der westlichen Truppen die Taliban wieder die Macht übernahmen. Die chaotischen und nicht ausreichenden Evakuierungs-Bemühungen ließen zahlreiche Menschenrechts- und Klima-Aktivist*innen, sowie weitere gefährdete Menschen zurück. Daher gründete sich ein internationales Aktivist in Risk Zones Team, welches gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen und Behörden daran arbeitete, gefährdete Fridays for Future Aktivist*innen in Sicherheit zu bringen. Bis Oktober 2021 konnten 23 Menschen dadurch evakuiert werden.
Bundestagswahl und Proteste
Anfang September stand die Internationale Auto-Ausstellung IAA an, die trotz der Klimakrise noch immer den motorisierten Individualverkehr und Verbrennungsmotoren befördert – und sich gleichzeitig mit einer „Umweltspur“ als nachhaltig darstellen will. Mehrere tausend Menschen zeigten der IAA mit friedlichen Protesten, was sie davon halten. Allerdings waren diese Proteste mit massiven Repressionen der Polizei verbunden, die im Nachhinein auch von parlamentarischen Beobachter*innen kritisiert wurde.
Ende September war es dann soweit: Am 24.09. gingen wir wieder weltweit auf die Straße – zwei Tage vor der Bundestagswahl. Mehr als 1.700 Streiks fanden weltweit statt, in Deutschland waren wir in mehr als 470 Orten mit 620.000 Menschen auf der Straße.
Wir vermittelten damit den Parteien für die Bundestagswahl ganz eindeutig die Botschaft, dass wir von ihnen in der neuen Legislaturperiode wirksame Klimapolitik erwarten. Mit Erfolg. Die Begleitung der Bundestagswahl mit Protesten und Öffentlichkeitsarbeit trug dazu bei, dass Klima und Umwelt neben sozialer Sicherheit und Wirtschaft und Arbeit zum wahlentscheidenden Thema bei der Bundestagswahl wurde.
Wir werden daher der neuen Bundesregierung auch im kommenden Jahr sehr genau auf die Finger schauen und den Schutz unserer Lebensgrundlagen einfordern. Unsere Artikelserie „Sommer der Utopien“ zeigt, dass Klimagerechtigkeitspolitik möglich ist.
Globale Streiks
Das machten wir dann auch direkt im Oktober deutlich. Am 22.10. gingen wir erneut weltweit auf die Straßen. Wir konzentrierten unseren Protest auf Berlin und waren dort mit rund 20.000 Menschen laut für Klimagerechtigkeit und einen 1,5°C-konformen Koalitionsvertrag.
Nur acht Tage später fand schon der nächste globale Aktionstag statt. In zahlreichen Städten weltweit protestierten wir gegen den „Maya-Zug“, eine Bahnstrecke, die die letzten Regenwälder Mexikos zerstören würde. In Deutschland richteten sich unsere Proteste vor allem gegen die Beteiligung der Deutschen Bahn an dem Projekt.
COP26 und Koalitionsvertrag
Zeit zum Ausruhen blieb wenig. Am 31.10 startete die internationale Klimakonferenz COP26 – und wir gingen in über 300 Orten der auf die Straßen, um dafür zu protestieren, dass dort mehr als nur schöne Worte passieren. Allein am Veranstaltungsort der COP26 in Glasgow waren nahmen hunderttausende Menschen an den Streiks teil.
Schöne Worte, aber ungewiss, ob auch ausreichende Handlungen folgen werden – das lässt sich nicht nur über die COP26, sondern zusammenfassend über den Koalitionsvertrag urteilen, der im November veröffentlicht wurde. Dieser bleibt hinter den Bekenntnissen der Ampel-Parteien zum 1,5°C-Ziel weit zurück. Sicherlich finden sich auch einige Erfolge der jahrelangen Proteste der Klimabewegung darin, wie beispielsweise, dass nun endlich über einen Kohleausstieg 2030 gesprochen wird. Aber dass dennoch nicht alle Dörfer in der Kohlegrube Garzweiler gerettet werden sollen, dass der CO2-Preis nicht erhöht werden soll, und die Erdgasinfrastruktur ausgebaut werden soll, verheißt nichts Gutes für die kommenden vier Jahre, die so wichtig wie noch nie sind.
Denn sie sind entscheidend dafür, dass wir Deutschland noch auf einen 1,5°C-konformen Pfad bringen. Daher steht fest: Auch im kommenden Jahr müssen wir den Druck erhöhen. Markiert euch schonmal den 08.01. in eurem Kalender und steht mit uns ein für den Erhalt von Lüzerath und ernst gemeinten Klimaschutz!
Happy Birthday, Fridays for Future
Am 14.12. wurde unsere Bewegung drei Jahre alt. Seit drei Jahren gehen wir auf die Straße für Klimagerechtigkeit, dafür, dass auf die Wissenschaft gehört wird und internationale Verträge eingehalten werden.
Seitdem hat sich viel verändert. Das Thema Klima ist in der öffentlichen Debatte präsent und spielt bei Wahlen eine große Rolle. Millionen Menschen weltweit kämpfen auf bunte, friedliche, kreative Weisen für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen. Wir überwinden dabei immer wieder Hindernisse und finden neue Wege.
Danke an alle, die im vergangenen Jahr die vielen kleinen und großen Aktionen für Klimagerechtigkeit ermöglicht haben. An alle, die unermüdlich geplant haben. Die nicht aufgegeben haben. Die sich die Köpfe heiß diskutiert haben, Zeit und Energie investiert haben, unzählige Stunden mit Organisieren, Telefonieren, Basteln, Aufbauen und Abbauen, Pressemitteilungen und Social Media Posts verfassen und was noch alles dazu gehört, verbracht haben. Danke an alle, die uns unterstützt haben, vor Ort und durch ihre Spende. Danke an alle, die mit uns auf die Straße gegangen sind. – Jede*r einzelne von euch macht einen Unterschied!
So lange Entscheidungsträger*innen die Ausmaße dieser Krise nicht ernst genug nehmen, wird unser Protest weiterhin nötig sein. Daher lasst uns auch im neuen Jahr wieder laut sein. Wir sehen uns auf den Straßen!